Das Vermächtnis von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
weiter. Wenn er ins Innere des Gebäudes wollte, dann musste er wieder menschliche Gestalt annehmen.
Er konzentrierte sich, wünschte sich Beine und Arme, und es dauerte gar nicht lange, bis sich seine Gestalt veränderte. Ricardo fand die Rückverwandlung in einen Menschen immer leichter und angenehmer als die Verwandlung in einen Delfin. Er war froh, als er wieder auf seinen Beinen stehen konnte, und watete den Gang weiter hoch, bis das Wasser vor einer Treppe endete. Er stieg hinauf, der rote Stern schwebte vor ihm und warf einen matten rötlichen Lichtschein an die pechschwarze Wand, die aussah, als sei sie aus Granit. Ricardo strich darüber und spürte Rillen. Offenbar waren in die Wand Bilder und Symbole eingeritzt. Er konnte sie aber nicht erkennen, dafür war es noch immer zu dunkel.
Die Finsternis begann ihm auf die Nerven zu gehen. Auch hätte er gern gewusst, ob das Gebäude bewohnt war und, wenn ja, wer da auf ihn wartete.
»Hallo!«, rief Ricardo. »Ist da jemand?«
Die Wände warfen das Echo seiner Stimme zurück. Eine andere Antwort bekam er nicht.
Missmutig ging Ricardo weiter. Er fröstelte ein wenig und hätte sich gern in der Sonne aufgewärmt. Vielleicht war dieses Gebäude ganz und gar verlassen. Dann hätte er den langen Weg umsonst gemacht …
Er versuchte, sich wieder zu erinnern, was in Zaidons Anweisung stand.
Geh nach Talana und such den Tempel der Zeit auf. Dort findest du das Herz der Vergangenheit, mit dem du eine Reise in die Vergangenheit unternehmen und meinen Tod ungeschehen machen kannst.
War das der Tempel der Zeit ? Befand er sich überhaupt in Talana? Angeblich war Talana eine Welt aus Wasser, aber auch aus Magie … Der schwebende rote Seestern war eindeutig magisch. Ricardo schöpfte wieder Hoffnung. Vielleicht verschwendete er doch nicht seine Zeit.
Plötzlich wurde es um ihn taghell, so als hätte jemand sämtliche Deckenlichter angeknipst. Ricardo war von dem Licht so geblendet, dass er seinen Arm vor die Augen halten musste. Erst nach und nach gewöhnte er sich an die Helligkeit. Das Licht kam aus hellen Bändern, die an der Decke und an den Wänden hingen und die Form von Spinnennetzen hatten. Ricardo schüttelte verwundert den Kopf. Welcher Designer hatte sich denn diese Leuchtreklame ausgedacht?
Neugierig geworden, ging er weiter. Jetzt konnte er auch die Bilder und Symbole an den Wänden erkennen. Auch hier herrschte das Spinnenmotiv vor – lauter Zeichnungen von langbeinigen Krabbeltieren und ihren Netzen …
Der Gang, in dem er sich befand, war ungefähr drei Meter breit und führte geradeaus. Er endete in einer Halle, die groß war wie ein Ballsaal. Auch hier hingen die spinnennetzförmigen Leuchtgirlanden. Der Boden bestand aus schwarzem und weißem Gestein, das ein Muster aus Spinnennetzen bildete. Ricardo lächeltenervös. Da schien jemand eindeutig eine Vorliebe für Spinnentiere zu haben.
Der schwebende Seestern war vor ihm in der Luft stehen geblieben, was wohl ein Zeichen war, dass Ricardo warten sollte. Mehrere kunstvoll geschmiedete Türen führten aus der Halle. Was verbarg sich dahinter?
Ein Geräusch ließ Ricardo zusammenfahren. Er drehte sich herum. Ihm stockte der Atem. Durch eine der Türen war eine wunderschöne Frau in den Raum gekommen. Sie trug ein langes, ausladendes Kleid aus schwarzer Seide, die geheimnisvoll glänzte. Das lange Haar der Frau leuchtete wie Silber, und ihre Augen waren von demselben magischen Grün, das Ricardo schon bei Zaidon gesehen hatte.
»Willkommen im Nachtmeer«, begrüßte ihn die Frau und trat auf ihn zu. »Ich bin Zaida, die Königin dieses Reiches.«
Ricardo schluckte. Ihre Schönheit hatte ihm die Sprache verschlagen. Nur mit Mühe funktionierte sein Gehirn. Nachtmeer , hatte die Frau gesagt. Das bedeutete, dass er gar nicht in Talana war. Eigentlich hätte er enttäuscht sein müssen, doch statt Enttäuschung fühlte er ein aufgeregtes Prickeln.
»Ich grüße Sie, Ma-Majestät«, brachte er schließlich stammelnd heraus. Noch nie hatte er eine so faszinierende Frau gesehen. Wer war sie? Hatte sie sich nicht Zaida genannt? Konnte es sein, dass Zaidon eine Tochter hatte?
»Ich freue mich, dass du den Weg hierhergefunden hast«, sagte Zaida und berührte ihn mit ihren kühlen Fingern am Arm. Er hatte das Gefühl, als treffe ihn ein Stromschlag. Diese grünen Augen! Ja, das musste Zaidons Tochter sein, keine Frage.
»Möchtest du in meine Dienste treten?«, fragte Zaida. Ihre Stimme klang
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