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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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vorzuweisen haben?«
    Stephan hob beschwichtigend die Hände. Diese Geste der Ergebenheit brachte Hölzinger endgültig aus der Fassung. Er verzog das Gesicht wie ein Kleinkind, dem man ein Lieblingsspielzeug entwunden hatte. Heul doch, dachte Stephan amüsiert und schaute zur Seitenscheibe hinaus. Draußen auf dem Parkplatz liefen Heck und Hoff in sein Blickfeld. Sie waren aus Richtung des Dreieichparks gekommen und unterhielten sich angeregt miteinander. Die reine Show, dachte Stephan. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Hecks Adleraugen ihn und Hölzinger im Dienstwagen nicht entdeckt hatten.
    »Also, willst du meinen Bericht noch zu Ende hören?«, erkundigte sich Hölzinger trotzig.
    Lars Stephan nickte und sah Heck und Hoff hinterher, wie sie im Gebäude verschwanden.
    »Die beiden Frauen sind in die U 4 gestiegen und wieder zur Berger Straße zurückgefahren. Die blonde Frau ist dann mit den Kindern in Richtung Günthersburgpark verschwunden. Ich konnte mich nicht zweiteilen, daher habe ich die ZP weiter verfolgt. Die ist über die Mainkurstraße zurück zu ihrer Wohnung in der Wittelsbacher Allee gelaufen. Und jetzt kommt’s!« Hölzinger legte eine deutliche Kunstpause ein. »Weißt du, was ich ständig hörte, während ich mich unten im Hof hinter dem Haus noch eine Weile aufhielt?«
    »Nee, was denn?«, fragte Stephan mit gespieltem Erstaunen.
    »Ein Baby hat ständig geschrien! Und wie!«
    »Ein Baby?« Lars Stephan runzelte die Stirn. Sollte Maren etwa …?
    »Kam das Geräusch aus der Wohnung der Frau im ersten Stock?«
    Hölzinger schüttelte den Kopf und registrierte mit zufriedenem Grinsen das gestiegene Interesse seines Kollegen. »Eher von weiter oben. Man konnte nichts sehen, aber es klang so, als wäre das Kind im Freien, zumindest an einem offenen Fenster.«
    Lars Stephan atmete sichtlich beruhigt ein. Dann stellte er nüchtern fest: »Also alles ganz harmlos. Eine Frau trifft sich mit ihren Freundinnen in der Stadt, und die eine Frau übernimmt das Babysitting für die andere.«
    Hölzinger schüttelte heftig den Kopf. »Harmlos! So sollte es wohl aussehen. Aber was ist, wenn es hier zum Beispiel um einen schwunghaften Handel mit Kleinkindern geht? Das könnte ein Mordmotiv sein! Die Onurhan wollte ihr Kind diesem Händlerring verkaufen und hat es sich dann plötzlich anders überlegt.«
    »Du siehst zu viel fern!«, kommentierte Stephan.
    »Die Spurensicherung wird uns zeigen, wer recht hat«, antwortete Hölzinger und zog einen durchsichtigen Kunststoffbeutel hervor, in dem sich ein kleines rosafarbenes Stoffbärchen befand, aus dessen Bauch eine kleine Klingel tönte, wenn man es bewegte.
    »Wo hast du das Babyspielzeug her?«, fragte Stephan erstaunt.
    Hölzinger grinste zufrieden. »Die beiden sind auf der Berger Straße noch in eine Metzgerei gegangen und haben den leeren Kinderwagen vor dem Laden abgestellt.«
    »Und du hast daraus das Spielzeug geklaut?«
    »Sichergestellt«, berichtigte ihn Hölzinger. »Da ist Babysabber dran, also genug genetisches Material, um festzustellen, ob das vom Kind unserer Leiche stammt.«
    Lars Stephan stöhnte. »Um die Babysuche geht es in diesem Zusammenhang aber gar nicht. Ich hatte dir gesagt, du sollst feststellen, in welchen Verhältnissen die Frau lebt. Allein, oder ob es einen Mann gibt.«
    »Ein Mann war da auch«, erklärte Hölzinger.
    »Ein Mann? Was für einer? Beschreibung!«, drängelte Stephan. Hölzingers Grinsen ging in ein überlegenes Siegerlächeln über. »Das war später im Park. Sie hatte nämlich keine fünfzehn Minuten später wieder ihre Wohnung in Sportklamotten verlassen und war dann zum Ostpark gelaufen und hat dort mehrere Runden um den Weiher gedreht. Der Typ ist ihr dort dicht hinterhergelaufen. Eine ziemlich verdächtige Erscheinung, wenn du meine Meinung wissen willst. Würde mal sagen, ein Komplize, der nicht erkannt werden wollte. Jedenfalls war er vermummt und als Jogger getarnt, dabei ist er eher unsportlich gelaufen. Die beiden taten zwar so, als würden sie sich nicht kennen, aber ich bin sicher, dass sie Informationen ausgetauscht haben.«
    »Blödsinn«, raunzte Stephan.
    Hölzinger verzog das Gesicht und starrte durch die Windschutzscheibe in die Ferne.
    Stephan beobachtete ihn von der Seite, sein Blick wanderte schließlich an Hölzinger hinab zu dessen Füßen, die nervös auf den Pedalen wippten und in blitzsauberen Markenturnschuhen steckten.
    Stephan seufzte. »Okay, das war’s, was ich wissen wollte.

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