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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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wohnt hier im Haus, oben im Dachgeschoss.«
    »Tja, dann schau mal, was sie macht.«
    Andrea Schröder zupfte einige trockene Blättchen von der Farnpflanze und steckte sie zwischen den Wedeln in den Blumentopf. Dann wandte sie sich um. Ein Schatten fiel auf sie. Sie nickte grüßend. Ein älterer Herr tauchte auf dem Treppenabsatz auf.
    »Das ist Herr Pfannmüller. Er wohnt mit seiner Familie im zweiten Stock«, erklärte Maren. Andrea Schröder hielt die Wasserflasche über den Farn und goss die Pflanze.
    »Da brauche ich mich nicht zu wundern, dass dieses Teil so gut gedeiht«, murmelte Maren. Die Flasche war leer. Andrea Schröder bewegte sich unruhig auf dem Treppenabsatz hin und her. Sie lauschte nach oben, sie beugte sich über das Geländer und schaute nach unten. Dann stand sie wieder vor der Wohnungstür. Sie betätigte den Klingelknopf, drückte ihr Ohr an die Tür und lauschte. Dann ging alles ganz schnell. Ihre Hand bewegte sich in Richtung des Türschlosses, vollführte zwei schnelle Drehbewegungen, und die Tür sprang auf. Im Türspalt erschien Garfield und begrüßte Andrea Schröder wie eine alte Bekannte, indem er in Achtertouren um ihre Beine strich. Katzenhaare, dachte Stephan, und hinter seiner Stirn begann es zu arbeiten.
    »Das ist ja ein starkes Stück«, entrüstete sich Maren, als die Tür hinter der Schröder wieder ins Schloss gefallen war. »Man hat gar nicht sehen können, wie sie den Schlüssel geholt hat.«
    »Das war durch die Pflanze verdeckt. Ich vermute mal, sie hat es getan, als sie die welken Blätter in dem Topf verstaut hat.«
    »Hast du auch Kameras hier in der Wohnung?«, fragte Maren.
    »Nein, nicht. Ich dachte, es wäre nicht so toll, wenn jede unserer Bewegungen plötzlich auf einem Video zu sehen wäre.«
    »Nicht überall, aber im Flur oder in der Küche hättest du doch etwas hinhängen können. Jetzt wissen wir nicht, was sie da drinnen macht. Unheimlich ist das. Wie kommt die dazu?«
    »Es gibt so was. Jedenfalls habe ich das schon von Kollegen vom Einbruch gehört. Es gibt Menschen, die brauchen eine Auszeit aus ihrem Leben und suchen sich ein anderes aus. Sie schlüpfen in eine andere Umgebung und damit in eine andere Identität. Abgesehen davon, schätze ich, dass diese Frau Schröder scharf auf deine Alkoholvorräte war. Schau, jetzt kommt sie wieder heraus.«
    Die Frau erschien wieder auf dem Treppenabsatz, zog die Tür zu. »Ah, sie schließt nicht ab«, bemerkte Maren. »Warum ist mir das gestern nicht aufgefallen?«
    »Weil Julia vor dir zurückgekommen war. Ist alles dokumentiert.«
    »Halt, warte! Noch einmal zurück«, rief Maren.
    Andrea Schröder erschien wieder in der Tür, legte den Schlüssel in den Blumentopf und machte sich dann auf den Weg nach oben.
    »Hast du gesehen?«, rief Maren. »Ihre Wasserflasche ist wieder gefüllt. Die hat doch kein Wasser von uns mitgenommen!« Noch während sie das sagte, war sie Richtung Wohnzimmer verschwunden. Sie kehrte zurück und stellte vor Lars die Wodka-Flasche auf den Tisch. »Da ist jetzt auch nur noch Wasser drin.«
    Stephan fasste die Flasche mit einem Küchentuch an, goss sie aus und verstaute sie in einem Beutel.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Maren.
    »Ich werde zu deiner Nachbarin gehen und ihr eine kleine polizeiliche Ansprache halten, oder willst du sie gleich anzeigen?«
    »Ich gehe mit!«, sagte Maren.
    *
    Wenig später standen sie vor der Wohnungstür im Dachgeschoss. Das Treppenhausfenster war hier deutlich kleiner als im übrigen Haus. Die Lampe über ihren Köpfen gab wenig Licht. Auf einem kleinen Tisch neben der Tür stand ein verstaubter Trockenstrauß in einem rissigen Keramikkrug. Sie klingelten und warteten. Maren betätigte erneut die Klingel und meinte: »Ich versteh das nicht. Sie hat ein Baby, da müsste man doch etwas hören.«
    »Eine Alkoholikerin, die ein Baby hat, oje«, kommentierte Lars. »Vielleicht ist sie einkaufen.«
    »Probieren wir es später noch einmal«, schlug Maren vor und zog Lars am Arm. Doch der griff nach dem Trockenstrauß, hob ihn hoch und kippte den Krug um. Ein Schlüssel fiel auf den Tisch.
    »Na bitte, die Leute kommen doch immer auf die gleichen Ideen, deshalb haben es Einbrecher auch so leicht.«
    »Du wirst doch jetzt nicht etwa!«, entrüstete sich Maren.
    »Doch!«, entgegnete er, steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. »Wie du mir, so ich dir«, flüsterte er. »Du kannst ja hier draußen bleiben!«
    Maren schüttelte den Kopf und

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