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Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman

Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman

Titel: Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamar Yellin
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gewissermaßen einen Großteil der Schwierigkeiten seines Lebens.
    Seine politischen Ansichten waren wie sein Gemüt: hitzig und extrem. Er war Mitglied der nationalistischen Miliz gewesen und hatte möglicherweise sogar der Einheit angehört, die in das Massaker an zweihundert arabischen Dorfbewohnern in Deir Yassin verwickelt war. Die Briten hatten ihn kurzzeitig in Latrun inhaftiert; aber das war vermutlich
auch schon der Höhepunkt seiner aufrührerischen Aktivitäten gewesen.
    Er wurde Lehrer in Tiberias, wo er siebenunddreißig Jahre lang an derselben Schule unterrichtete, und umgab sich mit der Aura des zurückgezogenen Intellektuellen. Er wusch sich unregelmäßig und litt an der Unfähigkeit, sich das Hemd ordentlich in die Hose zu stecken. Außerdem hatte er die Angewohnheit, den obersten Knopf hinter der Krawatte offen zu lassen, was den Eindruck erweckte, er sei nicht vertrauenswürdig. Zwar schrieb er weiterhin, aber seine einzige Veröffentlichung war die Todesanzeige für seinen eigenen Vater, und er wartete vergebens auf das Erweckungserlebnis, das, das spürte er, eines Tages seinen Durchbruch bedeuten würde. Dieses Gefühl der Erwartung hielt ihn für einige Jahre aufrecht. Dann, als er einsah, dass er wahrscheinlich nichts Bemerkenswertes oder Bleibendes schaffen würde, versteinerte und verbitterte er. Die Erkenntnis kam ihm über Nacht, und am nächsten Morgen war er so sichtlich gealtert, dass seine Kollegen über sein verändertes Äußeres sprachen.
    Jetzt führte er mich wortlos den dämmrigen Flur entlang, seine Pantoffeln schlurften über den Boden, sein Atem war ein dünnes Keuchen in der Stille. Hier, hinter der geschlossenen Tür, schlief er, in dem hohen, düsteren Zimmer, in dem meine Großmutter einst gewohnt hatte und das, als ich das einzige Mal in meiner Kindheit darin gewesen war, voller bauchiger Schränke und schwerer Frisiertische gestanden und nach Wäschestärke und der Kamillensalbe gerochen hatte, mit der abends die Ekzeme meiner Großmutter behandelt wurden. Drei Betten hatten hier gestanden, eins für meine Großmutter, eins für Shoshanah und eins für Tante Batsheva, an jeder Wand eins. Ich hatte es immer seltsam gefunden, dass sie zu dritt so eng beieinander schliefen. Einmal
hatte ich Wäsche falten geholfen (»Es ist wichtig, dass ein Mädchen so etwas lernt«) und war als Belohnung den langen Flur entlang in dieses beängstigende und verbotene Zimmer geführt worden, das ich zuvor nur als schmalen Lichtschimmer unter der geschlossenen Tür gekannt hatte, in das ich aber einmal mit schlechtem Gewissen einen Blick geworfen und dabei meine nur halb bekleidete Großmutter in dicken, hautfarbenen Strümpfen gesehen hatte. Die Fensterläden waren geschlossen gewesen. Es gab kein Tageslicht, nur eine Glühbirne glimmte schwach unter einem staubigen und mit Spinnweben bedeckten Schirm. Sowohl das Licht als auch der Geruch des Zimmers waren so bedrückend, dass ich es kaum ertrug. Tante Shoshanah zog eine Schublade der dunklen Walnussfrisierkommode auf, holte unter einem dicken Stapel Bettlaken und Kissenbezüge und bestickter leinener Tischwäsche, die am Shabbat benutzt wurde, eine antike Dose mit Neapolitanern hervor und gab mir einen.
    Saul hingegen hatte nicht die Absicht, mich dorthin zu führen. Er blieb auf halbem Weg zwischen Badezimmer und Wohnzimmer stehen. Hinter einem braunen Vorhang, in einer kleinen Nische, in der es nach Lumpen und Karbolseife roch, in der die Haushaltsgeräte untergebracht waren und vor der ich mich wegen des muffigen Geruchs und der bedrohlichen Besen als Kind immer ein wenig geängstigt hatte, stand eine Leiter. Eine alte Malerleiter, mit Dispersionsfarbe und Bitumen besprenkelt, noch von den wenigen Gelegenheiten, bei denen Reparaturen vorgenommen worden waren. Die Sprossen waren abgeschabt, aber man konnte sie noch benutzen. Saul raffte seinen Kaftan zusammen und kletterte hinauf. Die Flinkheit, mit der er vom Boden abhob, hatte etwas Verblüffendes und Groteskes.
    Es lagen nur ein paar Leitersprossen zwischen uns, als er die klapprige Luke anhob und sich erstaunlich behände
in den darüberliegenden Raum hinaufzog. Eine Staubwolke und eine Welle brütender Hitze senkten sich auf mich nieder. Das Gesicht meines Onkels, der mich von oben herab anstarrte, wirkte wie das eines Wasserspeiers. »Nu, also. Kommst du rauf?«
    Ich kletterte ihm hinterher. Eine schwache, mottenzerfressene Dunkelheit empfing mich. Ich steckte den Kopf in den

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