Das Vermächtnis von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
Unterwasserpalast geschaffen hatte. Eine Person, die man besser respektierte …
Schließlich erreichten die beiden Männer eine runde Halle. Mehrere ähnlich aussehende Gänge zweigten von hier ab.
»Und wohin jetzt?«, wollte Jean wissen. »Wo ist der Thronsaal?«
»Den habe ich selbst noch nicht gesehen«, erwiderte Ricardo. Er drehte sich im Kreis und zögerte. »Hm, welchen Gang sollen wir jetzt nehmen?«
Bevor er sich entschieden hatte, hörte man das Rascheln von Seide, und plötzlich stand eine Frau in einem langen schwarzen Kleid mitten in der Halle. Sie war so schnell aufgetaucht, dass Jean nicht sagen konnte, aus welchem Gang sie gekommen war. Er starrte sie wortlos an. Meine Güte, wie schön sie war! Was für ein edles Gesicht, was für eine glatte Haut!
»Guten Abend«, sagte Zaida und streckte Jean die Hand hin. »Herzlich willkommen in meinem Palast! Ich habe sehr lange auf dich gewartet. Du hast dir mit der Ankunft wirklich Zeit gelassen.«
Jean klappte den Mund auf, um zu widersprechen, und machte ihn gleich wieder zu, ohne etwas gesagt zu haben. Zaidas grüne Augen hielten ihn fest. Er bekam eine Gänsehaut. Zu gern hätte er ihr mitgeteilt, dass er sich schon kurz nach Eintreffen der Nachricht auf den Weg gemacht hatte. Aber kein Wort kam über seine Lippen. Er konnte sie nur ansehen …
Ihre Augen funkelten. »Na, es hat dir wohl die Sprache verschlagen. Ich bin dir nicht böse, jetzt bist du ja hier. Und ich hoffe, dass du dich in meinen Gemächern wohlfühlst. Wie soll ich dich nennen, Jean oder Fortunatus? Mir gefällt Fortunatus eigentlich besser. Der Name passt zu den Aufgaben, die ich für dich vorgesehen habe.«
»Nun, dann nennen Sie mich doch Fortunatus«, brachte Jean mühsam hervor. Seine Stimme klang wie ein Krächzen. Er fasste sich an die Kehle. Was war nur los mit ihm? Hatte ihn der Anblick dieser schönen Frau so durcheinandergebracht? Oder erprobte sie an ihm gerade ihre magischen Kräfte?
»Bitte machen Sie sich nicht lustig über mich«, ächzte er. »Ich weiß nicht, was auf einmal mit meiner Stimme passiert ist.«
Zaida lächelte nur. Ein unmerkliches Zwinkern – danach funktionierte Jeans Stimme wieder wie gewohnt. Er fühlte sich befreit, aber es verdross ihn, dass die schöne Frau eine solche Macht über ihn ausübte.
»Was soll ich tun?«, fragte er. »Warum haben Sie mich rufen lassen? Ich gestehe, ich habe eigentlich meinen früheren Arbeitgeber erwartet.«
»Wäre dir ein alter Mann lieber?«, fragte Zaida ruhig.
Jean hatte mit einem Mal den Eindruck, alles nur noch verschwommen zu sehen. Der Raum verdunkelte sich, und er glaubte einen Moment lang, sich im Innern eines Wals zu befinden – dort, wo Zaidon zuletzt gehaust hatte. Er sah den mit Muscheln und Perlmutt verzierten Thronsessel vor sich, darauf saß ein mumienhafter Greis mit leuchtend grünen Augen. Er winkte Jean mit seinen gekrümmten Fingern.
»Fortunatus, gut, dass du da bist … Du wirst mir eine Stütze sein …«
Hatte er die Stimme tatsächlich gehört oder sich die Worte nur eingebildet? Jean war verunsichert. Eine Gänsehaut kroch über seinen Rücken. Gleich darauf war der Spuk vorbei, Wal und Thron waren verschwunden und Zaida stand wieder vor ihm.
»Ich möchte, dass du mir mit demselben Eifer und derselben Treue dienst, wie du Zaidon gedient hast«, verlangte sie. »Dusollst das tun, was ich dir auftrage, ohne unnötige Fragen zu stellen.«
Jean lachte trocken auf. »Ich bin Wissenschaftler und dadurch gewohnt, Dinge zu hinterfragen. Und ich lasse mir nur ungern den Mund verbieten.«
»Ich bin sicher, wir können uns einigen.« Zaidas Stimme hatte plötzlich alle Freundlichkeit verloren, sie war kalt wie Eis. »Wenn du meine Ziele teilst und mir hilfst, sie zu erreichen, dann lasse ich dich an meiner Macht teilhaben. Und du wirst alles bekommen, was du dir wünschst.«
Das Angebot überraschte Jean nicht. Zaidon hatte damals fast genauso geredet. Zaida schien dem Lord der Tiefe tatsächlich ähnlich zu sein. Aber wenn sie Zaidons Taktiken und Strategien anwandte, dann musste Jean auch damit rechnen, hinters Licht geführt zu werden. Zaidon hatte nur seinen eigenen Vorteil gesehen, er war gemein und gefährlich gewesen …
Aber Jean hatte seine Tricks gehabt. Und sein Plan wäre auch gelungen, wären ihm die beiden Kinder nicht in die Quere gekommen.
Er beschloss daher, so zu tun, als würde er Zaidas Spiel mitspielen, und im Geheimen seine eigenen Regeln
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