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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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Hast mir sehr geholfen, Kollege!«
    Hölzinger schaute Stephan erstaunt ins Gesicht, dann blickte er auf die Hand, die ihm entgegengehalten wurde. Gerade hatte er sich entschlossen, Stephan großzügig zu verzeihen und einzuschlagen, als dieser mit der Hand wedelte und forderte: »Das Spielzeug! Gib’s schon rüber!«
    »Soll das nicht zur Spusi?«, fragte Hölzinger renitent.
    »Ich kümmere mich schon darum«, entgegnete Stephan, nahm das Beutelchen entgegen und ließ es in seiner Jackentasche verschwinden. Dann stieg er aus und warf die Beifahrertür zu. Wenige Sekunden später riss er die Tür an der Fahrerseite auf und brüllte: »Was ist denn das da, bitte schön? Hast du das auf den Dienstwagen gebappt?« Dabei zeigte er auf einen grün-bunten Aufkleber in Kleeblattform auf der Heckscheibe des Dienstwagens.
    »Das ist der Hit-Radio-Glückskleber. Wenn die Leute von Hit-Radio dich aussuchen und ansprechen, hast du die Chance, einen 1 er BMW zu gewinnen«, erklärte Hölzinger.
    »Auf dem Dienstwagen? Man stelle sich das mal vor!«, schrie Stephan und schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Du steckst gerade in einem Einsatz und observierst verdeckt, und plötzlich bist du mitten in einer Radiosendung! Hast du sie noch alle?«
    Tobias Hölzinger zuckte mit den Schultern, stammelte etwas davon, dass die Gewinnchancen ohnehin gering seien und ebenso die Wahrscheinlichkeit, dass die Leute vom Radio ihn ausgerechnet während eines wichtigen Einsatzes ausgucken würden, aber dass andererseits so ein 1 er BMW schon ein geiles Auto sei … Bevor er seine Rechtfertigung beendet hatte, bemerkte er, dass er inzwischen allein vor sich hin sprach.
    Lars Stephan war längst in Richtung Dreieichpark verschwunden. Er musste den Gedankenmüll, den Hölzinger ihm ins Hirn gepustet hatte, wieder loswerden. Er umrundete den See, an dessen Ufer sich buntgefiederte Gänse tummelten, und las wenig später die Tafel, die erklärte, dass es sich bei dem Betonbogen, der sich über den Weg spannte, und dem kleinen Tempel daneben um erste Bauwerke mit dem neuen Werkstoff handelte. In Offenbach 1879 hergestellt. Meine Güte, so alt war dieser Park schon! Und die Zubetonierung der Welt hatte in Offenbach begonnen! Er erklomm eine kleine, von hohen, tiefdunkelgrünen Eibenbüschen bewachsene Anhöhe. Dort fand er, gut geschützt vor unnötigen Einblicken, eine Sitzbank. Er zog unter seiner Lederjacke die
Frankfurter Rundschau
hervor. Die auf seinem Schreibtisch im Präsidium liegende
Offenbach Post
würde er nachher in der Mittagspause vor aller Augen lesen können. Nachdem er den Sportteil eingehend studiert hatte, nahm er sich die Lokalnachrichten vor.
    Kurz darauf stand er allerdings vor Gerhard Hecks Schreibtisch und musste sich nun doch als Leser dieser Frankfurter Zeitung outen. Zu wichtig war ihm, was er entdeckt hatte. Stephan hielt Heck das Blatt unter die Nase und deutete aufgeregt auf eine Kurzmeldung. Heck runzelte die Stirn und blätterte bedächtig zur Titelseite der Zeitung.
    »Von heute«, sagte er, »hast du die abonniert?«
    Lars Stephan erwiderte: »Das ist doch jetzt wohl nicht wichtig. Lies mal – eine junge, dunkelhaarige Frau wurde tot aufgefunden. Erdrosselt. Keine Einbruchsspuren. Vielleicht haben wir es mit einem Serientäter zu tun, der es auf alleinstehende, dunkelhaarige Frauen abgesehen hat?«
    Heck zuckte mit den Schultern. »Das ist in Frankfurt passiert«, sagte er, als spreche er von einer weit entfernten Weltengegend.
    »Im Nordend«, bekräftigte Stephan aufgeregt, »das sind höchstens fünf Kilometer Luftlinie zwischen den beiden Tatorten!«
    Heck sog hörbar die Luft ein, als müsse er große Widerstände überwinden. »Wir können uns ja mal mit den Frankfurtern in Verbindung setzen«, beschwichtigte er Stephan.
    Stephan war sich nicht sicher, ob Heck dies bald tun würde, und rief wenig später einen Frankfurter Kollegen an, den er von einer Fortbildung her kannte.
    Manfred Brunner, genannt Brunni, brauchte einen Moment, bis er sich an Lars erinnerte.
    »Salami-Malaikum, Steff«, polterte er kumpelhaft. »Stimmen die Gerüchte, dass du freiwillig nach Frankfurt Nahost ausgewandert bist?«
    Stephan musste sich noch einige plumpe Witze aus dem Repertoire des Kollegen anhören, bis er ihm endlich von dem Offenbacher Fall und seinem Verdacht berichten konnte. Er erfuhr, dass man auch in Frankfurt noch völlig im Dunkeln tappte. Die Frau sei alleinstehend gewesen. Finanziell gut versorgt. Dem Täter

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