Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte
zu Schaden kamen, wenn Selkor in Mantor eintraf.
Der König war einverstanden und ließ Veldan rufen.
»Ja, Eure Majestät?«, fragte Veldan mit einer tiefen Verbeugung.
»Danke, dass du so schnell erschienen bist. Bitte führe unsere Gäste in die Suiten im Westflügel. Sie werden eine Weile im Palast wohnen, und ich möchte, dass sie alle Annehmlichkeiten genießen, die wir unseren Gästen hier im Palast zu bieten haben.«
»Jawohl, Eure Majestät. Ich werde mich sofort darum kümmern, Eure Majestät«, erklärte Veldan ehrerbietig, bedachte die vier Hüter aber mit einem abschätzigen Blick, der so gar nicht zu seinem Tonfall passen wollte. Er befand die merkwürdig aussehenden Fremden in ihren staubigen Kleidern wohl nicht für würdig, mit dem König zu sprechen, geschweige denn in den prächtigen Gästesuiten des Westflügels zu wohnen.
Perdimonn zwinkerte Rikath zu, deren Augen ebenfalls belustigt blitzten. »Pass mal auf«, flüsterte er ihr zu, als sie auf den Flur traten.
Perdimonn schloss zu Veldan auf und musterte ihn von der Seite, als versuche er mit aller Macht, sich an etwas zu erinnern.
»Sag mal, Veldan, täusche ich mich oder bist du der Sohn des Nesrun, der vor mehreren Jahren ebenfalls Oberster Diener des Königs war?«
»Ja, das stimmt. Ich bin der letzte von vier Obersten Dienern, die das Amt vom Vater an den Sohn weitergegeben haben«, verkündete Veldan stolz. »Leider habe ich keine Söhne. Die Familientradition wird mit mir enden.«
»Ah ja«, machte Perdimonn, als erinnere er sich plötzlich an ein weiteres Detail. »Natürlich, ich hatte ganz vergessen, dass auch Pallane und Favel mit dir verwandt sind.«
»Du scheinst viel über die Geschichte des Palastes zu wissen«, erwiderte Veldan, offensichtlich beeindruckt, dass sich
Perdimonn an seine Vorfahren und sogar an den Namen seines Urgroßvaters erinnerte. »Ist das eine Art Steckenpferd von dir?«
»Oh nein, Veldan! Mir ist gleich aufgefallen, dass du genau so ein Wichtigtuer bist wie Nesrun. Als du mich erinnert hast, dass du auch mit Pallane und Favel verwandt bist, ist mir klar geworden, dass du an deinem schlechten Benehmen gar nicht schuld bist. Es liegt ganz offensichtlich in der Familie. Ich weiß noch genau, wie Favel zum Obersten Diener aufstieg – er war monatelang unausstehlich«, besann sich Perdimonn, dem der Schalk aus den Augen blitzte.
»Du weißt das noch?«, spottete Veldan. »Ich diene seit neununddreißig Jahren im Palast, davon sechsundzwanzig als Oberster Diener. Mein Vater hatte diese Stelle neunundzwanzig Jahre inne und sein Vater vierundzwanzig. Du willst mir doch nicht weismachen, dass du hier warst, als mein Urgroßvater mehr als zwölf Jahre davor Oberster Diener wurde?«
»Doch«, erklärte Perdimonn mit einem strahlenden Lächeln. »Das war im vierten Jahr nach der Thronbesteigung König Roaths II., wenn ich mich recht entsinne. Es ist nur deshalb so ein denkwürdiges Datum, weil in jenem Frühjahr dieser Wirbelsturm über das Ostmeer fegte. Weißt du noch, Rikath? Es war der einzige wirklich verheerende Sturm, der je aus dem Osten kam.«
»Oh ja!«, rief Rikath, und ihr Blick schweifte bei der Erinnerung in die Ferne. »Die Brandung in der Meerenge von Ahn war damals ein furchtbarer Anblick.«
»Daran erinnere sogar ich mich«, lachte Arred. »Der Wind heulte über den Eingang meiner Höhle hinweg, als wollte er sie mit sich reißen. Als ich hinausging, um nachzusehen, was das für ein Lärm war, wurde ich fast vom Berg geblasen.«
» Ihr … erinnert Euch!«, stotterte Veldan und zeigte anklagend mit dem Finger auf Arred. »Aber das ist doch lachhaft. Ihr seid noch nicht einmal alt genug, um Euch an König Malos Krönung zu erinnern. Und Ihr, junge Dame, seid niemals älter als …«
»Hat man dir nicht beigebracht, dass es sich nicht schickt, vom Alter einer Dame zu sprechen?«, unterbrach Rikath ihn mit hochgezogener Augenbraue. »Abgesehen davon, wenn wir hier schon Jahre zählen, dann bist du doch wohl der Jüngste. Aber lasst uns nicht über Nichtigkeiten streiten. Besteht die Chance, dass die Gästesuiten im Westflügel Badezuber haben? Ehrlich gesagt fühle ich mich, als hätte mich die Flut angeschwemmt – nur nicht so sauber.«
Veldan war sichtlich erbost, nicht nur, weil die Hüter ihren Spaß mit ihm trieben, sondern auch wegen der ungeheuerlichen Vorstellung, dass es im Palast ein Gästezimmer ohne Badezuber geben könnte, zumal im Westflügel. In beleidigtem Ton teilte
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