Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
könnte selbst ein Blinder als billiges Schauspiel entlarven. Besser gesagt, eine blinde FRAU. Männer sind für solch falsche Schwingungen wenig empfänglich und finden jedes weibliche Wesen, das nicht wie ein umgestürzter Napfkuchen aussieht, grundsätzlich erst einmal nett. Widerlich!
Ungeduldig winke ich dem Kellner. Ich muss jetzt dringend meine Nerven massieren, das Zucken meines rechten Augenlids schränkt meine Coolness doch ein wenig ein. Nach kurzer Überlegung bestelle ich drei Gläser, eines trinke ich unauffällig auf ex, während ich darauf achte, von Martin dabei nicht gesehen zu werden. Ein kleiner Promille-Vorsprung kann nicht schaden.
Mein Sturztrunk bleibt nicht unbemerkt, denn plötzlich tritt ein Mann neben mich und begutachtet schamlos meinen Körper. Was er sieht, scheint ihm zu gefallen und auch mein kühler Blick schreckt ihn nicht ab.
"Hallo, ich bin Heinz", stellt sich der Mann vor.
Ich nicke knapp. Heinz sieht so alt aus, wie sein Name es verspricht und ich frage mich, wie er um alles in der Welt auf die Idee kommt, ausgerechnet mich anzusprechen. Vermutlich erinnere ich ihn an die Betreuerin in seinem Altenheim oder gar an die Freundin seiner Enkelin? Durch die zentimeterdicken Brillengläser sollte selbst einem älteren Herren wie ihm, der kleine Altersunterschied zwischen uns auffallen. Die dreißig Jahre Abstand versucht Heinz durch Scharfsinn und Humor auszugleichen.
"Sind Sie auch wegen den Bekanntschaften hier?" fragt er geistreich, während ihm sichtlich das Wasser im Mund zusammenläuft.
Demonstrativ blicke ich auf mein Namensschild und die Bewertungskarte in meiner Hand.
"Nein bedaure, ich bin der Klempner und komme wegen dem Wasserrohrbruch", säusle ich mit honigsüßer Stimme.
Nach einer kleinen Ewigkeit begreift auch Heinz meinen Witz und bricht in lautes Gebrüll aus. Während sich die Pfütze in seinem Mund gleichmäßig auf meiner Kleidung verteilt, registriere ich, dass es sich bei dem Blöken um sein Lachen handelt und ich weder die Security noch 112 rufen muss.
Unweigerlich trete ich einen Schritt zurück und suche den Raum nach Martin ab. Ich erblicke ihn an der Garderobe, dicht neben einer attraktiven Brünetten in enger Jeans und einem sexy Oberteil. Schlagartig komme ich mir in meinem Kleid, welches dem Anschein nach die ältere Generation anzusprechen scheint, unglaublich blöd vor. In der Zwischenzeit gesellt sich ein weiterer rüstiger Rentner zu uns und stellt sich als Otto, der Skatpartner von Heinz, vor. Wie Otto augenzwinkernd erklärt, haben die beiden Teufelskerle bei ihrem letzten Stammtisch beschlossen, ein wenig Prickeln in ihre Freizeitaktivitäten zu bringen und ich beginne nun auch Martins Glas zu leeren.
"Was halten Sie denn von einer Partie zu dritt?", fährt er mit seinen anzüglichen Witzen fort und ich frage mich, ob es ab dem sechzigsten Lebensjahr zum guten Ton gehört, jeglichen Anstand und Respekt gegenüber jüngeren Frauen an der Garderobe abzugeben.
"Er meint nur Skat", klärt mich Heinz mit frostiger Mine auf.
Dass der Kumpel in seinem Revier wildert, missfällt ihm sichtlich, doch Opa Otto ignoriert den vorwurfsvollen Blick gekonnt. Während die Männer ihr Blickduell ausfechten, versuche ich unauffällig die Bühne des Trauerspiels zu verlassen. Unglücklicherweise war ich noch nie ein Meister im Rückwärtslaufen und so trete ich einer aufgedonnerten Blondine unsanft auf die rosafarbenen Schuhe.
"Autsch!", schreit diese, für mein Empfinden zu laut, und beugt sich nach vorne, um ihre zermalmten Zehen zu massieren. Diesen Augenblick nutzt der Inhalt ihrer Bluse für ein kleines, aber dennoch wirkungsvolles Coming-out und ergattert so die ungeteilte Aufmerksamkeit von Heinz und Otto. Während die zwei der Dame zu Hilfe eilen, nutze ich die Gelegenheit, um mich davonzuschleichen. Auch wenn ich dankbar für die Erlösung bin, gleicht ihr plötzliches Desinteresse einem Schlag in mein Gesicht. Meine einzigen Verehrer bin ich los, während sich zwischenzeitlich zwei weitere Frauen zu Martin gesellt haben. Mit Freuden beobachte ich, wie sich mein Nachbar unwohl hin und her windet und mich mit den Augen um Hilfe anfleht. Ich beschließe, Martin noch etwas schmoren zu lassen, bevor ich ihn aus der parfümierten Versammlung von XX-Chromosomen retten will. Bevor ich dazu komme, ertönt ein Gong und ein junger Mann in Anzug und Krawatte betritt das Feld.
"Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass Sie heute so zahlreich erschienen sind und
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