Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte
Lord Valdeers. Sie kehren wohl von den jüngsten Waffengängen in Südthrandor zurück. Wenn ich voranreiten dürfte, könnte ich dafür sorgen, dass sie uns durchlassen. Der Baron wird sicher einen Kurzbericht erwarten, ehe wir weiterreiten, aber das dürfte nicht lange dauern. Die Straße jetzt noch zu verlassen, würde nichts bringen, denn der Baron und Lord Valdeer schicken immer Spähreiter aus, die uns bestimmt schon entdeckt haben. Wenn Ihr mir das Reden überlasst, sorge ich dafür, dass wir recht bald weiterziehen können.«
»Na gut, Calvyn. Während du Bericht erstattest, essen wir etwas zu Mittag. Sitz rasch auf und reite uns voran, damit wir keine Zeit verlieren«, ordnete Meister Akhdar an.
Calvyn lief zurück und schwang sich in den Sattel. Jenna machte ein besorgtes Gesicht, als sie erfuhr, dass sie den Baron treffen würden. Calvyn verstand ihre Nervosität, war sich jedoch sicher, dass sie vom Baron keine Schwierigkeiten zu erwarten hatte. Er lächelte ihr aufmunternd zu, bevor er sein Pferd antrieb und sich an die Spitze der Gruppe setzte.
Calvyn führte die anderen im Schritt an. Er war zwar nicht seinem Stand als Ritter Thrandors entsprechend gekleidet, bemühte sich aber um Haltung. Vor dem Baron wollte er keinesfalls nachlässig wirken.
»Haltet an! Wohin des Wegs?«, befahl der Standartenträger, als Calvyn die Spitze der Einheit erreichte.
»Ich bin Sir Calvyn, Sohn Jorans, Ritter des Reiches Thrandor, Gefreiter. Wo ich hinwill, ist meine Sache. Allerdings möchte ich kurz mit Baron Keevan und Lord Valdeer sprechen. Lass uns bitte durch oder gib uns Geleit«, erwiderte Calvyn so gebieterisch wie möglich.
»Für einen Ritter des Reiches seid Ihr ungewöhnlich gekleidet, Sir Calvyn, aber nur ein Narr würde eine solche Behauptung aufstellen, wenn sie nicht wahr wäre. Ihr sollt Eure Eskorte haben, Sir.«
Mehrere Soldaten wurden abgestellt, die Reisegruppe zu begleiten. Die einen ritten voran, die anderen folgten ihr. Aller Augen waren auf sie gerichtet, während sie zur Mitte der Kolonne vorstießen, wo Baron Keevan und Lord Valdeer ritten. Mehrere Soldaten grüßten Calvyn und einige erkannten auch Jenna. Calvyn nickte ihnen zu, entdeckte jedoch keinen seiner Freunde.
Dass Calvyn und Jenna hier keine Unbekannten waren,
wirkte auf die Geleitsoldaten wohl beruhigend. Calvyn musste innerlich grinsen, weil er hier zur Abwechslung einmal den Meistern Schutz bot. Nur sein Stand als Ritter des Reichs und Berater des Königs in Fragen der Magie schützte sie vor dem Gesetz gegen die Ausübung von Magie. Sie waren auf seine Fürsprache angewiesen, und das verlieh ihm zeitweilig eine gewisse Macht über sie, auch wenn er wusste, dass er sie nicht ausnutzen durfte.
Schon bald hatten sie das Gefolge von Hauptleuten, die Baron Keevan und Lord Valdeer begleiteten, erreicht. Calvyn war überrascht und belustigt, als Hauptmann Strexis und Hauptmann Tegrani vor ihm salutierten. Er erwiderte den Gruß.
»Guten Tag, meine Herren. Schön, Euch zu sehen«, erklärte Calvyn mit einem breiten Lächeln.
»In der Tat, Sir Calvyn. Ich vermute, Eure Mission ist erfolgreich gewesen?«, antwortete Baron Keevan freundlich, aber mit gewohnt unbewegter Miene.
»Mylord, ich bin von meinem eigentlichen Vorhaben ein wenig abgelenkt worden. Aber ich würde Euch gern Bericht erstatten, wenn Ihr es wünscht.«
»Abgelenkt, so, so«, meinte Baron Keevan nachdenklich und beäugte Calvyns Reisegefährten. »Es ist sicher eine kurze Unterbrechung unseres Marsches wert, deinen Bericht zu erhalten. Hauptmann Tegrani, lass die Kolonne anhalten. Die Soldaten sollen sich rechts und links des Wegs auf der Wiese ausruhen.«
»Jawohl, Mylord, sofort«, antwortete Tegrani.
Der Hauptmann ritt los und rief den Sergeanten Anweisungen zu, die sie an die Korporale und Soldaten weitergaben. Es ging sehr geordnet zu, und schon bald befand sich nur noch eine Handvoll Hauptleute, der Baron, Lord Valdeer und Calvyns Reisegruppe auf dem Weg. Sie stiegen
ab und die Hauptleute ließen die Pferde in der Nähe anbinden. Calvyn machte die Anwesenden miteinander bekannt.
»Lord Valdeer, Baron Keevan, darf ich Euch die Großmeister Akhdar, Jabal und Kalmar vorstellen? Das ist Magier Lomand, und das hier die Gefreite Jenna, die ich mir aus Euren Diensten gewissermaßen ausgeliehen habe. Ich hoffe, es stört Euch nicht.«
»Überhaupt nicht, Calvyn. Ich bin froh, dass du noch am Leben bist, Gefreite Jenna«, erklärte Baron Keevan wohlwollend,
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