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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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verbrennen uns sonst die Möglichkeit, über Täterwissen zu verfügen, und das könnte für den Fall, dass es die Schröder doch nicht war, wichtig sein.«
    »Vieles spricht für die Schröder als Täterin«, sagte Hölzinger. »Welchen Grund hätte sie, die Stummer umzubringen?«, fragte Stephan.
    »Erpressung?«, vermutete Hölzinger. »Die Stummer hat von dem Deal mit dem Kind gewusst und sie damit erpresst. Da wurde sie zum Schweigen gebracht.«
    Stephan reagierte skeptisch. »Woher soll ausgerechnet die Stummer das erfahren haben. Da kämen doch viel eher die Onurhan-Sisters in Frage.«
    »Was für ein Blödsinn«, echauffierte sich Hölzinger. »Für die gibt es doch bei keinem dieser Morde ein Motiv!«
    Stephan schmunzelte. Das war ihm auch klar, doch es reizte ihn, den jungen Kollegen hochzunehmen. Hoff und Heck folgten dem Dialog mit verständnislosem Blick.
    Heck griff ein: »Folgendes Vorgehen! Wir werden die Schröder nicht im Krankenhaus aufsuchen. Das bringt nichts, ich kenne das, da kannst du nur minutenweise Fragen stellen, und ständig kommt ein Arzt und sagt, er kann es nicht länger verantworten. Wir warten, bis sie entlassen ist. Dann aber holen wir sie uns her und nehmen sie nach allen Regeln der Kunst in die Mangel. Und zwar zu viert, abwechselnd. Ich vermute, so kommen wir schnell zu einem Geständnis. Als Nächstes werden Ernestine und ich dem Gynäkologen unseres Vertrauens einen weiteren Besuch abstatten, allerdings in beruflicher Mission.« Er grinste. Ernestine Hoffs Gesicht blieb regungslos.

[home]
    Montag, der 5. November
    S ie standen im Vorraum des Vernehmungszimmers, jeder eine Kaffeetasse in der Hand, und schauten durch die einseitig verspiegelte Scheibe in den Raum, in dem eine zierliche Frau mit hochgestecktem, schwarzem Haar und übergroßen goldenen Ohrringen saß. Überhaupt war sie etwas übertrieben mit buntem Modeschmuck behängt. Andrea Schröder hatte sich am Freitag selbst aus der Klinik entlassen. Am Freitagnachmittag rief Maren Lars Stephan an und teilte ihm mit, dass sie gerade eben der Schröder im Treppenhaus begegnet sei. Heck hatte beschlossen, keinen Haftbefehl zu beantragen, sondern die Schröder zunächst einmal als Zeugin zu vernehmen. Stephan warf ihr abends die Vorladung für Montag in den Briefkasten. Eigentlich hatten sie eher damit gerechnet, dass die Schröder den ersten Termin versäumen würde, doch sie kam. Sie wirkte völlig klar und selbstbewusst, vielleicht ein bisschen übertrieben geschminkt und aufgedonnert. Drei Stunden Befragung lagen jetzt hinter ihnen. Sie waren immer zu zweit in wechselnder Besetzung aufgetreten.
    Jetzt hatten sie der Schröder ein Frühstück hingestellt und auch sich selbst eine Pause verordnet.
    »Also fassen wir mal zusammen«, begann Heck. »Sie gibt zu, mit Hatice Ciftci befreundet gewesen zu sein. Als das Baby auf der Welt war, hat sie der jungen Mutter bei der Pflege geholfen. Sie wusste, dass Hatice Angst vor der Verfolgung durch ihre Familie hatte. Aus dem Grund hat sie wie Hatice die Wohnung in der Domstraße immer verschleiert betreten und verlassen. Sie hat den Eindruck, dass Hatices Angst in der letzten Zeit gewachsen ist. Über Gründe dafür wollte Hatice nicht sprechen. Immer häufiger jedoch hat sie das Baby in die Obhut von Andrea Schröder gegeben, als fürchtete sie, jemand könnte es ihr wegnehmen. Auch am Mordtag hat die Schröder das Kind den ganzen Tag über in ihrer Wohnung betreut und mit Kunstmilch und abgepumpter Muttermilch von Hatice gefüttert. Am Abend wollte sie das Kind wieder zurückbringen. Sie hatte einen Schlüssel für die Wohnung in der Domstraße. Sie fand Hatice auf dem Boden in Rückenlage vor. Sie glaubte zunächst an eine Ohnmacht und versuchte, sie durch Rütteln, Ansprechen und Verlagerung in die Seitenlage aufzuwecken. Dann ahnte sie, dass Hatice tot war, und bekam Panik. Sie glaubte, Hatices Brüder hätten sie umgebracht, und fürchtete, dass diese noch in der Nähe seien und ihr ebenfalls gefährlich werden könnten. Sie nahm das Kind und flüchtete. Eine Alarmierung der Polizei kam für sie nicht in Frage, weil sie fürchtete, dass dann schnell der Betrug mit dem Kind auffliegen würde. Am Sonntag nach der Mordtat merkte sie jedoch, dass sie ihre Jacke in der Wohnung vergessen hatte. Sie wusste nicht, ob sich in den Taschen vielleicht irgendwelche Hinweise zu ihrer Identität finden würden, und machte sich auf den Weg in die Domstraße. Das Kind nahm sie mit, ließ es

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