Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
zweite, und die Klinge wurde nie stumpf. Es war einfach unglaublich.«
Calvyn schritt durch die Schmiede, immer dem großen Schmied hinterher, der sich alle Mühe gab, Calvyns Fantasiegeschichte zu ignorieren.
»Eine Axt?« spottete er, blieb kurz stehen, warf einen Blick auf den Barren, den Calvyn in der ausgestreckten Hand hielt, und ging wieder seiner Arbeit nach. »Lächerlich!«
»Hör mal, Gerran. Ich habe jahrelang auf diese Gelegenheit gewartet. Du bist bei Weitem der beste Schmied, den ich je getroffen habe. Du schmiedest Schwerter von höchster Qualität. Ich möchte, dass niemand anders als du mir dieses Schwert schmiedet. Darum bin ich auch bereit, dir zehn Silbertaler für deine Mühen zu zahlen. Zehn Silbertaler zuzüglich der Materialkosten natürlich.«
»Zehn Silberlinge? Du bist wirklich versessen auf dieses Schwert, was?« Der Schmied dachte eine Weile über das Angebot nach. »Nein. Es ist sinnlos. Die Metalle werden sich niemals verbinden. Silber und Eisen! Verrückt!«, erklärte der Schmied entschlossen und schüttelte den Kopf.
»Also gut. Fünfzehn Silberlinge«, konterte Calvyn.
»Du willst mir fünfzehn Silberlinge zahlen, um zuzusehen, wie ich dieses aussichtslose Unterfangen in Angriff nehme? Du bist wahnsinnig«, sagte Gerran mit Erstaunen in der Stimme. »Aber schön. Bring mir morgen früh dein Geld und ich werde das Unmögliche versuchen.«
»Danke, Gerran. Vielen Dank. Ich bin gleich nach dem Frühstück bei dir«, platzte Calvyn heraus, der seine Aufregung kaum im Zaum halten konnte.
Der Schmied schüttelte nur den Kopf, trottete davon und murmelte etwas von »Irrsinn«, bevor er die Esse für seine Nachmittagsarbeit vorbereitete. Calvyn machte sich schnell davon, bevor der Schmied es sich doch noch anders überlegen konnte, und lief hüpfenden Schrittes zu seiner neuen Unterkunft.
Die Stube, in die er inzwischen gezogen war, unterschied sich nicht besonders von jener, die er während der vergangenen fünf Monate mit den anderen Rekruten aus Trupp zwei geteilt hatte. Doch einen Unterschied gab es: Neben seinem Bett stand nun ein Spind, in dem er neben seiner neuen blauschwarzen Uniform persönliche Dinge aufbewahren konnte. Natürlich waren seine Flöte und Perdimonns Zauberbuch die ersten Gegenstände, die in den Schrank fanden. Ihnen folgten einige Salben und Tränke aus Perdimonns Vorrat, aber auch ein oder zwei Mittel, die er selbst mithilfe des Zauberbuchs hergestellt hatte.
Während der letzten beiden Monate seiner Ausbildung war Calvyn mit seinen magischen Studien viel weiter fortgeschritten, als er für möglich gehalten hätte. Von Beginn an war er sehr diszipliniert vorgegangen und hatte sich regelmäßig den Geistesübungen gewidmet, die Perdimonn ihm beigebracht hatte. Während der letzten Phase ihrer militärischen Ausbildung waren ihm und seinen Kameraden immer öfter freie Tage zugestanden worden. Calvyn hatte
diese Zeit für seine Studien genutzt und Zaubersprüche geübt, wann immer er die Burg verlassen konnte.
Die Vorstellung, ein magisches Schwert in den Händen zu halten, gehörte zu den Kindheitsträumen aller kleinen Jungen in Thrandor. Doch dieser Traum hatte sich für Calvyn während der vergangenen zwei Monate in ein festes Ziel verwandelt. Es gab uralte Geschichten von magischen Waffen und verzauberten Rüstungen. Minnesänger überall in Thrandor lebten davon, in ihren Geschichten und Liedern von diesen Wunderdingen zu erzählen und zu singen. Obwohl das meiste pure Erfindung war, glaubte Calvyn, dass ein Körnchen Wahrheit darin steckte. So verband der junge Schüler der Kriegskunst also seine beschränkte Erfahrung in Bezug auf Waffen mit seinem noch begrenzteren Wissen über Magie und kam schließlich auf eine Idee, die seinen Jungentraum wahr werden lassen sollte.
Calvyn verdankte diesen Einfall hauptsächlich den mahnenden Worten, die Perdimonn ihm beim Abschied mit auf den Weg gegeben hatte. Der alte Magier hatte seinen jungen Lehrling davor gewarnt, Zauberkraft an einen Gegenstand aus Eisen zu binden, und ihm stattdessen empfänglichere Materialien wie Silber empfohlen. Da Silber aber ein viel zu weiches Metall war, um daraus ein brauchbares Schwert zu fertigen, musste Calvyn erfinderisch sein. Es dauerte eine ganze Zeit, aber dann kam ihm doch ein Gedanke. Er wollte versuchen, Silber in ein gewöhnliches Eisenschwert einzuschmelzen, während es geschmiedet wurde. So würde die Klinge ihre Stärke behalten, aber auch die
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