Das Vermächtnis von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
stimmte, wie kam sie dazu, ihn zu sich rufen zu lassen? Das war schon ziemlich dreist!
Ricardo watete an Jeans Seite ins Meer. Als sie etwas weiter draußen waren, verwandelte er sich in einen Delfin. Jean ergriff seine Rückenflosse und ließ sich ziehen.
Der Delfin schwamm schnell, und bald befanden sie sich in tieferem Wasser. Die Reste eines versunkenen Fischerboots lagen auf dem Meeresgrund, und ein Sardinenschwarm nahm vor ihnen Reißaus. Es dauerte nicht lange, da erblickte Jean den ersten Ausläufer der schwarzen Wolke. Vor Überraschung ließ er Ricardos Rückenflosse los. So etwas hatte er noch nie gesehen! Wohin hatte Ricardo ihn gebracht? Sollte er etwa in der schwarzen Wolke ersticken?
Der Delfin merkte, dass sich Jean nicht mehr festhielt, kehrte um, umkreiste den Taucher und stupste ihn auffordernd mit dem Schnabel an. Jean tippte sich gegen die Stirn.
Glaubst du, ich lass mich von dir ins Verderben ziehen?
Zu dumm, dass er sich jetzt nicht mit Ricardo unterhalten konnte! Er hätte von ihm eine Erklärung verlangt! Wo befand sich denn nun dieser Unterwasserpalast mit der geheimnisvollen Zaida?
Der Delfin umkreiste Jean noch immer und wollte ihn unbedingt in Richtung der gefährlichen Wolke schieben. Jean wäre am liebsten aufgetaucht. Er wollte Ricardo nicht die Führung überlassen, er wollte ihm nicht ausgeliefert sein …
Trotzdem schaffte es Ricardo, Jean zur Wolke zu drücken. Vielleicht war die Wolke auch gewandert, wer weiß. Jedenfalls war sie plötzlich ganz nah, kaum einen Meter von Jean entfernt. Noch immer hatte er nicht die geringste Ahnung, worum es sich dabei handelte. Jetzt siegte seine wissenschaftliche Neugier. Er strecktedie Hand aus und berührte vorsichtig das rätselhafte Objekt. Es fühlte sich an wie eine Plastikhaut … oder doch nicht … eher wie Samt … nein, wie Frischhaltefolie … oder doch wie Pudding … Jean konnte seine Finger hineinbohren und wieder zurückziehen. Es machte ihn nicht schlauer. Er konnte die Beschaffenheit der Wolke keinem Material zuordnen. Am klügsten wäre es, eine Probe von der Wolke zu nehmen und sie in einem Labor auswerten zu lassen. Vielleicht war das Ding ja gar nicht von dieser Welt … Möglicherweise war die Wolke vom Himmel gefallen, ein Artefakt von Außerirdischen, der Teil eines fremden Planeten …
Plötzlich öffnete sich vor Jeans Augen ein Tunnel. Der Delfin stieß ihn auffordernd an.
Ich soll da hinein? Jean machte Ricardo Zeichen. Das kann nicht dein Ernst sein …
Doch da setzte schon ein Sog ein, der Jean in das Innere des Tunnels zog. Auch der Delfin wurde mitgerissen.
Jean überließ sich seinem Schicksal. Was geschehen sollte, das sollte eben geschehen. Widerstand war an dieser Stelle völlig sinnlos. Außerdem … vielleicht war das ja der Palast, von dem Ricardo gesprochen hatte. Die Wände mit ihren Verzierungen, das fahle Licht, das irgendwo aus dem Innern kam … Jean hatte den Eindruck, sich in einem Gebäude zu befinden. Noch tauchte er, aber das Wasser wurde zunehmend flacher. Endlich konnte er stehen. Ricardo neben ihm verwandelte sich wieder in einen Menschen.
»Sie können Ihre Pressluftflasche absetzen, hier gibt’s genügend Luft«, sagte er.
Skeptisch nahm Jean den Schlauch aus dem Mund. Tatsächlich. Ricardo hatte nicht gelogen. Man konnte ohne Probleme atmen. Es roch etwas muffig … wie in einem Museum oder in einer Kirche.
»Ist das hier der Palast?«, vergewisserte sich Jean.
»Ja«, antwortete Ricardo. »Hier sieht es noch ein bisschen karg aus, aber gleich kommen wir in ganz prächtige Räume.«
Jean schnallte die Schwimmflossen ab und trug sie in der Hand. Er betrachtete die Wände. Das Spinnenmotiv irritierte ihn. Er hatte als Wandschmuck eher Fische und Muscheln erwartet. Zaida hatte offenbar einen seltsamen Geschmack. Nun ja …
Der Gang war endlos.
»Dauert es noch lange?«, fragte Jean ungeduldig.
»Das kann ich nicht so genau sagen«, antwortete Ricardo. »Sie müssen wissen, die Räumlichkeiten verändern sich ständig. Die Anordnung der Zimmer. Die Länge der Gänge …«
Jean runzelte die Stirn. »Launenhafte Person, diese Zaida?«
»Nein, ganz und gar nicht«, protestierte Ricardo sofort. »Sie ist eine wunderbare Frau.«
Jean de la Fortune blieb misstrauisch. Ricardo mochte ja von Zaida begeistert sein, aber er würde sich selbst eine Meinung bilden. Jedenfalls schien sie über große magische Kräfte zu verfügen, wenn sie diesen riesigen
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