Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Herren Vorgesetzten erst einmal schön schmoren und ob ich den Ordner überhaupt rausrücken und nicht doch lieber verbrennen werde, muss ich mir noch ernsthaft überlegen. Doch erst einmal muss ich in seinen Besitz gelangen, bevor ich mir über meine weitere Strategie den Kopf zerbrechen kann. Eines steht fest, Hilfe ist von dem Mainzelmännchen nicht zu erwarten. Dann muss ich eben selbst eine Lösung finden.
"Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott", murmle ich beschwörend und schleiche näher an das Gelände. Der Blick durch zwei Zaunlatten verrät mir, dass der Wagen noch immer auf dem Hof steht. Von dem Mann fehlt mittlerweile jede Spur. Ich überlege. Soll ich es wagen und zurück über den Hof laufen? Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen. Einen kurzen Moment stehe ich zögernd in der Haltung eines Sprinters beim Start. Ich muss rennen, bevor ich anfange darüber nachzudenken und mich der Mut verlässt. Ich setze zum Lauf an, hebe mein rechtes Bein und … bremse mich. Zu spät, meine Hirnzellen waren schneller als mein Körper und mein Angstzentrum ist nun alarmiert.
Dem Himmel sei Dank! Wenige Sekunden später befinde ich die Idee nicht nur für gefährlich, sondern auch für blöd. Selbst wenn ich ungesehen bis zum Auto kommen sollte, wie würde ich in den Laderaum gelangen? Die Mappe wird sicher nicht säuberlich vorn in der Fahrerkabine liegen und dort mit einem Begrüßungsdrink in der Hand auf mich warten. Und sollte ich erwischt werden, würde der Klabautermann auf der Stelle Herrn Brunner über das merkwürdige Verhalten seiner Mitarbeiterin informieren. Den Rest, möchte ich mir lieber nicht ausmalen. Erst auf eigene Faust ermitteln und dann mit allen Tricks versuchen, den Chef zu umgehen. Am Ende denkt der Vorstand noch, ich arbeite für die Konkurrenz.
Eine Gänsehaut legt sich auf meine Arme und ich erschaudere. Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als zu warten bis der LKW in das Zerhäckselungs-dingsbums-Lager gefahren wird, um anschließend hineinzuschleichen und im Gebäude unbeobachtet zuzuschlagen. Mit diesem Plan lehne ich mich im Fahrersitz zurück und warte.
Und warte.
Eine halbe Stunde später habe ich sämtliche Armaturen von Staub befreit, meine CDs neu sortiert und ein geschmolzenes Schokoladenei aus den Polstern entfernt. Der Wagen hat sich inzwischen keinen Millimeter von seinem Platz bewegt und ich werde langsam ungeduldig. Wie lange soll ich mir denn hier noch den Hintern wundsitzen? Haben die Häckselherren Frühstückspause oder trinkt die Bande schon das erste Bierchen zusammen?
Vor einigen Monaten hatte ich dank eines Wasserschadens Handwerker in meiner Wohnung und weiß daher genau um die Arbeitsmoral der Herren. Verächtlich schnaube ich auf. Umso besser. Je betrunkener die Kameraden sind, desto leichteres Spiel habe ich nachher.
Weitere dreißig Minuten vergehen und nichts passiert. Inzwischen habe ich meine Türen von innen verriegelt, um nicht in einem Anfall von Realitätsverlust, wie Forrest Gump auf das Gelände zu stürmen. Zur Beruhigung kaue ich auf einem Streichholz, allmählich fühle ich mich wie einer dieser Privatdetektive aus dem Fernsehen. Ich kann warten Freunde und wenn es die ganze Nacht dauert. Geduld ist mein zweiter Vorname.
Zwei Minuten später steige ich aus. Mir reicht’s, ich gehe jetzt rüber.
Kurz vor dem Eingangstor stocke ich abrupt, als ein hochgewachsener Mann den Hof betritt. Hastig ducke ich mich und beobachte in einem Busch Brennnesseln wie das Fahrzeug zur Rampe gefahren wird. Eine laute Sirene begleitet den Vorgang, bei welchem der gesamte Inhalt in einen riesigen Behälter geschüttet und die Luke wieder fest verschlossen wird. Gespannt horche ich in die Stille, doch kein Geräusch, das an das Zerschreddern von Papiermassen erinnert, erklingt und ich atme auf. Alles verläuft nach Plan und meine Hoffnung scheint bestätigt. Um effizient und ökonomisch zu arbeiten, wird im Inneren der Mauern zunächst ein gewisses Maß an Papiermüll gesammelt, bevor die Maschinen zum Einsatz kommen. Damit verbleibt mir genügend Zeit, um mich in die Halle zu schleichen und den Container durchzuwühlen.
Angesichts der Menge, die ich bei dem Vorgang erblicke, werde ich allerdings etwas unruhig. Schließlich habe ich keine Ahnung, wonach ich eigentlich suche, das könnte mehrere Tage in Anspruch nehmen. Für einen kurzen Moment möchte ich heulen, dann schlucke ich meine Tränen hinunter und ziehe einen dicken Overall über mein dünnes
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