Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
möchte Sie an dieser Stelle herzlich zu unserem Lucky-Speeddating begrüßen. Wahrscheinlich hat der eine oder andere unter Ihnen von dieser spannenden Art des Kennenlernens gehört. Dennoch möchte ich Ihnen kurz die Regeln erklären: Die Damen setzen sich bitte an die Tische eins bis fünfzehn, die Herren ebenfalls. Sie haben jeweils sieben Minuten Zeit, sich gegenseitig vorzustellen und das Interesse des anderen zu wecken."
An dieser Stelle stößt Heinz wieder sein brüllendes Lachen aus und ich fahre erschrocken zusammen. Eines weiß ich genau, ich werde bei unserem Gespräch auf keinen Fall etwas Witziges sagen.
"Nach Ablauf der Zeit ertönt ein Gong, der zum Partnerwechsel auffordert. Gleichzeitig notieren Sie auf Ihren Zetteln, ob Sie Ihr Gegenüber gerne wiedersehen möchten oder nicht. Anschließend wird im Uhrzeigersinn aufgerückt, so dass sich alle männlichen und weiblichen Singles in neuer Konstellation gegenüber sitzen. Das Ganze wiederholen wir so lange, bis jeder mit jedem einmal gesprochen hat. Alles klar soweit?"
Der Moderator blickt von seiner Karte auf und holt tief Luft. Ich habe das Gefühl, dass auch er keineswegs freiwillig hier ist und zwinkere ihm aufmunternd zu. Ohne auf meine freundliche Geste einzugehen, klatscht der blasierte Affe in seine Hände und mein Mitleid verpufft.
"Dann geht’s jetzt los!", fordert er auf und die Teilnehmer setzen sich in Bewegung.
Ich steuere zaghaft einen Tisch am Rand an und harre meines Schicksals. Die folgenden Minuten lassen sich mit einem Wort treffsicher beschreiben: GRAUENHAFT.
Mit jeder neuen Bekanntschaft wird mir klarer, warum es so viele verzweifelte Singles gibt und vor allem, warum diese lieber verzweifelt und Single bleiben. Otto und Heinz sind noch die harmlosesten Exemplare. Beide haben es sich in den Kopf gesetzt, das Herz des freizügigen Blondchens zu erobern, so dass sich ihre anzüglichen Witze bei unserem Gespräch im Rahmen halten. Der Rest der "Herrlichkeiten" ist bunt gemischt und wie man es aus dem Fernsehen kennt. Von dem vierzigjährigen Muttersöhnchen, das am liebsten mit Mama zum Bingo geht, über den kräftigen Metzger, mit Händen so groß wie Pranken und stahlblauen Augen, die einem eine Gänsehaut über den Rücken jagen, ist alles da. Nicht zu vergessen der Computerfreak, dessen Schuppenkleid dichter ist, als ich nach zehn Flaschen Bier. Die einzig schöne Zeit verbringe ich mit Martin, dem seine Rolle offensichtlich Spaß macht. Die anderen Frauen haben ihn wie erwartet zum Sahnestück der Runde erklärt und bezirzen ihn von allen Seiten. Ein blutiges Steak im Löwengehege könnte nicht beliebter sein.
"Und, ist was dabei?", raunt er mit gekräuselter Stirn über den Tisch.
Demonstrativ blicke ich in die Runde und Martin versteht sofort.
"Sorry, war 'ne blöde Frage. Ist bei der bescheidenen Auswahl auch kein Wunder. Kopf hoch, Charlotte, vielleicht ergibt sich am Wochenende was", meint er tröstend.
"Am Wochenende?", frage ich verwirrt.
"Hast du die lange Lucky-Night vergessen? Fünfzig sorgfältig ausgesuchte Singles, vierundzwanzig Stunden eingesperrt. Wenn das nicht erfolgsversprechend klingt, weiß ich auch nicht."
"Aber …", setze ich an, werde jedoch von dem lauten Gong übertönt.
Martin rückt weiter und mir fällt es in den kommenden Minuten mehr als schwer, den Ausführungen des Kleintierzüchters auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches zu folgen. Ständig muss ich an das bevorstehende Ereignis denken. Ich werde eine ganze Nacht mit Martin eingeschlossen sein. Was für eine unglaubliche Chance! Vergessen sind die balzenden Damen ringsum an den Tischen. Sie haben schon verloren, sie wissen es nur noch nicht. Mehrmals ertappe ich mich dabei, grundlos in die Runde zu strahlen. Erst als mein Blick auf Henrys blaue Augen trifft, werde ich mir meiner Außenwirkung bewusst. Erschrocken kneife ich den Mund zusammen, während der Metzger mir mit gerötetem Gesicht zuzwinkert.
Na toll, ich kann mir gut vorstellen, wen Henry heute auf seine Kennenlernliste setzt. Und seine Reaktion auf meine Abfuhr möchte ich mir lieber nicht ausmalen.
"Jetzt noch mal zum Mitschreiben. Fünfzig wildfremde Leute, eingesperrt auf einem Haufen, nachts?"
Elke blickt fragend um sich, bevor sie fortfährt.
Ich nicke.
"Was zum Teufel soll denn daran romantisch sein?"
Genervt puste ich eine imaginäre Haarsträhne aus meinem Gesicht.
"Hmm, ich weiß nicht, einfach alles?!", fahre ich sie an.
"Und wann soll der Schwachsinn
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