Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Du gehst zu eindimensional an die Sache heran. Als Allererstes solltest du dir die wichtigste Frage überhaupt stellen."
Abwartend schaut sie zu Paul.
"Die da wäre?"
"Na, ganz einfach, was bedeutet eigentlich Glück? Gibt es hierfür eine klare Definition oder hat jeder Mensch eine andere Vorstellung von Zufriedenheit?" Nachdenklich kratzt sich Paul am Kopf, langsam begreift er, worauf Anka hinaus will.
"Also, für mich bedeutet es Familie, Liebe, Gesundheit", fährt sie unbeirrt fort. "Momentan konzentriert sich das Vorhaben eher auf die Themen Prestige und Geld", unterbricht Paul die Aufzählung bitter und erntet energisches Kopfschütteln.
"Ich denke das ist der falsche Weg. Die Menschen denken oft, Geld wäre der Schlüssel zum Glück, dabei verdrängen sie auf der Jagd nach Ansehen und Reichtum nur das Verlangen nach etwas anderem."
"So habe ich das noch gar nicht gesehen."
"Ja, und man muss nicht einmal allein sein, um in Einsamkeit zu leben. Wie viele Paare leben in einer Beziehung und bemerken gar nicht, dass sie sich nur etwas vormachen. Wie unerfüllt ihr Dasein eigentlich ist?"
Ankas letzte Worte gleichen einem Flüstern und Paul mustert sie mit gemischten Gefühlen. Ging es hier noch um ihn?
"Du hast recht, aber ich muss mich auch ein wenig an meine Vorgaben halten. Ich kann in meinem Job nicht einfach eigenmächtige Entscheidungen treffen.
"Doch, genau das meine ich", ruft Anka etwas zu laut. "Wenn der Fokus falsch ausgerichtet ist, ist es unsere Aufgabe, dies zu ändern und uns auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Was du über die Dame erzählt hast, lässt tief blicken. Wie sollen denn Leute, die gar nicht wissen was Glück bedeutet, glücklich sein?"
In diesem Punkt muss Paul Anka zustimmen.
"Aber was soll ich denn machen? Einfach aus dem Bauch heraus eigene Ideen entwickeln? Das ist mit zu heiß."
"Du kannst natürlich nicht mir nichts, dir nichts eine andere Richtung einschlagen, das ist klar. Aber wie wäre es denn, wenn die Inhaberin von selbst auf neue Ideen käme? Dann wäre es quasi nicht mehr dein eigener Vorschlag, oder?"
Sie lächelt schelmisch.
"Wie meinst du das?"
"Ganz einfach, du musst ihr nur klar machen, dass sie auf dem Holzweg ist. Aber natürlich so geschickt, dass sie meint, von selber darauf gekommen zu sein. Und ich weiß auch wie, los schieb mal dein Buch rüber."
Zaghaft folgt Paul Ankas Anweisung. Mit einer Gänsehaut beobachtet er, wie sie hastig Stichpunkte auf das Papier kritzelt.
Ich kann mein Glück noch immer nicht fassen. Jeden Morgen brauche ich einige Minuten um mich davon zu überzeugen, dass mein Leben kein Traum ist. Mehrmals am Tag kneife ich mir zum Beweis in die Nase. Diese ähnelt inzwischen sehr der des Obdachlosen vor unserem Supermarkt, aber das ist mir egal. Der Schmerz ist wichtig für mich, denn er macht mir klar, dass sich meine Wünsche verwirklicht haben und ich auf der Sonnenseite angekommen bin. Ich genieße die berufliche Herausforderung in vollen Zügen und mit ihr alle Annehmlichkeiten, die mein neuer Posten mit sich bringt.
Wie zum Beispiel die erstaunten Gesichter meiner Kollegen, als sie in unserer letzten Sitzung von mir erfuhren, dass ich auf Wunsch des Vorstands fortan in der Abteilung kürzer treten werde. Es kommt nicht sehr häufig vor, dass die Geschäftsführung einen Mitarbeiter von seinem Tagesgeschäft abzieht, um sein Talent in einer weitaus wichtigeren Angelegenheit einzusetzen. Das mussten die Damen und Olli erst einmal verdauen. Leider habe ich das Luckylife-Projekt nur geheimnisvoll andeuten können. Sekunden später wurde ich unsanft von Herrn Kreutzer unterbrochen, der die Leitung der Sitzung flugs wieder an sich riss und zu einem anderen Thema überging. Ich vermute, dass er beleidigt ist, weil diese Entscheidung über seinen Kopf hinweg getroffen worden ist. Aber auf gekränkte männliche Eitelkeit kann ich momentan keine Rücksicht nehmen.
Die neue Aufgabe lastet mich vollständig aus, zweimal die Woche gibt es ein Meeting, in dem unsere Expertengruppe, wie wir uns nennen, die neuesten Ideen und Entwicklungen bespricht. In der restlichen Zeit arbeite ich an den Public Relations und recherchiere viel im Internet. Ich habe mich sogar selbst als Parkschützer registriert, nur als getarnter Maulwurf kann ich an die entscheidenden Informationen herankommen, um die entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Den Kontakt zu Hagen habe ich abgebrochen, da ich ihn nicht länger benutzen wollte. Auch ich habe ein Gewissen.
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