Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
prügeln.
"Öhem, gut, danke! Das war mal was ganz anderes.”
Frau Neumann lächelt spitz.
"Ja, das glaube ich gerne. Nur schade, dass ihr kleiner Ausflug hier oben vorbei ist. Aber machen Sie sich nichts daraus, auch die niederen Angestellten sind wichtig für den Erfolg einer Firma. Lassen Sie sich nichts anderes einreden!”
Die Worte säuseln süß aus ihrem Mund und so verstehe ich die Beleidigung erst zu spät.
"Danke Frau Neumann, das ist nett. Also, tschüss dann."
Benommen betrete ich den Flur, erst als ich in meinem Rücken das Klappen der zufallenden Tür vernehme, schießt Wasser in meine Augen. Die vergangenen Minuten waren so demütigend! Ich habe alles, ja wirklich alles, gegeben und was ist der Dank dafür? Ein knapper Rauswurf angereichert mit höhnischen Abschiedsworten der Erzfeindin. Super, na das hat sich gelohnt!
Im Fahrstuhl verschließe ich die Augen vor meinem Spiegelbild. Ich fühle mich wie eine komplette Versagerin und dieses ständige Auf und Ab der letzten Tage macht mir inzwischen schwer zu schaffen. Tapfer schlucke ich die Tränen hinunter, keiner soll von meiner Niederlage erfahren, es genügt, dass ich mich vor der Geschäftsleitung bis auf die Knochen blamiert habe. Ich werde mich für den Rest des Tages hinter meinem Schreibtisch verstecken und in Ruhe meine Wunden lecken. Oder ich gehe einfach heim, den möchte ich sehen, der mich heute davon abhält! Kaum habe ich den Satz zu Ende gedacht, gibt es einen Ruck und Frau Knauss steigt dazu. Heute scheint aber auch alles schief zu gehen.
"Hallo Frau Wiese. Sie sehen toll aus!", ruft meine Kollegin laut.
Ich nicke nur schwach, auf Smalltalk kann ich im Moment verzichten und mein verfrühter Feierabend ist hiermit auch gescheitert.
"Waren Sie bei einer Typberatung? Da muss ich unbedingt auch mal hin. Sie müssen mir auf jeden Fall die Adresse verraten", lacht die personifizierte Ruhestörung und zupft wie zum Beweis an ihren gelben Locken.
Schweigepausen sind Frau Knauss fremd. Mir fällt mein gelbes Kostüm wieder ein und ich schaue sauer in den Spiegel. Innen und außen wie eine Zitrone denke ich bitter und unterdrücke angestrengt einen weiteren Tränenfluss.
Der kleine Napoleon an meiner Seite bemerkt von alledem nichts und setzt die Alleinunterhaltung fort.
"Kommen Sie, wir sind alle in der Kantine und feiern. Was für ein Tag!"
Schei… benkäse! Den Geburtstag von Herrn Kreutzer, unserem Abteilungsleiter, hatte ich völlig vergessen.
Leise Wut steigt in mir auf. Ich habe keine Lust auf gute Laune und viele Menschen. Ich will allein sein! Doch Widerstand prallt an Frau Knauss ab, wie ein Squashball an der Wand und so lasse ich mich wehrlos mitziehen. Einen Vorteil hat das Ganze nämlich, es gibt Alkohol. Herr Kreutzer feiert nie ohne Sekt und als selbst ernannter Mittelpunkt der Welt, zwingt er auch gerne seine Mitarbeiter zu mindestens einem Glas. Da ist es egal, ob man später noch mit dem Auto fahren muss oder eine wichtige OP bevorsteht. Ein Gläschen geht immer und heute braucht es nicht viel Überredungskunst, um mich zu überzeugen, so viel ist klar. Zu Hause würde ich sowieso nur an die Decke starren und das Gespräch so oft im Geiste wiederholen, bis ich deprimiert und zermürbt vom Dach springen will. Das ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen und liegt mir in den Genen. Meine Mutter ist Spezialistin darin, Situationen und Umstände in Atome aufzudröseln. Es gibt keine sicherere Methode, auch die nettesten Treffen zu zerstören und hinter lieb gemeinten Sätzen boshafte Inhalte zu erahnen. Einem seelischen Totalschaden mit zeitweiligen Suizidfantasien steht anschließend nichts mehr im Weg. Ich fröstle, dann doch lieber mit den Wölfen bechern.
In der Kantine herrscht eine dröhnende Lautstärke, so dass ich kurz erwäge, mir die Ohren zuzuhalten. Das kleine Erdmännchen neben mir blüht jetzt erst richtig auf. Laut grüßend zieht sie mich durch die Massen, bis hin zu unserer Abteilung. Dort drückt sie mir ein Glas Sekt in die Hand, das sie unterwegs ergattert haben muss und prostet lauthals in die Runde. Wieder einmal betrachte ich sie fassungslos. Frau Knauss ist ein Wunder an dominanter Penetranz, dieses Durchsetzungsvermögen findet man häufig bei kleineren Menschen. Gewöhnlich nervt mich ihr Verhalten, aber heute kippe ich dankbar das Glas hinunter und lasse meinen Blick durch die Menge gleiten.
Herr Kreutzer befindet sich auf seinem Lieblingsplatz - in der Mitte - und zwingt gerade unseren muslimischen
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