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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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sich genau zwischen uns ein Regenbogen.
    Unvermittelt sank der Wasserstrahl in sich zusammen, stürzte in die Quelle zurück und dann war alles wieder still. Mein Pelz schüttelte sich wie ein Hund nach einem Regenschauer. Doktor Felman dagegen war kein bisschen nass.
    »Wenn ihr das könnt, wenn ihr eine heiße Quelle auf Kommando zum Ausbruch bringt, dann ist euer Unterricht abgeschlossen«, sagte er. »Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Jetzt will ich euch euren ersten Lehrer in den Fel-Künsten vorstellen.«

    Earl Hawkin kam mit einem Sack voll süßem Schnee, den er uns zu essen anbot. Emma meinte, er schmecke besser als die Kondensmilch, die die Nonnen daheim in ihrem Dorf ausgeteilt hatten. Eine nette Art, mit der Schule anzufangen, dachte ich. Earl Hawkin sagte, er habe sich in der Universität eine Woche freigenommen und seinen Kollegen erzählt, er sei auf einem Jagdausflug. Während wir an dem süßen, warmen Schnee leckten, erklärte er, da er nicht praktisch begabt sei, werde er seine Unterrichtsstunden eher spielerisch und wie Traumerlebnisse gestalten.
    Auch er sank beim Gehen nicht im feuchten Boden ein, doch als er sah, wie wir uns durch den Matsch kämpften, führte er uns freundlicherweise zu einer Stelle, an der ein Ring weißer Pilze wuchs. In ihrer Mitte lag ein Felsblock mit einer Art Dachvorsprung, unter dem es trocken war.
    Nicht weit von uns wachten diskret Mitglieder der Blue Volcanoes mit Pfeil und Bogen. In ihre goldenen Schwerter waren Meteoritenstücke eingearbeitet, die ihnen besondere Härte und Schärfe verliehen. Auch auf weiter entfernten Hügeln sah ich goldene Klingen in der Sonne funkeln. Von diesem Tag an wurde jede unserer Unterrichtsstunden so bewacht; die Krieger suchten den Horizont nach Fremden ab, die Oberfläche des Gletschers dagegen nach ungewöhnlichen Vogelschwärmen, vor allem nach Möwen. In düsteren Momenten argwöhnte ich sogar, dass sie in Wirklichkeit darauf achten sollten, dass Emma und ich nicht entkamen. Die meisten Prinzen und Prinzessinnen sind in gewissem Sinn auch Gefangene.
    Ohne eine Spur von Prahlerei erklärte Earl Hawkin, dass er unter anderem Professor für Intuition sei und dass wir in den ersten Unterrichtsstunden lernen würden, Gedanken zu lesen und mit Blumen zu sprechen.
    »Wenn man sich im Krieg befindet, ist es wichtig zu wissen, was der Feind denkt«, sagte er. »Außerdem macht Gedankenlesen Spaß, weil es gefährlich ist.«
    Seine Augen funkelten verschmitzt.
    »Emma? Was hältst du von Toby?«, fragte er unvermittelt. Sie sah mich an.
    »Ich finde ihn nett«, sagte sie zögernd.
    » Zu nett«, fuhr er auf. »Du findest nämlich, er könnte ruhig etwas weniger höflich sein, ein bisschen entschiedener, eher ein Messer als ein Löffel.«
    Earl Hawkin hielt den Kopf schief und Emma wirkte sehr verlegen.
    »Gar nicht wahr«, sagte sie leise.
    »Doch«, sagte Earl Hawkin, »es stimmt, denn ich sehe es hinter deinen Augen. Wie sehe ich das? Nun, um das zu lernen, seid ihr hier. Und du, Toby …«
    Er wandte sich an mich und durchbohrte mich mit seinem Blick. Ich versuchte, meinen Verstand auszuschalten und an nichts zu denken, aber natürlich ging mir dadurch erst recht alles Mögliche durch den Kopf, woran ich im Moment keinesfalls denken wollte.
    »Du findest Emma zu unbesonnen. Sie lässt sich immer auf Kämpfe ein, die sie nicht gewinnen kann. Hast du übrigens gewusst, Emma, dass Toby stets das Gefühl hat, dich beschützen zu müssen?«
    »Warten Sie, das ist nicht fair!«, rief ich. »Sie können hier nicht einfach persönliche Dinge ausbreiten, die …«
    »Vorsicht, Toby!«, rief plötzlich Earl Hawkin. Ich sah ihn fragend an, doch Emma war schon aufgesprungen.
    »Hinter dir, Toby!«, schrie sie. Als ich mich umdrehte, sah ich keine zwanzig Meter entfernt einen unserer Blue-VolcanoesWächter, der die Bogensehne gespannt und einen Pfeil auf mich angelegt hatte. Instinktiv sprang ich auf und machte einen Satz nach vorn, da sirrte wenige Zentimeter neben meiner rechten Schulter ein Pfeil vorbei.
    »Und dort!«, rief Earl Hawkin und erhob sich ebenfalls. Er zeigte nach rechts, wo zwei andere Wächter mit gespannten Bogen standen und geradewegs auf uns zielten.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Unterricht!«, rief Earl Hawkin lachend.
    Einer der Pfeile schnellte von der Sehne, und ich wusste, dass er Emma treffen sollte. Mit einem Satz war ich bei ihr und riss sie zu Boden. Zwei Pfeile schwirrten über uns hinweg und bohrten sich

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