Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman
Benzin.
»Dann Zucker. Ich habe hier einen Klumpen Zucker, und Sie bestimmen den Preis.«
Er war dankbar, brauchte aber keinen Zucker. Der junge Mann drückte sich ungeduldig von der Wand ab und ging.
Als das Auto ankam, lockte es eine Menge Neugieriger an. Es war in Tel Aviv immer noch ein ungewöhnlicher Anblick, und in dieser Hinsicht, stellte er befriedigt fest, war Jerusalem der ersten jüdischen Stadt voraus. Er stieg ein und war endlich allein. Für eine kleine Extrasumme hatte der Fahrer sich bereit erklärt, ihn allein zur Siedlung zu bringen.
Im Auto eingeschlossen, mit zugezogenen Rollos und ihm immer noch nachhängenden Geruch von Schweiß, dachte er an Schonbaums Worte, an Schonbaums Gesicht, an die Worte, die er falsch verstanden haben musste und nicht glauben konnte. Er war immer noch wie betäubt von dieser Nachricht. Das Auto machte einen Satz und blieb stehen, die Räder jaulten und drehten im Sand durch. Sie stiegen aus und schafften es, den Wagen freizuschaufeln. Joseph schob, und der Fahrer ließ den Motor an. Ein Stück weiter blieb der Wagen wieder stecken. Die Straße lag unter Sand begraben. »Es ist zu gefährlich«, sagte der Fahrer. Mein Großvater machte sich zu Fuß auf den Weg nach Petach Tikvah.
Er lief bis in die Nacht hinein. Die Landschaft aus nicht unterscheidbaren Orangenhainen, nacktem Sand und Gebüsch wirkte feindselig und fremd. Sie bot ihm keinerlei Anhaltspunkte. Selbst das kleine Bündel mit seinen Habseligkeiten war schwer geworden. Schweiß lief ihm in die Augen. Unter einem Baum hielt er an, um das Abendgebet zu sprechen. Das Singen der Liturgie beruhigte ihn ein bisschen. Endlich sah er aus der Dämmerung zwei Fuhrwerke auftauchen:
zwei galiläische Bauern, die aus dem Norden gekommen waren, um bei der Evakuierung Jaffas zu helfen.
»Ist dies die Straße nach Petach Tikvah?«, fragte er.
Sie sahen ihn verdutzt an. »Nein«, antwortete einer. »Dies ist die Straße nach Chaderah!«
Er setzte sich mit seinem Bündel an den Straßenrand. Ihm war zum Heulen zumute.
»Hier in der Nähe ist ein Unterstand für den Nachtwächter, wo Sie übernachten können.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich muss nach Petach Tikvah.«
Die beiden Männer stupsten ihre Esel an und zogen weiter. Kurz darauf kam ein weiterer Wagen, gefahren von einem jungen Juden in offenem Hemd mit einem Tuch um den Hals. Er fuhr von Kfar Sabah nach Petach Tikvah. Wie er so mit seiner Laterne aus der Dunkelheit auftauchte, hatte er den Schimmer eines barmherzigen Engels, obwohl er offensichtlich der gottlosen Generation angehörte. Er lächelte und zeigte seine weißen Zähne. »Steigen Sie auf, mein Freund!« Mein Großvater stieg auf und setzte sich neben ihn.
»Kommen Sie aus Jaffa?«
»Nein, aus Jerusalem. Und Sie?«
»Aus Tiberias. Was machen Sie in Jerusalem?«
»Ich bin Lehrer.«
»Religionslehrer?«
»Hebräisch- und Mathematiklehrer.«
Der Mann wandte sich ihm zu und lächelte wieder: Seine Zähne leuchteten im Dunkeln. »Die Sorte Unterricht gefällt mir. Lesen Sie Literatur?«
»Ich lese Bialik.«
»Nur Bialik?«
»Ich mag Dostojewski sehr.«
»Ah! Dostojewski. Und Tolstoi nicht?«
»Tolstoi mag ich auch.«
»Gut. Tolstoi gefällt mir sehr. Und Spinoza! Sie haben nichts dagegen?«
»Warum sollte ich? Ich bin ebenfalls ganz begierig nach Spinoza.«
»Dann verstehen wir uns ja. Wenn Sie Hunger haben, da drin ist Obst.«
Mein Großvater schaute ihn an: Sein Kopf war nicht bedeckt, und er hatte weder Bart noch Schläfenlocken, aber sein Gesicht war ehrlich und offen. Dies waren die jungen Idealisten, gegen die die Graubärte wetterten, aber mein Großvater war ein echtes Kind seiner Generation und fand an diesem einfachen, sonnenverbrannten, energischen Juden nichts auszusetzen. Er nahm sich eine Orange. »Sie sind sehr freundlich«, sagte er.
Sie erreichten die Siedlung gegen Mitternacht. Das Dorf platzte wegen der unablässig eintreffenden Flüchtlinge aus Jaffa aus allen Nähten, und stündlich kamen Wagen aus dem Norden oder fuhren in den Norden. Die Jemeniten kamen barfuß, die Frauen trugen ihre Kinder, die jungen Männer zogen ihr Hab und Gut auf Karren hinter sich her. Joseph schlief auf dem Boden neben einem Rabbiner, zwei alten Frauen und zwei Hühnern, die der Rabbiner liebte wie zwei Kinder und von denen er sich nicht trennen mochte. Am Morgen hatten die Hennen jeweils ein Ei gelegt.
»Wir sind die Kinder Israels auf dem Weg ins Exil«, sagte der Rabbiner. »Wir
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