Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
verabschiedete er sich, gab seinem Pferd einen leichten Schlag mit den Zügeln und fuhr weiter.
Calvyn saß still da und wälzte wieder einmal Rachegedanken,
während sie langsam nordwärts zogen. Kurze Zeit, nachdem er sich Perdimonn angeschlossen hatte, hatte er erfahren, dass sich Demarrs Rebellen zu dem brutalen Überfall auf sein Heimatdorf bekannt hatten. Ihr Morden sahen sie als Vergeltung, denn der Landesherr seiner Heimat hatte an Demarrs Gefangennahme mitgewirkt. Das Dorf war ihnen leichte Beute gewesen. Es hatte dort keine nennenswerten Waffen und scheinbar auch keinen Bedarf für Verteidigungsanlagen oder Schutzwälle gegeben. Und die Rebellen wussten nur zu genau, wie sehr die schlimmen Verluste einem Mann wie Baron Anton zusetzen würden.
Der Baron war stets ein treuer Anhänger der Krone gewesen. Er kam oft an den Hof in Mantor, und es war allseits bekannt, dass er ein enger Freund des Königs war, seitdem die beiden als junge Männer gemeinsam ihre Waffenausbildung absolviert hatten. Während einer seiner Besuche am Hof war es dann zu dem Mordversuch am König gekommen.
Demarr und einige handverlesene Männer hatten nachts unbemerkt mehrere Wachen getötet und sich dann in einem der Vorzimmer gesammelt, bevor sie in das Schlafgemach des Königs vordrangen. Währenddessen hatte Baron Anton nicht schlafen können und deshalb einen Nachtspaziergang gemacht. Aus purem Zufall war er auf eine der toten Wachen gestoßen. Da er sofort begriff, was sich abspielte, hatte Anton seine Männer aus ihrer Unterkunft im Ostflügel des Schlosses geholt und war mit ihnen zu den königlichen Gemächern geeilt.
Sie kamen gerade noch rechtzeitig und fassten Demarr und seine Männer, bevor sie in das Schlafzimmer des Königs gelangen konnten. Es kam zu einem kurzen, heftigen Kampf. Demarrs Männer waren nicht nur überrascht worden, sondern zudem in der Unterzahl. Ihre Niederlage war
also unausweichlich und endete damit, dass die meisten von Demarrs Gefährten getötet oder schwer verletzt wurden. Der Verräter selbst wurde gefangen genommen.
Der König war Anton unendlich dankbar für die Rettung in letzter Sekunde. Nach der Verurteilung und der darauf folgenden Verbannung Demarrs bot ihm der König als Belohnung für seine treuen Dienste die Ländereien des Verräters an, aber zur Verwunderung aller lehnte der Baron ab.
»Ich trage bereits Verantwortung für mein Land und meine Leute, und ich glaube kaum, dass ich die Landgüter des ehemaligen Herzogs Demarr zusätzlich zu meinen betreuen könnte, Euer Majestät. Ich danke für Eure Großherzigkeit, aber ich muss Euer Angebot ausschlagen. Es ist mir Belohnung genug, dass ich dazu beigetragen habe, den Frieden im Königreich Thrandor zu bewahren und seinen rechtmäßigen König auf dem Thron zu halten«, erwiderte der Baron.
Keiner der Einwände, die der König vorbrachte, konnte Anton von seinem Entschluss abbringen. Er beharrte darauf, kein Geschenk empfangen zu wollen. Schließlich gab der König auf und meinte lachend: »Anton, mein Freund. Ich komme gegen deinen Starrsinn nicht an, aber in ein paar Jahren werden deine Söhne deine Entscheidung womöglich nicht gutheißen.«
»Meine Söhne werden genug damit zu tun haben, sich um die Ländereien zu kümmern, die sie einmal erben sollen, Majestät. Bitte, belastet sie nicht zusätzlich. Übermaß ist der Weg zum Ruin, und ich würde meine Söhne gerne davor bewahren.«
»Dann soll es so sein, wie du sagst, Anton. Ich nehme alle Anwesenden zu Zeugen und erkläre hiermit, dass die Ländereien des Verräters Graf Demarr in den Besitz der Krone übergehen. Ich werde in absehbarer Zeit einen Aufseher ernennen.«
Calvyn brütete stumm vor sich hin, während er sich zum tausendsten Mal ausmalte, was er tun würde, wenn er diesem niederträchtigen Graf Demarr je begegnen sollte. In seiner durch die Übungen geschärften Vorstellung brannten glask lare Bilder, in denen er dem Verräter in einem Duell gegenüberstand und den verbannten Adeligen nach einem langen, erbitterten Kampf mit seinem Schwert durchbohrte. Während dieser Ausflüge seiner Fantasie kam Calvyn nie in den Sinn, dass er gar kein Schwert besaß und die Chance, dass er sich dem berühmten Schwertkämpfer Demarr länger als zwei Sekunden widersetzen könnte, jenseits von verschwindend gering war, da er noch nie eine Waffe in der Hand gehalten hatte. Dieses Mal ließ Perdimonn den imaginären Kampf nicht zu seinem unwahrscheinlichen Ende kommen.
»Ich
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