Das verplante Paradies
zusammen und schleuderte ihn in Richtung der Bar. „Ganz recht“, sagte er. „Lassen Sie sich nur Zeit. Wol len Sie nicht etwas trinken?“
Während sie auf die Flasche und die Gläser warte ten, bereiteten sie sich mit einigen kleinen Hinweisen auf ihren Bericht vor.
„Also dieser Simeon“, sagte Henny schließlich. „Zunächst einmal: Er ist harmlos. Wir haben ihn dazu gebracht, sehr intensiv über sich selbst und das, was er liebt, zu sprechen. Es handelt sich um Dinge, die man nicht greifen kann …“
„Er spricht von einem Glauben“, sagte Zak. „Er unternimmt nichts, weil er denkt, was er erreichen wolle, könne man nur durch Glauben erreichen.“
„Und was war mit Gogan und mit Charlie Haldane?“
„Ja, sehen Sie“, sagte Zak, „Gogan ist doch gar nichts passiert. Simeon hat Gogans Maskottchen mit Kaliumnitrat oder sonst irgendwas vollgestopft, weil er mit Julie was anfangen wollte. Das ist doch verständlich.“
„War ihm Julie denn damals so wichtig?“
„Warum hätte er es sonst getan?“
„Um seinen Platz auf der Schaukel zu behalten.“
„Na schön, so kann man es auch nennen. Wenn Sie damit zufrieden waren, warum haben Sie uns dann losgeschickt, um etwas anderes herauszufinden? Sie haben Ihre Theorien. Suchen Sie sich die beste heraus. Für die Mauern des Weißen Hauses dürften wohl beide nicht sehr gefährlich werden.“
„Angenommen, wir akzeptieren diese Eifersuchtsgeschichte, was hat er jetzt für ein Verhältnis zu dem Mädchen? Bestimmt sie alles, was er tut? Was ist das für ein Verhältnis? Es kommt mir irgendwie – ungewöhnlich vor.“
Zak warf einen flüchtigen Blick zu Henny hinüber. Dann leerte er sein Glas, zog den Wein nachdenklich durch die Zähne und wartete darauf, daß sein Freund etwas sagte.
„Simeons Verhältnis zu dem Mädchen ist eher eine Art Übereinkunft“, sagte Henny. „Er glaubt, er könne ihr seine Gefühle nicht zeigen, ehe er sich nicht von seinen anderen Aufgaben befreit hat …“
„Was für Aufgaben?“ fragte Latimer sofort. Henny zögerte. „Es handelt sich um unbewußte Dinge“, sagte Zak. „Sie würden das wahrscheinlich nicht verstehen.“
„Erzählen Sie nur. Wir werden ja sehen.“
„Nun ja – er hat bisher noch nichts Konkretes unternommen. Was er getan hat, hat bei nichts und niemand Spuren hinterlassen, außer bei ihm selbst. Er hat geflucht oder vielleicht eine böse Geschichte erzählt. Vielleicht hat er auch nur einen unwürdigen Gedanken gehabt. Solche Dinge beschäftigen ihn. Er braucht einen Ausweg. Und die Schaukel ist dieser Ausweg; denn sie erleichtert es ihm, über diese Dinge zu sprechen. Ich kann Ihnen genau sagen, warum die Leute ihm zuhören. Weil sie alle selbst solche Schuldgefühle haben. Simeon spricht als ihr Stellvertreter. Und weil dadurch jeder etwas von sich selbst in diesen Ansprachen wiederfindet, hört jeder auch zu. In der Macht, die er besitzt, liegt also gar nichts Gefährliches. Es handelt sich eigentlich gar nicht um Macht. Er ist nur das Sprachrohr eines allgemein menschlichen Schuldbewußtseins. Wenn er spricht, können alle Reue empfinden, und wenn er weint, können alle gereinigt werden.“
„Es hat euch ganz schön erwischt, was?“ sagte Latimer. Zak ballte die Fäuste unter dem Tisch. Sein Mund wurde trocken.
„Ich habe nur gesagt“ – die Worte hörten sich an, als kämen sie aus großer Entfernung – „daß er das Unterbewußtsein anspricht. Seine Wirkung ist nicht gewaltsam. Sein Glaube ist gänzlich pazifistisch. Alles was er den Leuten rät, ist innezuhalten und sich zu besinnen …“
„Also eine Art Apostel“, sagte Latimer.
„Verdammte Scheiße …“ Henny knallte sein Glas mit einem Ruck auf den Tisch. „Gar nichts ist er. Gar nichts! Möchten Sie ihn vielleicht als Terroristen haben? Tut mir leid – er hat nicht die Absicht, jemanden umzubringen. Sollen wir ihn zum Kommunisten machen? Kommunisten glauben nicht an den lieben Gott. Ein Prediger? Er blendet die Leute nicht mit Kerzenflimmern und Weihrauch. Er erinnert sie nur an etwas, was sie vielleicht vergessen haben. Ein Anarchist? …“
„Schon gut, schon gut. Sie verteidigen ihn sehr eindrucksvoll.“
Henny lehnte sich im Stuhl zurück. Er schenkte sich nach, wobei er Latimer ständig beobachtete. Auch als er trank, wandte er die Augen nicht von dem anderen.
„Was wollten Sie eigentlich über Simeon hören?“ fragte er.
Latimer fuhr mit der Zunge über die Lippen. Er konnte zugeben, daß
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