Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Glas in einem Zug hinunter. Ich tue es ihr gleich, bevor es aus mir heraus platzt.
"Auf was trinken wir eigentlich, wenn man fragen darf?"
Meine Stimme klingt bitterer als beabsichtigt, aber ich bin sauer, weil wieder einmal jede außer mir Bescheid zu wissen scheint. Elke wischt kichernd den Abdruck ihres kirschroten Lippenstifts vom Glas und streckt mir gekünstelt ihre Hand entgegen.
"Sorry Lottchen", nuschelt sie, "ich hatte ganz vergessen, dass du mal wieder keine Ahnung hast."
Es ist unglaublich, selbst in betrunkenem Zustand ist Elke eine hinterhältige Giftnatter. Für einen kurzen Augenblick will ich ihren wedelnden Arm schnappen und um dreihundertsechzig Grad drehen, da sehe ich es auch. Ein übertrieben großer Stein springt mir ins Gesicht, während Elke verzückt mehrfach ihr Handgelenk von links nach rechts wendet. Mir bleibt buchstäblich die Luft weg, was Elke nur noch mehr dazu veranlasst, ihre Finger wie wild zu verrenken.
"Zeig mal her!", brüllt Kordula in mein Ohr und grapscht nach Elkes Hand. "Der ist wunderschön."
"Und muss ein Vermögen gekostet haben, das sieht man auf den ersten Kennerblick!", ergänzt Peggy wissend.
Ich schnaube auf, als ob meine Freundin Ahnung von teurem Schmuck hätte! Seit Peggy vor ein paar Wochen den neuen Job in einer Edelboutique angefangen hat, spielt sie sich als große Trendsetterin auf, was sich – sehr zu meiner Freude - oftmals auch in ihrer unmöglichen Kleidung widerspiegelt. So wie heute, denn ich registriere verzückt die Kombination eines roten Zylinders mit einer lilafarbenen Damenkrawatte als Beleidigung jeglichen Auges.
Außerdem ist es ein offenes Geheimnis, dass sämtliche Schmuckstücke aus Peggys Sammlung in Osteuropa vom LKW gefallen sind und dementsprechend billig waren. Was habe ich gelacht, als sie uns ernsthaft beteuerte, dass ihre neu erworbene Rolex ein Ausstellungsstück sei und daher nur dreihundert Euro gekostet hat.
Elke nickt stolz wie der Wackeldackel auf der Hutablage meines verstorbenen Großvaters und die Runde blickt erwartungsvoll in meine Richtung.
"Glückwunsch", murmle ich in mein Glas, "das freut mich sehr für dich."
Die Geier sind besänftigt und lassen von mir ab.
"Wann ist denn der große Tag?", schnieft Peggy und ich bemerke entsetzt die Tränen in ihren Augen.
Das kann nur am Alkoholpegel dieser Schnapsdrossel liegen, beruhige ich mich und schenke mir schnell nach.
"In zwei Monaten. Ich weiß, das ist verdammt kurzfristig, aber wir wollen einfach nicht länger warten", säuselt Elke mit verschleiertem Blick.
Verträumt wickelt sie dabei eine rote Haarsträhne um ihren beringten Finger. Ich wundere mich nicht über die Geschwindigkeit, wahrscheinlich befürchtet unsere Verlobte, ihr Zukünftiger könnte es sich noch einmal überlegen, wenn er genügend Bedenkzeit erhält und die Drogen in seinem Frühstückstee nachlassen.
"Ich wünsche dir alles Glück der Welt, du hast es verdient!", schnieft es neben mir und ich kann es nicht fassen.
Jetzt fängt Peggy doch tatsächlich an richtig loszuheulen. Ein unerwarteter Sturzbach, bestehend aus sämtlichen Augen- und Naseninhalt, rinnt über ihre bebenden Backen und ich kann mich zwischen Belustigung und Wut nicht entscheiden.
"Ach Peggy! Süße! Komm mal her!", ruft Kordula und schlingt ihre Arme um die fleischgewordene Gefühlsfontäne.
So wiegen sich meine Freundinnen eine Weile beruhigend von rechts nach links, bis Peggy sich aus der Umarmung löst.
"Tut mir leid, das müssen die Hormone sein", entschuldigt sie sich und wischt sich den Rotz wenig galant von der Nase.
"Das macht doch nichts, Kleines, ich kenne das gut. Genauso war es auch bei meiner ersten Schwangerschaft", tröstet Kordula und mir klappt zum zweiten Mal die Kinnlade runter.
"Schwa… schwanger?", stottere ich und ernte wieder nachsichtiges Lachen.
"Du lebst wirklich noch hinterm Mond, was?", stänkert Elke hämisch und besiegelt damit endgültig meinen Plan, ihr die Flasche über den Kopf zu ziehen.
Ich greife zum Sekt und fülle mit zitternder Hand mein Glas. Vorher genehmige ich mir aber noch ein Schlückchen, es wäre doch zu schade um den vergeudeten Alkohol. Außerdem beschleicht mich langsam das unwohle Gefühl, den heutigen Abend nur betäubt überleben zu können.
"Woher soll sie das auch wissen?!", faucht die gefühlsüberladene Peggy über den Tisch.
An mich gerichtet spricht sie sanft weiter: "Charly, ich bin schwanger. Im Februar bekomme ich ein süßes kleines Mädchen. Hach!"
Während sich
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