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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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noch nie von ihm gehört.
    »Rate mal, wo ich heute Abend hingehe?«
    »Ins Fegefeuer? Das Kleid sieht aus, als würdest du in Flammen stehen.«
    Sie schwebte tatsächlich im Kreis herum, um mir die volle Pracht eines weiteren Heather-Gay-Struther-Kleids vorzuführen. »Es ist neu. Rot.«
    Ach, was du nicht sagst! Da ich auf die Rate-mal-Frage nicht eingegangen war, sagte sie es noch einmal: »Rate mal, wo ich hingehe?«
    Ich schwieg. Das mit dem Fegefeuer hatte nicht funktioniert.
    Jetzt probierte sie es im Wisperton: »Pat und ich gehen ins Double Down. Perrys Lokal.«
    »Die Bar.«
    Das verdross sie. »Es ist keine Bar , sondern ein Club!«
    Ich klatschte Paprikaringe auf Salate und schaute zu, wie sie wegrutschten. »Um da reinzukommen, muss man einundzwanzig sein.«
    Als hätte sie die perfekte Antwort darauf, sagte sie mit einem süßlichen Lächeln: »Nicht, wenn man mit Perry speziell befreundet ist.«
    »Stimmt. Da muss man einund vierzig sein.«
    »Bist du aber blöd!« Dann überlegte sie, was für eine dumme Beleidigung das war, und fügte ihrer Meinung nach geschmeidig hinzu: »Ich mochte schon immer ältere Männer.« Albernes Grinsen.
    Ich drehte mich frontal zu ihr hin. Ich war stinksauer. »Ach, tatsächlich? Warst du deswegen wegen Rafe so geknickt? Und ›am Boden zerstört‹ heute Morgen?« Ihr Gesicht lief langsam rot an. »Du weißt doch – Rafe Diggs, der tote Kerl. Der Ermordete. Rafe.«
    Ihr Mund mahlte, doch ihr fiel nichts ein, was sie sagen konnte. Die Farbe wich ihr aus dem Gesicht, als hätte die zumindest die Güte zu fliehen.
    Und schließlich tat sie es auch.

57. KAPITEL
    Am folgenden Morgen war ich wieder in La Porte, nachdem ich die zwei Meilen zu Fuß zurückgelegt hatte. Ich dachte an den Sheriff. Vielleicht sollte ich ihn ja doch aufsuchen, auch wenn ich mich nicht direkt bei ihm entschuldigen wollte. Denn weder ich noch Maud hatten am Vortag ja etwas falschgemacht, außer dass wir sarkastisch waren … nun, vielleicht war das doch etwas, wofür man sich entschuldigen sollte.
    Als er zu Maud gesagt hatte, sie hätte nicht »den blassesten Dunst«, hatte er vielleicht recht gehabt. Wir führten uns oft so auf, als würden wir uns mit Gesetzen besser auskennen als er.
    »Ha, ich kenn da ein junges Gemüse, und das kriegt jetzt seine Quittung.« Donny lief wichtigtuerisch herum, rückte sich den Gürtel zurecht und musterte mich mit einem Haifischgrinsen, als wäre ich ein vorbeischwimmender Schwarm kleiner Fische.
    »Und das heißt?« Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wovon er redete, konnte mir aber schon denken, wenn es Donny freute, würde es mir nicht gefallen.
    Der Sheriff war irgendwo dienstlich unterwegs.
    »Na, hast du nicht diese tolle Geschichte über …?«
    Schwungvoll zog Maureen einen Papierbogen aus ihrer Schreibmaschine. »Jetzt halt doch die Klappe, Donny. Sam hätte bestimmt was dagegen, dass du drüber redest.«
    Betont langsam drehte er sich zu Maureen um. »Wie bitte? He, Maureen, hab gar nich gewusst, dass du hier Deputy bist.« Maureen hatte ihn damit nur noch mehr angestachelt, statt ihn zu beruhigen. Er wandte sich wieder zu mir her. »Na, du bist doch diejenige, die den großen Ben Queen dauernd in Schutz nimmt, stimmt’s?«
    Mein Herz rutschte mir so in die Hose, dass es fast auf dem Boden landete. Ich konnte Auroras Stimme hören: »Ha! Mir juckt der Daumen schon …« Ich spürte es, spürte ein Kribbeln in den Fingern.
    Dann sagte Donny – und lächelte dabei breit übers ganze Gesicht bis an die Ohren: »Der großartige Ben Queen. Großer Held. Dein Lebensretter.«
    »Ich weiß ja, dass Sie das bedauern.« Meine Daumen kribbelten immer noch.
    »Der is ja vielleicht am Ende gar kein so großer Held, der und seine ach so heilige Gattin …«
    »Donny!« Maureen hatte schon den Telefonhörer in der Hand. »Jetzt ruf ich aber Sam an.«
    »Mach mal halblang, gute Frau! Inzwischen is der doch längst schon in Cold Flat Junction. Ich mach doch bloß ein bisschen Spaß.«
    Doch ich hörte, wohin sie sich von der Vermittlung durchstellen ließ: zum Haus der Queens.
    Was meinte er damit?
    Dass Donny wusste, was geschehen war und es sogar so klang, als wüsste er, warum. Donny, der es bloß in seiner Hand zu lesen brauchte, gab mir das Gefühl, dass meine ganze harte Arbeit fast für die Katz gewesen war. Der Sheriff wusste Bescheid, aber das war was anderes. Er verdiente es, Bescheid zu wissen.
    Als hätte ich statt Füßen bloß Bleiklötze, lief ich

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