Das Vermächtnis von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
Spy. »Ich weiß, wie Öl aussieht und wie es riecht. Das ist kein Öl, Mario. Es riecht nämlich nach NICHTS.Ich kann es nicht anfassen. Und doch ist es da. Wie eine Wand. Ich kann daran entlangschwimmen – und ich sage dir, es hat kein Ende.«
Mario hörte aufmerksam zu. Er war beunruhigt, obwohl er wusste, dass Spy dazu neigte, manchmal etwas zu übertreiben.
»Und du bist sicher, dass es wächst?«
Spy nickte eifrig mit dem Kopf. »Ja, das tut es. Und wie. Wenn es so weitergeht, wird es eines Tages das ganze Mittelmeer verdrängen. Und was dann? Wo sollen wir Fische hin, die Krabben, die Garnelen, die Muscheln …« Er war ganz außer sich.
»Jetzt beruhige dich erst mal«, meinte Mario. »Es muss schließlich irgendeine Erklärung für dieses … äh … Ding geben.«
»Ja, bitte, bitte, erklär es mir«, bettelte Spy. »Du bist doch so schlau. Schließlich bist du mal zur Schule gegangen. Da habt ihr doch bestimmt was über schwarze Wolken gelernt, oder?« Seine Augen blinkten Mario neugierig an.
»Nichts über Unterwasserwolken«, murmelte Mario dumpf. »Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern.« Er überlegte. »Könnte es ein unterirdischer Vulkanausbruch sein?«
»O nein, dann wäre das Wasser ja an dieser Stelle warm«, widersprach Spy. »Ich weiß, wie ein Unterwasservulkan aussieht. Die Wolke ist zwar ein bisschen ähnlich … dunkel wie Asche und undurchsichtig, aber es ist ganz sicher keine Rauchwolke.«
»Hm.« Mario überlegte, was er tun sollte. Er vertraute Spy, und wenn sich sein Freund aufregte, dann gab es auch immer einen Grund dafür. Die schwarze Wolke war garantiert kein Hirngespinst. »Am besten, wir fragen Irden um Rat. Vielleicht hat er eine Erklärung.«
»Darf ich mit nach Talana?«, fragte Spy sofort. »Ich würde eure wunderbare Wasserwelt so gern sehen! Nur ein einziges Mal! Ich weiß, ihr lasst normalerweise keine Fremden ein, aber für mich kannst du doch mal eine Ausnahme machen. Bitte! Ich möchte wissen, ob es all die Dinge wirklich gibt, von denen ich gehört habe – die Muschelpaläste, die Korallengärten …«
Mario zögerte. Er dachte an die beiden großen Abenteuer, bei denen Spy ihm und Sheila beigestanden hatte.
»Ja«, entschied er dann. »Du darfst mit nach Talana kommen. Ausnahmsweise!«
»Jiiii-piiii!« Spy stieß einen so schrillen Freudenschrei aus, dass Mario erschrocken zusammenzuckte.
»Sei still, Spy!«, tadelte er den Fisch. »Damit machst du ja die Muränen verrückt!«
»Entschuldige«, flüsterte Spy kleinlaut. Gleich darauf wurde seine Stimme wieder lauter. »Es ist nur, weil ich mich so wahnsinnig freue! Ich darf nach Talana! Ich darf nach Talana!«
»Jetzt halt schon die Klappe, du Sackfisch«, meinte Mario gutmütig. »Komm lieber mit! Je früher wir mit Irden reden, desto besser.«
6. Kapitel
Zaida, die Königin des Nachtmeers
Unendliche Finsternis. Eine Schwärze, die alles Licht verschluckte. Ricardo schwamm und schwamm und spürte, wie das Grauen in ihm aufstieg. Er zweifelte immer mehr daran, dass er tatsächlich in Talana war. Am liebsten wäre er umgekehrt, doch die Vorstellung, den langen Weg zurückzuschwimmen, war noch schlimmer, als sich weiter vorwärtszubewegen. Irgendwann musste die Dunkelheit doch mal zu Ende sein!
Da! Ein blutroter Seestern tauchte zu seiner Rechten auf. Er schien von innen heraus zu leuchten. Dann fing er an, sich zu bewegen, als wolle er Ricardo den Weg weisen. Ricardo schwamm dem Stern langsam hinterher.
Noch immer war die Dunkelheit undurchdringlich. Wieder setzte Ricardo sein Sonar ein, aber diesmal bekam er nur verschwommene Bilder, die ihm überhaupt nichts sagten. Ihm wurde etwas schwindelig davon, also unterließ er es und konzentrierte sich ganz darauf, dem Seestern zu folgen.
Nach einer Ewigkeit wurde es etwas heller. Die Schwärze wich einem dunklen Grauton. Das Wasser war nicht klar, sondern hatte die Beschaffenheit von flüssiger Asche. Oder wie Nebel … Vor Ricardo erschienen die Umrisse eines gewaltigen Gebäudes. Es sah aus, als sei es aus schwarzen Korallen oder verbrannten Holzstücken errichtet worden. Der Seestern tauchte in einen Gang ein, der schräg nach oben führte. Ricardo merkte, wie das Wasser flacher wurde. Er gelangte an die Oberfläche. Zu seinemErstaunen erhob sich auch der Seestern aus dem Wasser und schwebte nun in der Luft wie ein Lampion. Noch immer hatte Ricardo das Gefühl, dass er ihm folgen sollte – doch als Delfin kam er ab hier nicht mehr
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