Das verplante Paradies
Ansichten. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als in die Vorlesungssäle zurückzukehren.
Das Prinzip der kostenlosen Hochschulerziehung, dessen Abschaffung die Situation des Jahres 1967 hatte entstehen lassen, geriet in Vergessenheit. Die Eltern zahlten, die Kinder wurden erzogen. Der zunehmende Wohlstand und das gleichmäßig wachsende Bildungsbedürfnis waren wenig geeignet, eine Veränderung in jener Institution zu bewirken, die Professor Galbraith „den stolzesten Beitrag dieses Staats zur öffentlichen Erziehung“ genannt hatte.
Die Studenten, die vor der Verwaltung zwar nicht gerade zu Kreuze krochen, aber durch eine Art intellektueller Erpressung doch dazu gezwungen wurden, das Unvermeidliche zu akzeptieren, suchten nach Ausweichmöglichkeiten innerhalb der Grenzen der Campus-Regeln. Die Fraternities blühten plötzlich wieder auf, beschäftigten sich aber nicht mehr ausschließlich mit Sport und Dingen, die das Studium ergänzen sollten.
Allmählich wurden sie immer verrückter. Sämtliche Fraternities ließen zwar individuelle Kleidung zu, entwickelten aber eine zunehmende Neigung zu Zeremonien und einen Ehrenkodex von ähnlicher Strenge wie die alten Heidelberger Burschenschaften.
Diese Entwicklung vollzog sich freilich nur langsam. Modeerscheinungen, die oft als Fortschritte mißverstanden wurden, fielen wieder in sich zusammen und verschwanden, während sich das Hauptthema, die Wiederauferstehung der Isolation und Abgeschiedenheit, stillschweigend ausbreitete. Der Student kehrte in eine abgesonderte Eigenwelt zurück.
Obwohl er die Einzelheiten nicht kannte, welche die problematischen Leute beschäftigten, denen er morgen gegenübertreten sollte, wußte Charlie über die Einstellungen doch recht genau Bescheid, denen er wahrscheinlich begegnen würde. Erstens: es würde schwer sein, die Meute zufriedenzustellen. Zweitens: die Leute würden sich bewußt launisch geben, um sicherzustellen, daß keinesfalls der Eindruck entstünde, es gefalle ihnen, was er zu bieten hatte.
Ihre Motive, die er freilich nicht zu analysieren vermochte, waren leicht erklärlich. In ihrem Wesen gab es noch so viel Embryonales, so viel, das sie selbst noch nicht begriffen (obwohl ihnen irgendein perverser Vorgang im Unterbewußtsein eingeben mochte, besonders leutselig aufzutreten), daß sie äußerst mißtrauisch und daher skeptisch waren. Und deshalb nahezu überhaupt nicht zufriedenzustellen – jedenfalls nicht mit vorhersehbaren Mitteln.
Wenn er sich all das klargemacht hätte, hätte Charlie seine Bemühungen vielleicht aufgegeben, anstatt darüber nur zu reden und nachzudenken. Was er eigentlich ständig tat. Was er auch im Yawning Room getan hat te, als Julie ihm erst Gelegenheit gegeben hatte, ihr Problem zu diskutieren und ihn dann angeschnauzt hatte, als er eine Lösung vorgeschlagen hatte.
Überhaupt, diese Lady! Woher nahm sie das Recht dazu?
Charlie schlenderte aus dem Raum der Rätsel in den Palast der Gleichungen. Der IBM-Computer hatte immer noch unbenutzte Parameter, und bei seinen Wanderungen war er auf Irving Adlers neue Geometrie gestoßen.
Er nahm das Buch vom Regal und schlug eine markierte Seite auf. Dann speiste er Kleins Erlanger Programm ein und fügte eine simple Gleichung hinzu. Es folgten Pascal und Pappus. Als er bis zu Desargues gelangt war, berührte ihn das Problem schon kaum mehr.
Die Geometrie war ihm ein Rätsel. Er war froh, daß er sie nicht zu verstehen brauchte. Der Computer wür de die Informationen speichern, die Gleichung auf einen Bildschirm übertragen und sie dann mit einem Zeitfaktor kombinieren, der die Spieler mit Strafpunkten versah, wenn sie die Gleichung nicht innerhalb von dreißig Sekunden gelöst hatten.
Für die Gleichung mußten sie zehn Cents bezahlen und für die Lösung zwanzig. Viele Studenten, die eine Niederlage nicht hinnehmen wollten, warfen noch einmal zehn Cents für eine Wiederholung ein. Dann erhielten sie noch einmal zwanzig Sekunden. Es funktionierte ausgezeichnet: Die besten Profite erzielte das System bei den Leuten, die heimlich zurückkamen und weitere zwanzig Cent einwarfen, um die Lösung zu erfahren.
Als die Parameter programmiert waren, ging Charlie zu den Wandbildern. Wieder Projektionsapparate. Jedes Bild enthielt einen oder mehrere Anachronismen. Manche waren statisch, andere dynamisch. Diejenigen, die Charlie am liebsten hatte, waren alte Western mit einem Stückchen falschem Dialog oder einem Star, dem man die falsche Stimme
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