Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
Vom Netzwerk:
verglich es mit dem Gefühl, das mich überwältigt hatte, als ich nach so vielen Jahren zum ersten Mal aus dem Rollstuhl aufgestanden und gelaufen war. Plötzliche Freiheit, eine Fülle von Möglichkeiten und dazu die Erkenntnis, dass sich hinter den gewöhnlichen Dingen Interessantes verbarg.
    »Der Nebel «, sagte Emma und ahmte auf witzige Art Egil nach, »besteht aus den Fantasieschwaden zwischen den Dingen, die nicht existieren.«
    Wir lachten, doch jetzt verstanden wir fast, was Egil uns damit hatte sagen wollen. Ich aß etwas von dem getrockneten Papageientaucherfleisch und stellte fest, dass es genauso schmeckte, wie man sich getrockneten Papageientaucher vorstellte. Scheußlich. Immer wieder wehte ein Schwall frischer Luft herein, und nach einer Weile ging ich zu dem im Dunklen liegenden rückwärtigen Teil der Höhle, um nachzusehen.
    »Bevor Earl Hawkin wegging, hat er gesagt, dass in diesen Höhlen Lebewesen hausen«, sagte Emma schaudernd.
    »Welche Lebewesen?«
    »Schlaflose Krieger«, sagte sie. »Das ist ihr Land. Wir dürften eigentlich gar nicht hier sein. Es gibt ein Abkommen zwischen ihnen und den Fel, in dem vereinbart wurde, dass beide Gruppen einander in Ruhe lassen. Aber Earl Hawkin hat gemeint, wenn wir uns still verhalten, wird uns nichts passieren.«
    »Hat er dir gesagt, wie sie aussehen?«
    Sie nickte, schien aber nur ungern davon erzählen zu wollen.
    »Emma, ich kann deine Gedanken sowieso lesen, du kannst es mir also ruhig sagen.« Sie blickte ins Feuer.
    »Er hat gesagt, sie sind groß. Bis zu zehn Meter. Sie haben nur ein Auge, hier, mitten im Gesicht, und das ist nie geschlossen. Deshalb werden sie Schlaflose Krieger genannt. Ihre Schwerter sind aus glühender Lava und …«
    Ich trat wieder in die Wärme des Feuers und schaute lieber nicht mehr in die Dunkelheit, die uns umgab.
    »Sie könnten uns mühelos mit ihren Zähnen zermalmen, hat Earl Hawkin gesagt …«, fuhr sie gelassen fort.
    »Wie hilfreich von ihm.«
    »Er wollte doch nur sichergehen, dass wir uns nicht auf Erkundungstour machen.«
    Ich schnupperte. Der Geruch nach frischer Luft war jetzt unverkennbar, und ich meinte, sogar das Meer zu riechen.
    »Hat Egil dir gesagt, Emma, wie weit diese Höhle vom Dach des Gletschers entfernt ist?«
    »Nein«, erwiderte sie.
    »Wir sind nämlich weit nach Osten gekommen«, sagte ich. »Vielleicht sind wir hier schon nah am Rand.«
    »Vielleicht.«
    Wir blickten einander an. Da sah ich über Emmas Schulter die Bewegung eines mächtigen Flügels im kalten Licht des Höhleneingangs.
    Ich sprang auf und sofort war Emma neben mir. Ich griff nach meinem Schwert, aber natürlich hatte man mir sämtliche Waffen abgenommen. Emma besaß noch ihren goldenen Kiesel, aber ohne meine Waffe war es eben nur ein Kiesel. Ihr Tuch hatte sie bei ihrem Gestaltenwandel verloren. Wir waren im Augenblick also mehr oder weniger wehrlos.
    Dann hörten wir einen lauten, klagenden Ruf durch das Dunkel der Höhle hallen. Ich erkannte, dass es der Schrei eines Vogels war, und doch schien eine große Traurigkeit darin zu liegen.
    Wieder rauschte ein Schatten am Eingang der Höhle vorbei, und ich trat vor, um mich dem Monster – was immer es sein mochte – entgegenzustellen. Emma kam zu mir und wir fassten uns an den Händen. Als sich unsere Clanzeichen berührten, entstand ein elektrisches Knistern zwischen uns, obwohl wir keine Waffen hatten.
    Wir ließen den Schatten der Höhle hinter uns, und als wir aufblickten, sahen wir den übergroßen Falken, der Emma davongetragen hatte, mit weit geöffnetem Schnabel auf uns herabstoßen. Seine langen gelben Klauen waren ausgestreckt, jede seiner Krallen hatte die Größe eines kleinen Schwertes. Der Falke schrie noch einmal.
    Kaum war er auf dem Boden aufgekommen, verwandelte er sich, und ich erkannte den vertrauten Tweedanzug und den grünen Hut von Earl Hawkin. Seine Kleider waren zerrissen und voll Blut, das aus etlichen Wunden im Gesicht und an den Armen tropfte. Er schwankte leicht, suchte Halt an einem Felsbrocken und wischte sich mit seinem grünen Hut Blut vom Gesicht.
    Wir liefen zu ihm.
    »Muss meine Landetechnik mal auffrischen«, sagte er heiser.
    Wir führten ihn in die Höhle, und ich reinigte mit ein wenig Wasser, das durchs Dach tropfte, seine Wunden. Emma machte ihm aus Feuerholz und großen Steinen eine bequeme Sitzgelegenheit zurecht, und allmählich kam er so weit zu Atem, dass er sprechen konnte.
    »Kinder, ich bringe leider die schlimmsten

Weitere Kostenlose Bücher