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Das verräterische Tonband

Das verräterische Tonband

Titel: Das verräterische Tonband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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schüttelte plötzlich den
Kopf, als versuche sie, ihre Gedanken zurechtzurütteln .
»Wovon reden Sie da ?«
    »Ein Rückschritt. Es fing damit
an, daß Sie nackt auf dem Teppich lagen«, sagte ich mit sehnsuchtsschwerer
Stimme. »Und nun stehen Sie im Morgenrock da! Wenn das kein Rückschritt ist,
dann weiß ich nicht, was einer ist .«
    Ich trat unter den Portico , schloß fest die Tür hinter mir und kehrte zum
Wagen zurück. Dann änderte ich plötzlich meine Absicht, ging wieder zum Portico zurück und klingelte an der Haustür. Sie wurde so
schnell geöffnet, daß Marcia im Begriff gewesen sein mußte, mir zu folgen.
    »Ich wußte nicht, daß Sie das
für einen Rückschritt gehalten haben, Rick .« Ihre
Stimme klang sanft, ihre vergrößerten Augen waren warm und verschleiert. »Das
ändert irgendwie alles. Ich meine, nichts kann mich davon abhalten, ein retrogressives Trauma auszulegen .«
    Ihre Hand fummelte einen
Augenblick lang an dem Knoten an ihrer Taille herum, und dann klaffte der
Morgenrock vorn von unten bis oben auf, mir einen flüchtigen Blick auf die
Rundung ihrer Brüste, den hellen Schimmer ihres sanft gerundeten Bauches und
ihrer straffen Schenkel frei gebend.
    »Warum bleiben Sie in der Kälte
draußen stehen, Rick ?« fragte sie mit weicher,
sinnlicher Stimme. »Vielleicht können wir gemeinsam den Rückschritt antreten ?«
    »Ich bin zurückgekommen, um
eine Frage zu stellen«, sagte ich. »Was ist zwischen Harvey Mountfort und Ihnen, was ihn bewegt, dauernd durch diese Glastür hereinzuplatzen? Larsen
behauptet, es sei ein Sextrieb , aber als ich mir das
gerade durch den Kopf gehen ließ, schien es mir nicht stichhaltig. Es klingt zu
sehr nach einer komischen Szene aus einem alten pornographischen Film! Solche Szenen
könnte der alte Harv spielen, aber Ihr Stil ist das
keineswegs .«
    Sie zog mit einer verzweifelten
Bewegung den Morgenrock vorn wieder zusammen, als stelle sie sich die Frage,
was einem Mädchen denn wohl noch übrigbliebe, wenn ihr nackter Körper mich nicht
ablenken konnte.
    »Sie«, ihr Mund zitterte
unbeherrscht, »Sie widerwärtige Dreckschleuder !«
    »Wenn er also nicht ins
Arbeitszimmer hereingeplatzt kommt, um mit Ihnen auf dem Teppich zu spielen«,
sagte ich brutal, »wozu kommt er dann? Vielleicht haben Sie beide einen
gegenseitigen Rückversicherungsvertrag abgeschlossen? Ist es das ?«
    Ihre Augen hinter den dicken
Brillengläsern schossen hin und her, dann trat sie plötzlich zurück und schlug
mir die Tür vor der Nase zu. Ich wartete einen Augenblick, kehrte dann zum
Wagen zurück und fuhr heim.
    Das Haus war still, als ich die
Kommodenschublade öffnete und die Achtunddreißiger und die Gürtelhalfter herausholte. Zumeist, wenn ich nachts allein in meinem
Haus bin, flüstert es mir freundschaftlich zu; aber ich glaube, was Pistolen
anbetrifft, hegt es dieselben Empfindungen wie ich — sie machen es nervös. Eine
unbehagliche Logik liegt im Tragen von Schußwaffen ,
und sie fiel mir ohne jede Schwierigkeit ein. » Du trägst eine Pistole, weil du es für möglich hältst, daß du damit auf
jemanden schießen mußt ?« Mit der Antwort
tritt man geradewegs in die bereitgestellte Falle. » Na sicher, aber nur in Notwehr!« Eine kurze Pause. »Du meinst — «, spöttisches
Grinsen, »jemand könne vielleicht
zuerst auf dich schießen ?«
    Ich schloß flüchtig die Augen
und erhielt ein überaus klares Bild von einem geübten Psychiater, der,
verbissen nach Wild fahndend, entschlossen auf Händen und Knien durchs
Unterholz kriecht. Und dann einen anderen Amateurjäger, der sieht, wie sich im
Unterholz etwas bewegt, und darauf losschießt, ohne zu überlegen. Und dann, in
einem plötzlichen Übergang, war ich der andere Jäger — beobachtete gelassen den
Kopf des Psychiaters, durch das an meinem Gewehr angebrachte Zielfernrohr
vierundzwanzigfach vergrößert, und wartete in hundert Meter Entfernung auf den
richtigen Augenblick, um abzudrücken. Auf diese Entfernung und durch das
Zielfernrohr gesehen, hatte ein Mord etwas völlig Unpersönliches und bedeutete
nicht mehr, als eine Ameise zertreten.
    Ich zwang mich, die Augen
wieder zu öffnen, und erklärte mir, das alles hätte
nichts zu bedeuten. Vielleicht war Reiner ermordet worden, vielleicht auch
nicht. Ich hatte im Augenblick keine Möglichkeit, das in Erfahrung zu bringen. »Aber«, so fügte meine innere
Stimme hinzu, »wenn es so gewesen
ist, kann es erneut passieren. Nicht wahr? Und du hast dir redlich

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