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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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entlang.«
    Es war fast zu viel für Delbert, diese Änderung der üblichen Route. Als er bremste, schmiss es mich fast bis in den Kofferraum. »Was? Wieso in drei Gottes Namen willst du in die E Street?«
    »Mach es einfach, Delbert.«
    Er brummte bloß und gab ein bisschen Gas. »Kostet dich aber mehr, is nämlich ein Umweg.«
    Wir passierten das Haus der Custis und das von Mrs Louderback. Das alte Woodruff-Haus, picobello wie immer, stand an der nächsten Ecke. Es war schon seit Jahren unbewohnt, seit den Zeiten vom Belle Ruin, war aber instand gehalten worden. Jemand, den Mr Woodruff dafür angestellt hatte, mähte das Gras und lüftete aus. Das wusste ich bloß deswegen, weil ich sah, wie der alte Mr Bernhardt gemächlich hinter einem Rasenmäher trottete und seine Frau, die bei Leuten putzte, rein- und rausging. Es war ein wunderschönes Haus, mit hohen Fenstern, die bis zum Fußboden reichten, und einer Veranda, die rund ums Haus verlief. Das Haus war natürlich weiß gestrichen und hatte grüne Fensterläden.
    Drinnen brannte Licht. Mehrere Autos standen an der Straße geparkt, von denen ich eins noch nie gesehen hatte. Es war ein rotes Cabriolet mit schwarzem Verdeck und sah aus wie eins von diesen schnittigen ausländischen Modellen. Bei all der Zeit, die ich in Slaws Autowerkstatt verbrachte, sollte ich die Marke eigentlich wissen. Tat ich aber nicht.
    »Okay, fahr zum Hotel.«
    Ständig rieb er mir den Umweg unter die Nase. Fünf Minuten überschattete das Thema sogar Kreon.
    Ich reichte ihm das Fahrgeld plus die »Umweggebühr« und dazu einen Vierteldollar Trinkgeld.
    »Danke, das mit dem Stück hättest du mir aber wirklich sagen können. Ich wär definitiv reingegangen.«
    »So ein Pech! Na, keine Sorge, im nächsten kommst du wahrscheinlich auch vor.«
    Während Delbert aufgeregt etwas hinter mir herrief, war ich schon die Veranda hoch und durch die Tür. Mir war klar, dass ich mir mit dieser erfundenen Geschichte und dem »Umweg« eine Latte von Fragen eingehandelt hatte, aber manche Geschichten sind einfach, nun ja, unwiderstehlich. Und manche Umwege auch.
    Mrs Davidow stand wieder in unserer Küche, in einer Hand den Martini, in der anderen die Schöpfkelle, und rührte im Salatdressing. Die Asche ihrer Zigarette hing gefährlich dicht über dem braunen Tontopf. Als ich den in Viertel zerteilten Eisbergsalat auf neun Salattellern arrangiert sah, nahm ich an, dass es eine Dinnerparty gab, und erkundigte mich, wer denn käme.
    »Niemand. Sie haben gerade abgesagt. Die Browns. Ich meinte zu Bruce Brown, zum Absagen wäre es jetzt zu spät, deine Mutter würde schon seit Stunden in der Küche stehen und dass wir dreißig Prozent Stornierungsgebühr berechnen müssten.«
    »Was denn für eine Stornierungsgebühr? Das hatten wir doch noch nie.«
    Sie klopfte mit der Kelle an den Tontopf, als wollte sie Geister herbeirufen. Ihr Gesicht war ganz gerötet, halb von den Martinis und halb vor Zorn. »Haben wir aber jetzt.«
    »Was hatten sie denn bestellt?«
    »Surf & Turf, Meeresfrüchte und Fleisch. Die Hummerschwänze waren schon halb aufgetaut, als er anrief.«
    »Wer kriegt dann die Salate?«
    »Um sieben kommt eine Vierergesellschaft. Die bringen ihren eigenen Wein mit. Vera wird bedienen.«
    Um sieben. Das bedeutete, die klebten hier fest bis halb neun oder neun – wenn sie tranken. Das Hotel hatte keine Alkohollizenz. Wir durften zwar keinen verkaufen, es stand den Gästen aber vollkommen frei, ihren eigenen mitzubringen. Allerdings verdiente das Hotel auf die Art nichts an den Getränken. Dies umging Lola Davidow, indem sie das Gedeck berechnete – Eis, Sodawasser, Ginger Ale und so weiter. Begreiflich, dass sie überlegte, wie sie Wein berechnen konnte.
    »Und wer noch?«
    »Bloß ein Pärchen, das auch im Hotel übernachtet. Die kommen so um halb acht und werden auch von Vera bedient.«
    Ich war anscheinend nicht gut genug für die neuen Leute. Auch recht. Auf die Art brauchte ich mich nur um Miss Bertha und Mrs Fulbright zu kümmern und um Mr Muggs, der über Nacht blieb.
    Mrs Davidow sagte, sie würde ins Büro gehen, was bedeutete, dass ich nicht an den Alkoholvorrat konnte.
    Dann würde ich eben meinen Notfall-Drink hernehmen müssen. Seit Neuestem versteckte ich nämlich hinter dem Eisblock im Kühlschrank einen Extradrink. Der nannte sich Jack Frost und bestand aus Jack Daniel’s, Brandy und Orangensaft, und weil nicht genug Zeit war, dass er vollständig auftaute, erklärte sich das mit

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