Das verplante Paradies
Bank. Latimer ging über den Rasen und setzte sich. Nach wenigen Sekunden setzte Freeley sich neben ihn.
„Tun Sie so, als ob Sie den Garten bewundern“, sag te er leise.
„Da brauche ich gar nicht so zu tun als ob. Ich finde ihn wirklich schön.“
„Sie verstehen: Es ist sicherer, wenn wir hier draußen reden. Die Chance, daß man uns belauscht, ist geringer. Da gibt es Zufälle. Sprechanlagen, die nicht abgeschaltet wurden. Wanzen in der Heizung.“
„Herrscht bei Ihnen Belagerungszustand?“ fragte Latimer.
Freeley gab keine direkte Antwort. Statt dessen nahm er ein großes Taschentuch heraus und trocknete sich damit die Hände. „Wie sieht unser Plan aus?“ fragte er, als er damit fertig war.
Latimer mußte wider Willen lachen. „Wissen Sie, wenn ich nun zufällig nicht derjenige wäre, als der ich mich vorgestellt habe, dann würde ich mich wohl ziemlich darüber wundern, wovon Sie eigentlich reden. Und noch etwas: Ich würde versuchen, es herauszufinden. Sie verstehen wohl nicht sehr viel von Tarnung, Dr. Freeley, oder?“
Der Wissenschaftler schluckte. „Solche Sachen sind in meinem Vertrag nicht vorgesehen. Ich bin Techni ker. Mit Verschwörungen habe ich nichts zu tun.“
„Sie brauchen sich keine Gedanken mehr zu ma chen. Wir haben eine Strategie, die alle Probleme löst.“
Die Erde sonnte sich im Morgenlicht. Zwischen den Blumen begann ein Sprinkler-System zu zischen und ließ die Tropfen wie Funken über den Rasen sprühen; es waren Funken ohne Feuer in der Farbe der Sonne und der Form des alten, frischen Regens.
„Darf ich erfahren, wie diese Strategie aussieht?“
Freeley war jetzt ruhiger. Die offensichtliche Ruhe seines Partners übte eine deutliche Wirkung aus.
„Ich wüßte nicht, warum ich es verschweigen soll te“, sagte Latimer. „Wir werden Simeon an allem die Schuld geben.“
„Simeon? Aber wie denn? Es handelt sich um technisches Versagen. Sollen wir behaupten, er hätte Sabotage –“
„Sie werden überhaupt nichts sagen, Dr. Freeley. Am besten Sie packen Ihre Koffer und verschwinden so unauffällig wie möglich. Erfinden Sie irgendeine Konferenz.“
„Aber meine Arbeit –“
„Ihre Arbeit ist abgeschlossen.“
Freeley schwieg eine Weile, er lehnte sich auf der Bank zurück und schloß im grellen Licht die Augen. „Simeon ist mir immer ziemlich egal gewesen“, sagte er. „Ich – er kam mir immer ein bißchen … verrückt vor. Ich verstehe schon, warum das Department gerade ihn ausgesucht hat. So einer bringt alles fertig. Ich glaube es selbst schon fast.“
„Aber Sie wissen es besser.“ Latimers Ton war überraschend scharf. Freeley entging das, aber Latimer war sich durchaus im klaren darüber. Aus irgendeinem Grunde beunruhigte ihn die Gelassenheit, mit der zu erst Keegan und jetzt auch Freeley bereit waren, Simeon in eine tödliche Position zu manövrieren, ohne daß sie ihn überhaupt kannten.
Wenn man auf diese planvolle Weise verurteilt wur de, konnte Unschuld nichts bewirken. Schmerzlich erinnerte sich Latimer daran, daß er bis vor kurzem selbst noch regelmäßig solche Intrigen inszeniert hatte.
Auch er hatte anfangs nach Gründen gesucht, um Simeon beschuldigen zu können. Bis zuletzt hätte er ihn gegenüber dem Department so darstellen können. Aber als er gesehen hatte, wie skrupellos sich andere diesem System unterwarfen, waren ihm Zweifel gekommen.
„Es wäre bestimmt nicht falsch, wenn ich mich daran gewöhnte, die Dinge unter diesem neuen Aspekt zu betrachten“, sagte Freeley.
„Wollen Sie damit andeuten, es sei Ihnen nicht recht, daß jemand anderes an Ihrer Stelle die Prügel einstec ken muß?“ Noch einmal wollte er die Reaktionen des Mannes testen.
„Nein, darum geht es doch gar nicht. Ein Mann wie Simeon sollte auf jeden Fall aus dem Verkehr gezogen werden, egal mit welcher Begründung. Aber wenn ich die richtige Story erzählen soll, muß ich mich ja wohl daran gewöhnen.“
„Kennen Sie ihn überhaupt?“
„Oh ja, ich habe ihm ein paarmal zugehört. Gräßlicher Unsinn. Er redet dauernd über Sünde und Tugend, Schwarz und Weiß usw. Er macht alles schrecklich einfach und reduziert es auf Glaubensfragen. Er setzt den Studenten da alle möglichen Ideen in den Kopf. Persönlich ist er mir egal, aber ich kann den ganzen Typ einfach nicht ausstehen. Das sind diese Leute, die nie etwas lernen und nie etwas tun. Diese Typen sitzen immer nur herum und entschuldigen sich und hoffen auf die Unterstützung der Dummen.
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