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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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breiter und ich trieb langsamer dahin. Ich kam in träges Wasser und hier, mitten in dem gemächlich dahinfließenden Fluss, war eine weiße Insel, die übersät war von den merkwürdigsten Knochen, die ich je gesehen hatte. Meine Intuition sagte mir, dass Emma in der Nähe war, und ich stieg aus dem Wasser.

    Diese Knochen hatten keinem Lebewesen gehört, das ich dem Namen nach kannte, so viel konnte ich erkennen. Als ich einen aufhob, der wie ein Beinknochen aussah, zerbröselte er zwischen meinen Fingern wie Kreide. Es gab Hüft- und Rippenknochen, die fast menschlich aussahen, aber ich schätzte, sie müssten einem mindestens sieben Meter großen Wesen gehört haben. Nachdem ich mich so lange im warmen Wasser aufgehalten hatte, zitterte ich jetzt vor Kälte. Ich sah mich um und entdeckte weit über meinem Kopf zwei auffallend große schwarze Löcher in der Klippenwand. Sie starrten wie kalte Augen auf mich herab. Dann hörte ich einen Kieselstein am Felsen herunterfallen und vor mir ins Wasser klatschen.
    Da gab mir jemand ein Zeichen!
    Ich stieg auf die Uferböschung. Wieder fiel ein Kiesel herab, und jetzt sah ich, dass er aus einer der beiden Felshöhlen gekommen war. In die Felswand waren grobe Tritte gehauen und ich machte mich ans Klettern. Das Gestein war lose und tückisch, aber nach einem langen, mühseligen Aufstieg schaffte ich es bis zu den Höhlenöffnungen. Da schoss plötzlich ein Schatten aus der Dunkelheit und flog auf mich zu.
    Erst während ich erschrocken zurücktaumelte, erkannte ich, dass dieser Schatten Emma war. Sie umarmte mich mit aller Kraft.
    »Emma!«, schrie ich. Sie grinste, gab mir aber gleichzeitig zu verstehen, still zu sein, dann nahm sie mich bei der Hand und zog mich in die Dunkelheit der Höhle.
    Ich sagte ein paar Albernheiten, sie sagte ein paar Albernheiten und wir kamen lange nicht aus dem Lachen heraus. Emma hatte eine Teekanne auf einem Lavafeuer stehen, und an Haken, die in die Höhlenwand getrieben waren, hing jede Menge Trockenfleisch.
    Als wir schließlich aufhörten zu tanzen und einander Albernheiten zu sagen, schien es uns, als nehme die Dunkelheit Anstoß an unserer Fröhlichkeit: Sie kroch uns langsam in die Knochen. Emma goss mir scheußlichen Fel-Tee in einen Becher, den ich nur trank, weil er warm war. Ich trocknete meine Kleider an der Wärme des Lavafeuers, und als ich mir den Kopf an einem überhängenden Felsen stieß, kicherte Emma.
    »Ein prächtiger Palast für einen Prinzen und eine Prinzessin, wie?«, sagte sie mit einem Lachen, aber aus irgendeinem Grund machte es uns gleichzeitig auch traurig. Die Dunkelheit nutzte ihre Chance, uns zu überwältigen.
    »Wie lange bist du schon hier?«, fragte ich.
    »Seit ein paar Stunden«, sagte sie. »Earl Hawkin hat das Feuer gemacht und uns Essen dagelassen.«
    »Haben sie dir gesagt, wie lange wir hierbleiben müssen?«, fragte ich, und sie versuchte, ein hoffnungsvolles Gesicht zu machen.
    »Nur bis es wieder ungefährlicher ist«, sagte sie. »Oder bis zum Schwur der Eide.«
    »Und was gibt es hier zu essen?«, wollte ich wissen.
    »Getrockneten Papageientaucher«, sagte sie leise. »Und getrocknete Beeren.«
    Wir drängten uns dichter um das Lavafeuer. Emma sah mich an und lächelte.
    »Du hast es geschafft!«, sagte sie. »Du hast dich verwandelt.«
    Ich gab mir Mühe, meinen Stolz nicht zu deutlich zu zeigen.
    »Ja. Zwei Mal«, sagte ich. »Gerade bin ich als Seehund durch einen Fluss geschwommen.«
    »Eigentlich ganz leicht, wenn man es einmal raushat«, meinte Emma.
    In ihrer Stimme lag ein trauriger Unterton, und ich spürte, dass sie noch immer leise Zweifel hatte, ob es richtig war, was wir hier machten. Ich nahm ihre Hand.
    »Wie war das für dich, als du ein Wolf warst?«, fragte ich. Da fingen wir an, mit unseren Schilderungen die Wände der Höhle zu »bemalen«: Wir erzählten von unseren Erlebnissen und Eindrücken von dem Kampf und den Verwandlungen, die wir zustande gebracht hatten. So vertieft waren wir in unser Erzählen, dass mir erst nach einer Weile bewusst wurde, dass ab und zu ein Wind aus der Dunkelheit wehte und mit ihm ein Geruch, den ich seit meinem ersten Tag unter dem Eis nicht mehr wahrgenommen hatte.
    Es war der Geruch nach frischer Luft.

18. Kapitel
    W ie sich herausstellte, hatte Emma bei der Verwandlung in eine andere Gestalt ähnlich empfunden wie ich.
    »Wunderbar«, so beschrieb sie den Moment, als sich ihre Gestalt aufgelöst und in eine andere verwandelt hatte. Ich

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