Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
zu tun, aber das gibt es immer. Er muss nur prüfen, was sich auf morgen verschieben lässt und den Rest seiner Aufgaben an andere delegieren. Mit dieser Eingebung springt Paul auf. Sein Entschluss ist gefasst. Den restlichen Bagel stopft er sich hastigen Schrittes in den Mund und beendet so die kurze Mittagspause.
Wenig später stößt Paul beschwingt seine Bürotür auf. Sofort bemerkt er das mahnende Blinken auf seinem Anrufbeantworter und ein mulmiges Gefühl übermannt ihn. Einen kurzen Augenblick ist er versucht, das rote Lämpchen zu ignorieren, doch Sekunden später greift er pflichtbewusst zum Hörer. Und richtig, eine tiefe Männerstimme bestätigt in wenigen Sätzen seine böse Vorahnung. Eine mehrtägige Dienstreise nach Schweden wurde kurzfristig angesetzt und Paul soll die Firma vor Ort vertreten.
Paul erstarrt, dann legt er wütend den Hörer auf. Kann diese Aufgabe denn keiner seiner Kollegen übernehmen? Wenn es um das Aerotec-Projekt ginge, könnte er noch Verständnis aufbringen, aber eine Neukundenakquise? Er ist doch kein Anfänger mehr und sein Schreibtisch quillt über vor Arbeit. Und überhaupt, wer soll sich in der Zwischenzeit um die neuen Entwürfe kümmern, gerade jetzt befindet sich das Projekt in einer wichtigen Phase. Zusätzlich nagt ein spitzer Zahn an Pauls Ego. Durch seinen peinlichen Auftritt heute Morgen hatte er wertvolle Pluspunkte bei seinem Vorgesetzten verloren. Er muss unbedingt seine Kompetenz wieder unter Beweis stellen und das kann er nicht, wenn er sich am anderen Ende der Welt befindet.
Quälende Zweifel steigen in Paul auf, könnte sein Versagen sogar der Auslöser gewesen sein? Will Herr Kreisig ihm das Aerotec-Vorhaben entziehen? Da reißt er sich den Hintern für die Firma auf und ein einziger Fehler genügt, um ihn aus dem Rad zu werfen? Frustriert stiert Paul auf das Telefon. Er hätte gute Lust in Herrn Kreisigs Büro zu stürmen und ihm seine Meinung zu sagen. Nur die Erfahrung der vergangenen Jahre rät ihm davon ab. Emotionale Ausbrüche perlen bei seinem Chef ab wie Fett von einer beschichteten Pfanne und meist bewirkt dies nur das Gegenteil. Gerade jetzt muss Paul seinen Vorgesetzten von seiner Souveränität und Professionalität überzeugen und ein Wutanfall ist garantiert nicht der geeignete Weg. Mehrmals holt Paul tief Luft und zwingt sich so zu langsamen Atemzügen. Die Entrüstung lässt allmählich nach und Paul macht sich mit staksigen Beinen auf den Weg.
Bevor er an Herrn Kreisigs schwere Tür klopft, verlangsamt Paul seine Schritte. Hoffentlich stellt sich das folgende Gespräch nicht als Fehler heraus, immerhin hatte sein Chef heute Morgen deutlich gemacht, was er derzeit von ihm hielt. Ein zusätzlicher Aufstand, könnte als Arbeitsverweigerung angesehen werden und würde sein Bild nicht unbedingt in ein besseres Licht rücken. Dennoch, Paul kann die Entscheidung nicht hinnehmen, ohne zumindest nachzufragen.
Energisch öffnet er die Tür und betritt das Zimmer. Herr Kreisig sieht nicht einmal auf, als Paul Platz nimmt. Konzentriert studiert er seinen Bildschirm, während Paul nervös auf seinem Stuhl verharrt. Nach einer gefühlten Ewigkeit hebt der beleibte Mann unwillig den Kopf und brummt mehr zu sich selbst: "Die von der Zentrale machen mich fertig. Jeden Tag kommen die mit einem anderen Blödsinn daher, als ob ich nicht genug um die Ohren hätte! Also was gibt’s, Büttner?"
Die letzten Worte richtet er an Paul, den der barsche Ton an seine Zeit bei der Bundeswehr erinnert. Anstatt zu salutieren, räuspert sich Paul. Bei solch einer Laune sieht er seine Chancen schwinden, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr.
"Ich habe ähnliche Probleme mit den Jungs. Gerade habe ich eine Nachricht von Herrn Jungmann vom Haupthaus erhalten, dass ich auf eine Dienstreise nach Schweden soll. Morgen soll …"
Weiter kommt Paul nicht.
"Was?!", brüllt Herr Kreisig und eine blaue Ader tritt an seinem Hals hervor. "Jetzt spinnen die wohl endgültig! Wer hat sich denn diesen Mist ausgedacht?"
Noch während er die letzten Worte spricht, greift er zum Hörer und Paul sinkt in seinen Stuhl zurück. Er ahnt, dass es sich hierbei um einen prinzipiellen Machtkampf handelt und sein Problem nur als willkommener Auslöser angesehen wird. Dennoch ist er erleichtert, dass Herr Kreisig ihn nicht wegschicken will. Nur das zählt im Moment.
"Mira, verbinden Sie mich mit Herrn ...? Jungmann, sagten Sie Büttner? Das werden wir ja sehen! Die können doch nicht so einfach mir
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