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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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schütteln. Dabei solltest du darauf achten, dass du eine Woche lang vorher nicht mehr dergleichen veranstaltet hast, damit die Brühe genug Samentierchen enthält. Und dann erst die Frau! Hormonspritzen. Ei-Entnahme durch die Bauchdecke. Befruchtung im Labor. Einige von diesen Embryonen werden eingefroren. Nach und nach werden die dann zum passenden Zeitpunkt in die Gebärmutter eingepflanzt. Und dazu Hormone, Hormone, Hormone. Nach Meinung von Dr. Sauer alles völlig unproblematisch. Alles Friede, Freude, Mutterkuchen. Überall an den Wänden Bilder von schnuckeligen Babys. Die Krankenschwestern tragen zartgelbe Kittel mit Storchenaufdruck. Du bist von so viel Fortpflanzung umgeben, da denkst du nach einiger Zeit an nichts anderes mehr. Ich kam mir plötzlich nicht mehr wie ein Bulle, sondern wie ein Zuchtbulle vor.« Heck lachte lange und laut über seinen Witz.
    Stephans Gedanken waren längst weitergewandert. »Meinst du, das Baby von Hatice Ciftci ist dort zur Welt gekommen?«
    »Das herauszufinden, war ja eines unserer Anliegen. Ernestine hat mit ein paar Krankenschwestern geplaudert. Die haben sich in dem Punkt bedeckt gehalten. Allerdings haben sie etwas anderes erzählt, von dem ich noch nicht weiß, ob es für uns bedeutungsvoll ist.«
    Stephan hob die Augenbrauen, und Heck berichtete weiter: »Ernestine sagte denen, wir seien auf Empfehlung von Dr. Kling da. Sie wollte testen, wie die Damen auf diesen Namen reagieren. Plötzlich plappert eine junge Krankenschwester ganz freimütig, das könnte sie sich gut vorstellen. Jahrelang hätten die sich nämlich behandeln lassen, und endlich hätte es dann geklappt. Du hattest gar nicht gesagt, dass die ein Kind haben!«
    Stephan schob nachdenklich die Unterlippe vor. »Soweit ich weiß, haben die keine Kinder. Und, ehrlich gesagt, die beiden als Mami und Papi kann ich mir auch nicht vorstellen.«
    »Bevor Leute Eltern sind, kann man sich das bei niemandem vorstellen, noch nicht einmal sie selbst können sich das vorstellen«, sinnierte Heck.
    Stephan nickte lächelnd. »Hat Ernestine noch mehr von dieser Krankenschwester erfahren?«
    »Ernestine wollte nachhaken und sich nach dieser erfolgreichen Behandlung erkundigen. Da fuhr jedoch so eine Art Oberschwester der jungen Plaudertasche heftig in die Parade. Sie soll sofort damit aufhören, Auskünfte über Patienten zu geben, sonst würde sie mit Konsequenzen rechnen müssen, sprich: ihren Job verlieren. Da war die Kleine leider schlagartig still. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser zunächst erfolgreiche Versuch der Klings dann später doch noch gescheitert ist. Und so was wäre ja schlecht für den Ruf der Storchenfarm. Woher nimmt dieser weiße Guru eigentlich die Sicherheit, den Leuten im nächsten Jahr das erwünschte Kind versprechen zu können? Das ist doch eine unglaubliche Hybris!«
    »Berichte über Misserfolge würden die Kundschaft verprellen«, argumentierte Stephan.
    Heck nickte mit düsterer Miene. »Themawechsel! Du warst doch gestern bei der Kling. Was ist sie für ein Typ Frau?«
    »Das ist schwer zu erklären. Einerseits hast du das Gefühl, du hörst bei ihr die Eiswürfel in den Adern klirren, andererseits denkst du, dass in ihr glühende Lava brodelt. Einerseits denkst du, sie ist ein bisschen durch den Wind, andererseits wirkt sie professionell und kompetent.«
    »Also ist sie so wie die meisten Frauen.« Heck grinste. »Hast du sonst noch etwas Neues? Wir könnten heute ein bisschen früher Schluss machen.«
    Stephan nickte. »Ein kleines Puzzleteil habe ich noch: Gestern konnte ich durch einen Zufall herausfinden, welchen Halsschmuck die Tote aus der Domstraße trug.«
    Heck horchte auf. Bevor Stephan weiterreden konnte, klingelte das Telefon. Heck riss den Hörer an sich und bellte hinein: »Heck!« Dann schwieg er lange und suchte finster Stephans Blick. Er knallte das Telefon zurück an seinen Platz und sprang auf.
    »Wird nichts mit Wochenende! Wir haben einen neuen Tatort. Auf geht’s!«
    *
    »Tatzeit?«, donnerte Heck.
    »Irgendwann gestern Nachmittag!«, war die Antwort.
    Stephan betrachtete die Tote, die seitlich gekrümmt auf dem Boden lag. Die langen, braunen Haare verdeckten das Gesicht. Es war ein sehr ähnliches Bild wie beim letzten Mal.
    Auch an ihrem Hals gab es die dunklen Male, und auch in diesem Fall fehlte das Tatwerkzeug.
    »Vermutlich ebenfalls ein reißfestes Tuch«, spekulierte der Gerichtsmediziner und nannte dann weitere Details: »Zungenbein gebrochen.

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