Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
und auf dem Weg die Welt zu retten. Vielleicht nicht gleich die ganze Welt, aber zumindest die Firma. Und das ist doch ein Anfang.
Endlich in Sicherheit und ein wenig aus der Puste lehne ich mich von innen gegen die Kabinenwand. Das ist bereits das zweite Mal, dass ich heute Schutz in sanitären Einrichtungen suche. Ich sollte das nicht zur Gewohnheit werden lassen. Doch jetzt muss ich mich erst einmal einem wichtigeren Projekt widmen, um meine Psyche kann ich mich später kümmern. Nachdenklich wandere ich auf und ab und trage sorgfältig alle Fakten zusammen.
Das kann einfach kein Zufall sein: Eine wichtige Mappe wird in das Postzimmer gebracht, die Empfänger lauten Emma Reiss und Judith Wolff. Die besagten Unterlagen kommen bei den Mitarbeiterinnen allerdings nie an und auch als das gesamte Gebäude den Kopf gestellt wird, bleiben die Entwürfe wie vom Erdboden verschluckt. Am selben Tag fährt ein vertrauter LKW auf den Hof der Agentur, lädt legitim mehrere Kilo Papiere, Ordner und anderen Kram ein und verschwindet, ohne dass jemand auch nur Notiz davon nimmt. Warum auch, man kennt sich inzwischen und die Firma Reisswolf macht nur ihren Job, indem sie alles mitnimmt, was sich in dem Container mit der Aufschrift "Reisswolf" befindet.
Mir wird schwindelig und ich muss mich auf den Rand der Klobrille setzen. Ich bin ein verdammtes Genie, fast bekomme ich Angst vor mir. Ich war schon immer gut im Beschaffen von Informationen und cleveren Kombinieren, doch dieses Mal übertreffe ich mich selbst.
Während ich eiskaltes Wasser über meine Handgelenke laufen lasse, betrachte ich mich ehrfürchtig im Spiegel. Ich bin eine Waffe und nun ist es an der Zeit diese Waffe zum Wohle der … Genug Charlotte, ich wende meinen Blick ab. Ab sofort werden nachts keine Actionfilme mehr geschaut.
Auf dem Rückweg in meinem Büro, spähe ich aufmerksam in jede offene Tür. Hier wird getippt, dort wird geschnackt, nichts Auffälliges ist zu entdecken. Anscheinend ist niemand - außer mir - bislang auf des Rätsels Lösung gekommen. Aber darauf darf ich mich nicht verlassen. Diese Hennen sind nicht unterschätzen, wie heißt es doch so treffend: "Auch ein blindes Huhn trinkt mal einen Korn".
Ich habe keine Zeit zu verlieren, ich muss sofort zur Firma Reisswolf.
Frau Grube ist alles andere als erstaunt, als ich verkünde, dass mir unwohl sei und ich an die frische Luft gehen werde. Im Gegenteil, sie kann ein erleichtertes Aufatmen nicht verbergen. Ich überlege etwas Gemeines zu sagen, unterlasse es aber. Viel schöner wäre es doch, diesen Moment später in meine Rede vor den Vorständen einzubauen.
"Und zum Abschluss möchte mich auch bei Frau Grube entschuldigen. Für den Schrecken den ich Ihnen eingejagt habe, als ich so fluchtartig aus dem Büro stürmte um die Verfolgung aufzunehmen. Ihren Roman, den Sie vor Schreck mit Kaffee übergossen haben, ersetze ich Ihnen natürlich."
Dann werden alle erleichtert lachen, außer Frau Grube natürlich, die verlegen den Blicken Herrn Brunners ausweichen wird, während sie verzweifelt versucht, sich an den Roman zu erinnern.
Mit diesem Bild im Kopf, zwinkere ich ihr noch ein letztes Mal zu, bevor ich die Tür hinter mir schließe.
Als Paul zufrieden den Blick von seiner Zeichnung hebt, ist es nach vierzehn Uhr. Sein Magen quittiert die vorangeschrittene Uhrzeit mit einem lauten Knurren. So laut, dass selbst Paul sich über das Geräusch erschreckt. Du hast ja recht, denkt er und reibt sich die müden Augen. Jetzt wäre eine kurze Pause angebracht. Es würde niemanden etwas nützen, wenn er vor Hunger zusammenbricht. Seine Kollegen haben ihre Mittagspause bereits hinter sich, das kann Paul aus dem hohen Lärmpegel auf dem Flur schließen. Wie jedes Mal hat keiner an seine Tür geklopft und gefragt, ob er mitkommen wolle, aber das ist Paul heute mehr als recht. Nach der miesen morgendlichen Vorstellung meidet er vorerst den Kontakt zu den anderen. Auf die verstohlenen und fragenden Blicke, legt er keinen Wert, es würde sich sowieso niemand trauen, ihn direkt anzusprechen. Und manche seiner Kollegen können ihre Schadenfreude weniger gut verbergen, darauf kann Paul getrost verzichten.
Traurig denkt Paul an frühere Zeiten zurück. Das Verhältnis untereinander war damals anders. Freundschaftlich und hilfsbereit. Niemals hätten sie einander hängen lassen. Aber mit seinem Erfolg, wurden die früheren Kameraden auf einmal sehr verhalten im täglichen Umgang mit ihm. Paul kennt den Grund:
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