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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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es eigenhändig eingebaut, nachdem ich ihm von diesem irren Spuk erzählt habe. Ein paar Tage habe ich mich wirklich sicher gefühlt. Und dann passiert so was!« Maren schluchzte auf und zeigte auf das Bild.
    »Was sagt denn überhaupt Lars dazu?«, fragte Sybille vorsichtig.
    Maren zuckte mit den Schultern, zog die Nase hoch und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Dann erwiderte sie leise: »Nichts.«
    »Nichts?«, rief Sybille.
    »Ich habe es ihm noch nicht erzählt«, flüsterte Maren.
    »Warum nicht?«
    Maren kauerte im Sessel. Die wirren Haare verdeckten die Gesichtspartie, die Sybille zugewandt war. Maren schaute ihren Fingernägeln zu, die damit beschäftigt waren, laut kratzend am Kopfteil des Ohrensessels zu schaben und kleine Fädchen daraus zu lösen.
    »Ich habe Angst, er glaubt mir nicht. Lars geht an alles so klar und analytisch heran.«
    Sybille holte tief Luft und entgegnete bitter: »Und deshalb hast du diese absurde Geschichte
mir
aufgetischt und nicht
ihm,
weil du hoffst, ich würde dir diese Verrücktheiten eher glauben, weil deine dumme Freundin Sybille nicht so klar und analytisch denkt wie der große Lars. Aber ich sage dir: Es gibt für alles eine Erklärung. Und ich habe Anhaltspunkte für einen gewissen Verdacht.« Maren horchte auf.
    »Du bist …«, begann Sybille und setzte dann noch einmal neu an: »Du steckst zurzeit in einer Krise. Da ist etwas, das du nicht verarbeitet hast. Vielleicht sogar von damals. Und jetzt, wo du Lars wieder begegnet bist, bricht das alles aufs Neue hervor.«
    »Das würde meinen Stress erklären, aber nicht diese Vorkommnisse«, widersprach Maren.
    »Ich bin keine Fachfrau«, räumte Sybille ein, »aber du brauchst professionelle Hilfe.«
    »Weswegen denn?«, wehrte Maren ab.
    Sybille erklärte: »Wenn du dich schon nicht mehr erinnerst, ist es höchste Zeit.«
    »Wieso?«, fuhr Maren auf.
    »Alkohol«, erwiderte Sybille kühl. »Du hattest zu viel getrunken und wusstest nicht mehr, was du tatest. Filmriss!«
    »Die Erklärung passt leider nicht«, begehrte Maren auf. »Ich trinke in letzter Zeit kaum etwas.«
    Sybille nickte mit wenig überzeugter Miene. »Soll ich mich mal umhören und jemand Kompetenten suchen, zu dem du hingehen könntest?«
    Maren schwieg eine Weile und zog weiter Fäden, zwirbelte sie zu kleinen Knäueln und schnippte diese dann ins Zimmer. Schließlich sagte sie: »Ich glaube, ich fange jetzt erst einmal selbst damit an, mich besser auf das zu konzentrieren, was ich tue. Aber dieses Bild! Das war ich nicht!«
    Sybille nickte ermattet. Dann verzog sie gequält das Gesicht. »Maren, da ist noch etwas, was ich dir nicht erzählt habe. Eigentlich ist es eine alberne Peinlichkeit. Ich hatte mir zunächst nichts dabei gedacht, doch jetzt – nachdem du mir das alles berichtet hast, bekommt es eine neue Bedeutung.«
    Maren sah alarmiert auf: »Was denn?«
    Sybille verzog gequält das Gesicht. »Als du neulich zu meinem Geburtstag kamst, bat ich dich doch, Whiskey mitzubringen. Du kamst mit einer angebrochenen Flasche aus deiner Hausbar. Bei der Feier haben wir dann nichts davon getrunken. Am nächsten Tag aber kamen Leute aus Harrys Redaktion. Wir schenkten ihnen den Whiskey aus.«
    »Was ist daran schlimm?«, unterbrach Maren. »Ich hatte euch die Flasche geschenkt. Ich mache mir nichts aus scharfen Sachen. Die ganze Hausbar besteht bei mir aus Resten der Getränke für die Geschäftsbesuche, die mein Ex bewirtet hat. Du kannst gerne mehr davon haben.«
    Sybille schüttelte den Kopf. »In der Flasche war alles andere als Whiskey. Sie war mit einer Art Tee aufgefüllt.«
    Maren sprang auf und lief ins Wohnzimmer. Sybille folgte ihr und fand sie vor den geöffneten Glastüren der Hausbar. Sie roch an einer Flasche mit klarer Flüssigkeit und der Aufschrift »Doppelkorn« und hielt sie Sybille mit zitternden Händen hin. »Wasser«, flüsterte sie. Sybille steckte den Finger hinein und leckte daran. Dann beteiligte sie sich an der weiteren Überprüfung. Der Kirschlikör war Johannisbeersaft, der Mokkalikör alter Kaffee mit Schimmelaugen, die darauf herumschwammen.
    Plötzlich rümpfte Maren die Nase und hielt Sybille eine Flasche hin. »Ich glaube, hier ist sogar noch Wodka drin.«
    Sybille probierte und nickte. Maren stellte die Flasche zurück in die Bar, was Sybille misstrauisch verfolgte. Maren schloss die Schranktür und sagte mit bitterem Lächeln: »Und du glaubst, ich habe das alles gemacht, um meine Alkoholsucht zu

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