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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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Düsenjet schoss als blitzender Farbstrich über den klaren blauen Himmel. Ich fand den Anblick großartig, Emma dagegen schrie so entsetzt auf, dass ich ihretwegen erleichtert war, als der Düsenjet am Horizont verschwand. Das dumpfe Grollen des Motors war noch lange zu hören.
    Als der Abend dämmerte, flogen wir über eine ausgedehnte flache Savanne. Hirten standen um Kühe herum, die tot am Boden lagen. Auf den Kadavern hatten sich Scharen von Geiern niedergelassen und hielten ein Festmahl. Keine Flüsse. Hier und da Dörfer mit Strohhütten. Die einzigen Fahrzeuge auf den Lehmstraßen waren grün getarnte Trucks, die rote Staubwolken aufwirbelten.
    Plötzlich hörte Emma auf, mit den Flügeln zu schlagen, sodass sie stetig an Höhe verlor. Ich folgte ihr und wir trudelten langsam zu Boden. Der Sinkflug machte mich schwindlig, und genau in dem Augenblick, als ich zu sinken begann, kehrte mein menschliches Denken zurück. Als wäre der Himmel beherrscht vom Instinkt und die Erde von Menschengedanken.
    Wir hatten unser Ziel erreicht.
    Je klarer ich wieder denken konnte, desto mehr begann die Kraft in meinen Flügeln nachzulassen. Ich spürte, dass ich bald nicht mehr würde fliegen können, und sah, dass es Emma ebenso erging. Jetzt kam es darauf an, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, sonst würden wir eine Bruchlandung hinlegen. Ich versuchte, meine Menschengedanken zurückzuhalten, aber es war vergeblich – meine Flügel verwandelten sich schnell. Wir steuerten beide denselben Ast desselben verkümmerten Dornenbuschs an, und ich hatte das entsetzliche Gefühl, wir würden mit voller Wucht zusammenprallen. Als Nächstes spürte ich einen derben Schlag gegen die Brust und dann kugelte und wälzte ich mich in blutrotem Sand. Der Wechsel aus dem Meer ans Land war unangenehm gewesen, der Wechsel aus der Luft auf die Erde war dagegen schockierend. Während ich im Staub durch die Büsche rollte, wurde ich von scheußlichen kleinen Stachelpflanzen gepiekst und schrammte mit Knien und Ellbogen über spitze Steine. Aber dieser Schmerz war nichts gegen das blanke Entsetzen, dass ich plötzlich nicht mehr frei und leicht durch die Luft flog.
    Irgendwie hatte ich das Gefühl, als wäre plötzlich die Zeit stehen geblieben. Es dauerte eine Weile, bis ich meine Arme und Beine sortiert hatte. Ich sah eine Schlange mit braunen Rauten auf dem Rücken, die sich aufbäumte und böse zischte. Als ich rückwärts aus ihrer Reichweite taumelte, drangen mir ein paar besonders kräftige Stacheln noch tiefer in die Beine und die untere Rückenpartie.
    »Auaaa!«, schrie ich, dann rappelte ich mich vorsichtig auf und machte mich an das elende Geschäft, mir Dornen aus dem Hintern zu pulen. Kurz darauf tauchte Emmas staubiger Kopf aus einem tückisch aussehenden Dornengebüsch auf und auch sie stöhnte vor Schmerzen.
    Der Sand war heiß wie der Boden einer Bratpfanne und überall lagen spitze Steine herum. Einer davon hatte sich in mein Hemd verirrt.
    »Da sind wir also«, sagte ich, während ich den Stein herauszog und inspizierte.
    »Ja, da sind wir«, sagte Emma und stand auf.
    »Und wo genau ist das?«
    Emma blickte prüfend zum Horizont.
    »Den Bergen nach würde ich sagen, wir sind nicht weit von meinem Heimatdorf«, sagte sie. »Warum bist du eigentlich nicht in London runtergegangen?«
    Ich sah sie an und grinste.
    »Das Fliegen hat mir zu viel Spaß gemacht.«
    Ich warf den Stein, der in mein Hemd geraten war, achtlos in ein Gebüsch, und als er dort aufkam, gab es eine starke Explosion. Nach dem ersten Schock starrte ich fassungslos in die Dornen. Zuerst dachte ich, der Stein selbst wäre aus irgendeinem Grund explodiert, doch während sich der Stein- und Kieselhagel in einer Staubwolke verflüchtigte, hauchte Emma nur ein einziges Wort, und das jagte mir einen Schauer über den Rücken.
    »Landminen!«
    Mit fachmännischem Blick sah sie sich nach allen Richtungen um. Der trockene, staubige Wind stöhnte. Ich dachte daran, wie ich nach meinem Aufprall durch das Dickicht gekugelt war und wie wir uns um ein Haar selbst in die Luft gejagt hätten. Emma blieb jäh stehen, und ich wusste, dass ich es ebenso machen musste. Sie studierte mit zusammengekniffenen Augen den Boden ringsum.
    »Könnte es sein, dass es nur eine einzelne war?«, fragte ich hoffnungsvoll, aber sie schüttelte den Kopf.
    »Sie legen immer viele an einer Stelle aus. Wir sind in einem Minenfeld.«
    Ich holte tief Luft. Wie erschreckend und unheimlich es auch

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