Das verplante Paradies
möglichst bald einen umfassenden Bericht über die ganze verdammte Angelegenheit … und Ihre persönliche Zukunft wird sehr davon abhängen, wie Sie sich aus der Affäre ziehen. Haben Sie verstanden?“
„Vollkommen.“
„Ausgezeichnet. Sagen Sie bitte nicht, Sie hätten es nicht kommen sehen, wenn etwas geschieht.“
Korallen
Der Präsident kam Latimer bis zur Türschwelle des „Leather Room“ entgegen, ergriff energisch seine Hand und führte ihn zu einem Sessel. Dann kehrte er zu seinem traditionellen Schaukelstuhl zurück und schob eine Kiste mit Zigarren aus Kentucky über den Tisch.
Latimer dankte. Er fragte sich noch immer, was diese plötzliche Einladung ins Weiße Haus bewirkt haben mochte.
Keegan hatte bei Vangoj eine Nachricht für ihn hinterlassen. „Kommen Sie nach Washington.“
Und Latimer kam. Aber warum?
„Es ist wohl klar, warum ich Sie hierher gebeten habe“, sagte Keegan und saugte heftig an seiner Zigar re, um sie in Gang zu bringen.
Ich weiß nur eine einzige Sache, die ihn interessiert, dachte Latimer. „Simeon.“
„Genau.“
Latimer konnte den Blick nicht von seinem Gegenüber abwenden. Er verglich ihn mit den Bildern im Fernsehen und stellte fest, daß er kleiner war. Er fand auch, daß die Stimme sich weniger weich und wohlgenährt anhörte als sonst.
Dies war der Präsident. Sein Chef. Er wartete auf ein patriotisches Gefühl, aber er wußte schon, daß es ausbleiben würde. Idole waren aus der Nähe gesehen eigentlich immer eine Enttäuschung. Die Leute erwarteten einfach etwas anderes als einfache, ganz gewöhnliche Menschen.
„Ich möchte, daß Sie mir hier – von Mann zu Mann – erzählen, was Sie von diesem Simeon halten.“
Die ganze Angelegenheit war so arrangiert worden, als ob eine Intrige geplant sei.
Die Hintergründigkeit des ganzen Arrangements lag gerade darin, daß alles so offen sichtbar war. Keegan hatte Latimer in den „Leather Room“ geführt, einen späteren Anbau am neugestalteten Ost-Flügel des Weißen Hauses, der so aussah, als ob er ein privater Zufluchtsort des Präsidenten sei; ein Ort, an dem er nur solche Besucher empfing, die ihm persönlich besonders wichtig waren.
Latimer hatte festgestellt, daß man dieses Zimmer nur durch den Hintereingang erreichen konnte. Der Präsident, der bei niemandem mehr Intelligenz als bei sich selbst vermutete und bei den meisten Leuten eher weniger, hatte gehofft, durch diese Taktik eine Aura von Kabinettsintimität erzeugen zu können.
Der Versuch war fehlgeschlagen. Der inoffizielle Nachrichtendienst des Weißen Hauses bemerkte sofort, daß dort, wo zahlreiche offensichtlich wichtige Persönlichkeiten in aller Öffentlichkeit den Haupteingang benutzten, jene Leute, die den Hintereingang benutzten, wohl kaum den besonderen Respekt des Präsidenten genießen dürften. Und im allgemeinen war diese Ansicht auch durchaus berechtigt.
Die komplizierteren Details der Angelegenheit waren auch den Leuten vom hausinternen Nachrichtendienst entgangen. Keegan benutzte den Empfang an der Hintertreppe für solche Besucher, deren Status noch fraglich war; für solche, die unter bestimmten Umständen lebenswichtig sein konnten, und schließlich auch für solche, die nicht bemerken sollten, wie wichtig sie für ihn waren. Bei dieser letzten Gruppe wollte er auf diese Weise verhindern, daß sie Gebrauch von ihren Möglichkeiten machten.
Latimer war also über die Hintertreppe in das „gemütliche“ Zimmer des Präsidenten geführt worden. Wenn er ein wenig mehr Selbstbewußtsein gehabt hät te, wäre er vielleicht darauf hereingefallen. Statt dessen wußte er aber genau, wieviel er von sich zu halten hatte und was er für andere wert sein konnte. Wenn überhaupt, dann amüsierte er sich über die Manöver des Präsidenten. Diese Empfindung wurde freilich völlig von dem nagenden Gefühl gekränkter Eitelkeit überdeckt, das von der Erkenntnis genährt wurde, wie gering der andere von ihm dachte.
Der Sessel war tief und weich. Durch Äußerlichkeiten versuchte er sich über die innere Unzufriedenheit hinwegzutrösten. „Simeon ist wie ein plötzlicher Windstoß“, sagte er. „Er sagt vielleicht vieles, aber er tut nichts. Meiner Ansicht nach ist er unfähig.“
„Sie glauben also nicht, daß er uns in Zukunft noch Schwierigkeiten macht?“
„Ich würde sagen, es wäre idiotisch, noch mehr Zeit auf ihn zu verschwenden.“
„Mit anderen Worten: Er ist eine Un-Person.“
„Sir, ich weiß nicht,
Weitere Kostenlose Bücher