Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
zu einer diffizilen Angelegenheit."
Mit roten Wangen blicke ich stolz in die Runde, diese Einleitung hat gesessen. Das Gaffen der Gegenseite hat zugenommen und ich kann es den Herren nicht verdenken. Sie können ja nicht ahnen, dass diese locker-flockig-lässigen Phrasen keineswegs spontan meinem Hirn entsprungen sind. Stundenlang habe ich die Sätze vor dem Spiegel geübt, aus Angst mich zu verhaspeln. Aber die Mühe hat sich gelohnt, ich habe das Gefühl zu schweben und erwarte fast einen kleinen Applaus. Dieser bleibt jedoch aus, stattdessen meldet sich nun Herr Weber zu Wort:
"Ähm, schön, Frau Wiese. Dann stellen Sie uns doch jetzt bitte Ihr Konzept vor. Und gerne auch in weniger komplizierten Sätzen.”
Leises Gelächter geht durch den Raum, nur Herr Weber sieht ein wenig beunruhigt aus. Dabei bin ich diejenige, die hier vorne steht! Vermutlich plagt ihn sein Gewissen, meine Qualitäten so lange übersehen zu haben, deshalb nicke ich nachsichtig in seine Richtung.
"Aber gerne!"
So galant wie möglich, stöckle ich zu meinen Aufzeichnungen und nehme ein riesiges Blatt aus der Mappe. Suchend schaue ich mich nach einer Aufhängevorrichtung für mein Werk um, kann aber keine entdecken. Nur mühsam unterdrücke ich ein Seufzen, unter solchen Umständen kann ich nicht arbeiten.
"Entschuldigung, wo steht denn der Flipchart?"
Meine Stimme klingt etwas schrill und als ich vereinzeltes Lachen höre, verabschiedet sich mein Nervenkostüm mit einem lauten "Ratsch”. Herr Weber springt auf und eilt mir zur Hilfe. Während er sich abmüht, mein Plakat an der Wand zu befestigen, folge ich den Blicken der lachenden Anwesenden und erspähe so den Beamer, der für mich aufgebaut wurde.
Mist! Jetzt verstehe ich auch die Dunkelheit in diesem Raum, ich fühlte mich schon an einen Junggesellenabschied erinnert. Das euphorische Rosa meiner Wangen ist inzwischen einem pulsierenden Feuerrot gewichen, was meine Professionalität nicht gerade unterstreicht. Ich atme tief ein. Durch dieses Haifischbecken muss ich jetzt durch, wenn ich mich von den übrigen Froschlarven absetzen will. Geistesgegenwärtig fahre ich die Jalousien hoch und überspiele die Situation mit lautem Glucksen. Ich lasse mich doch nicht von diesem kleinen Fauxpas aus der Ruhe bringen, immerhin habe ich noch einige Trümpfe im Ärmel.
Ich lege los und die kommenden Minuten vergehen wie im Flug. Ohne Punkt und Komma berichte ich von meinen Recherchen, erwähne wichtige Details wie Treffpunkt und Anzahl der gegnerischen Seite und spare auch nicht an Bemerkungen, wie gefährlich mein Vorgehen war. Abschließend präsentiere ich eine Übersicht mit den nächsten Schritten der Demonstranten und wie in den einzelnen Fällen dagegen vorgegangen werden kann. Herr Weber ist so freundlich, die Flut meiner Zettel abwechselnd in die Höhe zu heben, wir geben ein tolles Team ab. Als meine Ausführung endet, zwinkere ich ihm dankend zu und er lässt erschöpft die Arme sinken.
Neugierig mustere ich unser Publikum. Das Grinsen ist aus den meisten Gesichtern gewichen, stattdessen schauen die Herren verwirrt drein. Meine Überraschung über den ausbleibenden Beifall ist nicht weniger groß und so stehen wir uns die nächsten Sekunden wortlos starrend gegenüber.
Herr Brunner beendet schlussendlich das Schweigen.
"Danke, Frau Wiese, das war sehr … interessant. Haben Sie eventuell auch, nun ja, ein richtiges Konzept ausgearbeitet? Sie wissen schon, Beziehungsmanagement, Anspruchsgruppen, Initiatoren, Nutzen, Auswirkungen und so weiter?"
Meine Verwunderung steigt, was heißt denn hier "richtiges Konzept”? Habe ich etwa soeben ein Sonett vorgetragen? Doch auch wenn ich nur Bahnhof verstehe, versuche ich instinktiv die Situation zu retten.
"Ich hatte noch nicht genügend Zeit", piepse ich daher. "Aber wenn Sie mir noch ein paar Tage geben …"
Weiter komme ich nicht. Der Vorsitzende erhebt sich und unterbricht meinen Satz. "Danke, Frau Wiese, das genügt uns vorerst. Wir kommen wieder auf Sie zu.”
Mit diesen Worten deutet er zur Tür und wartet stumm, während ich verdattert meine Blätter einsammle und Richtung Ausgang stolpere. Draußen lehne ich mich gegen die Wand, mein Puls rast und ich versuche verzweifelt zu begreifen, was gerade geschehen ist. Leider bleibt mir nicht viel Zeit, um darüber nachzudenken, denn Frau Neumann eilt bereits auf mich zu.
"Na, wie lief es?", fragt sie mit schadenfrohem Lächeln und ich widerstehe nur schwer dem Drang, ihr dieses aus dem Gesicht zu
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