Das Vermächtnis von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
welche Macht diese Gefühle haben? Willst du dich wirklich immer wieder von anderen verletzen lassen? Willst du zulassen, dass sie dich verhöhnen und sich hinter deinem Rücken über dich lustig machen? Denk doch an deine Klassenkameradinnen. Kannst du deiner besten Freundin trauen? Würdest du für sie die Hand ins Feuer legen?«
Beste Freundin, dachte Sheila. Wer ist meine beste Freundin? Habe ich überhaupt eine? Und es stimmt, was Zaida sagt. Meine Klassenkameradinnen haben sich oft über mich lustig gemacht. Sie haben mich nie richtig in ihre Gemeinschaft aufgenommen. Auf der Klassenfahrt nach Amrum ist es ein bisschen besser geworden …
»Siehst du?«, säuselte Zaida. »Es ist einfach so. Du kannst keinem vertrauen. Du gehörst nirgends dazu. Du denkst, sie sind freundlich, bis du merkst, dass sie sich heimlich den Mund über dich zerreißen. Du bist eine Außenseiterin und wirst immer allein bleiben. Und wenn du in Not bist, wird dir niemand helfen.«
»Mario«, sagte Sheila tonlos. »Mario ist anders. Er ist mein bester Freund. Er wird mich niemals enttäuschen.«
»Bist du dir da so sicher?«, fragte Zaida. »Warum ist er nicht bei dir geblieben? Warum hat er dich allein gelassen? Welche Ausrede hat er sich einfallen lassen? Glaubst du nicht, dass er dich schon längst langweilig und uninteressant findet? Was bist du schon für ihn? Kannst du sicher sein, dass er dich nicht längst satthat?«
Sheila schüttelte heftig den Kopf. »Er hat mich nicht satt! Bestimmt nicht.«
Das blonde Mädchen tauchte wieder in ihrem Kopf auf. Sheila bemühte sich, das Bild zu verdrängen. Vergeblich. Wieder sah sie, wie Mario das Mädchen küsste. Seine Lippen wanderten zärtlich über ihr Gesicht.
»Hören Sie auf damit!«, schrie Sheila. »Ich weiß, dass Sie mich verhexen wollen! Dieses Mädchen existiert gar nicht! Sie haben es erfunden, um mich zu ärgern!« Voller Wut ging sie auf Zaida los, stieß sie gegen die Schultern und war drauf und dran, sie ins Gesicht zu schlagen. Mitten in der Bewegung wurde ihr dann bewusst, was sie gerade tat. Sie ließ die Hand sinken und starrte Zaida stumm an.
»Das ist sie«, sagte Zaida ungerührt. »Deine dunkle Seite. Es ist gar nicht so schwer, sie hervorzulocken.«
»Sie sind gemein!«, stieß Sheila aus. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie war reingelegt worden. Zaida hatte ihr eine Falle gestellt und sie war prompt hineingetappt. Sheila kam sich vor wie eine Versagerin. Sie drehte sich um, damit sie Zaida nicht mehr sehen musste. Ein Schluchzen kam aus ihrer Brust. Es war einfach zu viel – dieses anstrengende Gespräch mit Zaida und das Bild von Mario und dem fremden Mädchen, das sie noch immer im Kopf hatte. Sheila zitterte am ganzen Körper und wusste nicht, was sie tun sollte. Am liebsten wäre sie weggelaufen vor der bösen Königin des Nachtmeers! Aber wahrscheinlich würde sie nicht weit kommen …
»Sheila …« Sie zuckte zusammen, als sie Zaidas kalte Hand auf ihrer Schulter spürte. »Wir könnten Freundinnen sein, du und ich. Ich glaube, wir sind uns nicht einmal unähnlich. Du musst nicht gegen mich kämpfen, Mädchen. Ich weiß, dass du manchmal dieselben Gedanken hast wie ich. Wir beide, wir sind wie Schwestern … Hast du dir nicht immer eine Schwester gewünscht, Sheila?«
Sheila schlug die Hand von ihrer Schulter.
»Ich bin keine Spinne!«, schrie sie. »Und ich werde niemals Ihre Freundin sein! Nie! Nicht für alles Gold der Welt!«
Sie rannte davon, ohne darauf zu achten, wohin ihre Füße sie trugen. Nur weg! Sie lief irgendeinen Gang entlang. Links und rechts öffneten sich Türen, aber Sheila nahm nichts davon wahr. Kam Zaida hinter ihr her? Folgte sie ihr? Sheila wagte nicht, über die Schulter zurückzublicken. Ihre Hand wanderte wieder an ihr Amulett.
Hilf mir, Zauberstein! Lass eine Öffnung entstehen … Ich muss zu Mario!
Doch bevor sich Sheilas Wunsch erfüllen konnte, prallte sie gegen etwas Schwarzes. Zwei Arme schlossen sich um sie und hielten sie fest.
Sheila stieß einen schrillen Schrei aus. Im ersten Moment glaubte sie, Zaida hätte sich in eine Riesenspinne verwandelt und sie wäre gegen ihren Bauch geprallt. Aber dann erkannte sie ihrenIrrtum. Es war ein Mensch, ein Mann. Er trug schwarze Hosen und einen schwarzen Pulli.
»Hoppla! Wer bist du denn?«
Die Stimme kam Sheila bekannt vor, sie konnte sie aber nicht sofort zuordnen. Die Arme lösten sich von ihr.
Sheila trat einen Schritt zurück und blickte in
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