Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
hochmütig.
Ich bin vielleicht nicht unbedingt, was man im Volksmund als Sportskanone bezeichnet, aber wie ein unsportlicher Fleischklops sehe ich auch wieder nicht aus.
Prinz Charming korrigiert sich hastig: "Ich wollte Sie nicht kränken, Charlotte. Ich war nur überrascht, weil Sie so eine zierliche Figur haben", meint er zerknirscht und ich bin wieder versöhnt.
"Welche Routen sind Sie denn schon geklettert?"
Besorgt lege ich meine Stirn in Falten, die Richtung, in die sich das Gespräch entwickelt, gefällt mir gar nicht. Hektisch zermartere ich mein Hirn nach hängen gebliebenen Informationen.
"Tja, also meine letzte Tour war …"
Was stand bloß in diesem blöden Artikel?
"Eine Kletterwand!", rufe ich schließlich voller Stolz auf mein anscheinend noch intaktes Langzeitgedächtnis hervor.
Max wirkt etwas irritiert und ich rutsche nervös auf meinem Stuhl umher.
Ich lüge nicht gerne, der Grund hierfür ist einfach: weil ich es nicht kann. Schon in der Schule wurde ich rot, wenn ich eine Krankmeldung bei unserem Lehrer abgeben musste. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich meine Gesichtsfarbe gegen die eines Feuermelder eintauschte, während die üblichen Verdächtigen um mich herum, nicht einmal mit der Wimper zuckten. Dabei klang meine Angina weitaus überzeugender, als die chronischen Schweißausbrüche von Annette vor mir.
Max bemerkt von meiner Panik nichts.
"Wie ist Ihre Zeit?", will er wissen.
Verdutzt schaue ich auf meine Uhr.
"Halb zehn", antworte ich perplex.
Habe ich mein Gegenüber etwa so gelangweilt, dass dieser unser Gespräch schon beenden will? Da gebe ich mich als erfahrener Speedkletterer aus und das reicht auch nicht? Was ist dies doch für eine grausame Welt für Singles!
Max lacht laut auf.
"Nein, ich meine nicht die Uhrzeit. Ich wollte wissen, wie Ihr Streckenrekord über fünfzehn Metern lautet."
Oje, so leicht lässt der Herr Gipfelstürmer nicht locker, als ob die Zeit so wichtig wäre! Was ist bloß aus dem guten alten Motto "Der Weg ist das Ziel " geworden? Konfuzius hatte sicher auch keine Stoppuhr in der Hosentasche. Um Zeit zu gewinnen, trinke ich einen großen Schluck, dann wage ich eine vorsichtige Schätzung.
"So ‘ne Viertelstunde?", nuschle ich in mein Glas und bete, mit dieser Angabe nicht um Lichtjahre daneben zu liegen.
"Fünfzehn Minuten?! Donnerwetter, da sind Sie um einiges schneller als ich!"
Max brüllt schier vor Begeisterung. Erregt greift er meinen Arm.
"Wir müssen unbedingt zusammen The Nose erklimmen! Die Tour habe ich mich bisher nie getraut, aber mit einem Profi wie Ihnen an meiner Seite kann gar nichts schiefgehen."
Seine Augen blitzen freudestrahlend.
"Ach, Sie klettern auch?", frage ich und registriere unwillig das Zittern in meiner Stimme.
Die Unterhaltung entwickelt sich allmählich zu einem echten Desaster. Auf der Suche nach einer Ablenkung sehe ich mich verzweifelt um.
"Na ja, mehr schlecht als recht, muss ich gestehen. Neben Ihnen muss ich mich verstecken", meint Max augenzwinkernd. "Man braucht eben einen Ausgleich neben der Arbeit, oder?"
Er seufzt tief und ich ergreife die Chance, das Thema zu wechseln.
"Meine Rede! Sport ist wichtig, um den Kopf wieder frei zubekommen. Nur an der frischen Luft kann ich vom Alltag abschalten und neue Energie tanken", wiederhole ich die Worte einer berühmten Schauspielerin in der letzten Frühstücksfernsehsendung.
Vor Ekel hätte ich damals beinahe meinen Buttertoast weggelegt, habe mich dann aber für einen Programmwechsel entschieden. Leute, die Sport treiben, sind schrecklich mit sich selbst im Reinen. Körper und Geist sind im Einklang und bla bla bla. Ich sehe es schon als persönlichen Sieg an, die dritte Etage ohne Fahrstuhl zu erreichen und danach fühle ich mich überhaupt nicht frei und schwerelos, von Glückshormonen ganz zu schweigen.
Max nickt verständnisvoll.
"So eine Sieben-Tage-Woche kann ganz schön an den Kräften zehren. Aber wem sage ich das! Als Leiterin einer ganzen Abteilung kommt man bestimmt nur selten zur Ruhe."
Ich nicke zaghaft, während seine Worte an mein Hirn klopfen.
"Ihr Assistent, Herr Kreutzer, kann von Glück reden eine solch kompetente und charmante Vorgesetzte zu haben."
Inzwischen steht mein Mund sperrangelweit offen und das Nicken fängt an weh zu tun. Misstrauisch betrachte ich Max' Gesicht. Will er mich auf den Arm nehmen? Er kann unmöglich denken, ich wäre Herrn Kreutzers Chefin.
Mein Gegenüber missversteht meinen prüfenden Blick: "Herr Kreutzer hat
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