Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
dem
Kopfsteinpflaster und das heftige Ruckeln des Wagens und seiner Ladung dröhnten Calvyn laut in den Ohren, während er zum Marktplatz fuhr. Schon als er um die Kurve bog, hörte er über das Rumpeln des holpernden Wagens hinweg die Marktschreier. Der leichte Wind trug das Duftgemisch herüber, das so typisch für die Bauernmärkte von Thrandor war. Calvyn spürte die Aufregung hinten in der Kehle, als er sich vorstellte, wie gleich das Handeln und Feilschen losgehen würde. »Es macht einfach Spaß«, dachte er. »Auch wenn sich manchmal schwer vorausahnen lässt, was passieren wird.«
Als er den Markt erreichte, hielt Calvyn am Rand des Platzes und suchte im Gewimmel nach einem geeigneten Standort. Da erspähte er eine Lücke am Ende einer Reihe von Ständen in der Mitte des Platzes und stellte den Wagen so nah wie möglich an der Stelle ab. Er machte Sachte an dem dafür vorgesehenen Geländer fest und band ihr einen Hafersack um. Dann begab er sich auf die Suche nach dem Marktaufseher, um die vom zuständigen Baron geforderte Marktgebühr zu bezahlen.
Der Marktaufseher hielt sich für gewöhnlich im Zentrum des Platzes auf. Jeder Händler bezahlte die Gebühr, bevor er mit dem Verkauf begann, weil er sonst riskierte, von der Bürgerwehr bestraft zu werden. Die Marktaufseher hatten Spitzel, die zwischen den Ständen herumliefen und nach Schwarzhandel Ausschau hielten. Aber auch die Händler, die ihre Steuer bezahlt hatten, meldeten den Zuständigen jeden Verdächtigen. Schwarzhandel wurde nicht auf die leichte Schulter genommen und streng bestraft.
Calvyn drängte sich durch die Menge zum Tisch des Marktaufsehers. Der Markt war größer als alle, die er in den vergangenen Monaten gesehen hatte. »Heute Nachmittag werde ich ein gutes Geschäft machen«, dachte er, während
er sich zwischen den Ständen hindurchschlängelte und sich einen Weg durch die Trauben von Dörflern und Städtern bahnte. Als er schließlich vor dem Tisch des Marktaufsehers stand, sprach dieser gerade mit einem einheimischen Händler.
»Tut mir leid, Dergan, aber da kann ich nichts machen«, sagte der große, breitschultrige Mann. »Er hat die Gebühr gezahlt und es gibt kein Gesetz gegen niedrige Preise. Wenn du deine Kunden nicht an ihn verlieren willst, wirst du wohl oder übel deine Preise senken müssen. Das Leben ist hart. Und jetzt hör auf zu jammern und lass mich meine Arbeit machen.«
Der erboste Händler wandte sich ab, schlich mit hängendem Haupt davon und brummte etwas in seinen Bart. Der Marktaufseher schüttelte verärgert den Kopf und schaute mit gerunzelter Stirn zu Calvyn, der ihn unbeeindruckt von seiner barschen Art freundlich anlächelte.
»Sag mir nicht, du hast eine Beschwerde, Grinsebub«, grollte der Vorsteher.
»Aber nein, Herr. Ich möchte nur die Gebühr zahlen, bevor ich meinen Stand aufbaue«, erwiderte Calvyn höflich.
»Also gut.«
Der Beamte trat hinter seinen Tisch und blätterte durch einen Stapel Pergamente zu seiner Rechten. Am anderen Ende des Pultes stand eine brennende Kerze, durch ein oben offenes Glasgefäß vor Wind geschützt. Der Mann zog ein Blatt heraus, setzte sich auf seinen Holzstuhl und sah Calvyn herausfordernd an.
»Name?«
»Calvyn.«
»Wie lange willst du Markt treiben?«
»Nur heute«, antwortete Calvyn und linste auf das Papier, um einen Blick auf die anderen Fragen zu erhaschen. Aber
der Bogen sah recht schlicht aus und ähnelte eher einem Rezept als einer ernst zu nehmenden Befragung.
»Die Gebühr für einen Tag beträgt vierzehn Kupferpfennige«, sagte der stämmige Mann, hob den Kopf und hielt die Hand auf.
»Herr, wenn der Preis für einen Tag vierzehn Pfennige beträgt, dann wird er doch jetzt, nach Mittag, sicher nur noch sieben betragen.«
»Die Tageszeit spielt keine Rolle. Es bleibt bei vierzehn Kupferpfennigen.«
»Verehrter Herr, ich sehe ein, dass Ihr ein viel beschäftigter Mann seid, und ich möchte Euch nicht unnötig aufhalten, aber ich bin nur ein armer Kramhändler und vierzehn Kupferpfennige sind mehr, als ich an einem Nachmittag einnehmen kann. Ich möchte gewiss nicht Eure Zeit vergeuden, aber wenn Ihr die Gebühr nicht auf mindestens acht Kupferpfennige senken könnt, muss ich weiterziehen, und ich nehme doch stark an, Euer Baron schätzt eine kleine Einnahme mehr als gar keine.«
Der Marktaufseher musterte Calvyn in seinen schäbigen Kleidern von oben bis unten. Der Junge behielt die unschuldige Miene auch bei, als ihm der Mann tief in die
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