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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Packung Camel aus ihrer Tasche. »Na, A zu fragen, denk ich.«
    »Ja. Wenn C das aber nicht macht, sondern stattdessen Himmel und Hölle in Bewegung setzt« – einer der Lieblingsausdrücke meiner Mutter – »um die Antwort zu erfahren. Also, andere Leute anhaut, die es vielleicht wissen oder auch nicht – was sagt das dann über C? Irgendwas?«
    Maud zündete sich eine Zigarette an, blies einen Rauchstrahl aus und sagte: »Vielleicht glaubt C, dass die Fragen A verletzen?«
    »Und was sonst noch?«
    Maud rauchte und dachte nach. Mir war schon klar, dass es bei all dem Getue um A, B und C wieder mal bloß um meine umschweifige Art ging und dass viele jetzt einfach über den Tisch greifen und mich am liebsten erwürgen würden. Ich sagte ihr also, was Miss Flyte gesagt hatte: dass man die Antwort manchmal gar nicht wissen will.
    »Ah. C fragt A also nicht, weil C es eigentlich gar nicht wissen will?«
    Ich nickte.
    Sie rauchte. »Ziemlich gut. Miss Flyte hat vermutlich recht.«
    »Das nennt sich Nichtwahrhabenwollen.«
    Woher war er gekommen? Wie war es dem Sheriff gelungen, so einfach unverhofft aufzutauchen ?
    Maud sagte: »Wie hast du es geschafft, dich so anzuschleichen?«
    Der Sheriff setzte sich neben Maud.
    Ich sagte: »Was meinen Sie mit ›Nichtwahrhabenwollen‹?«
    »Das kommt vor, wenn man etwas vor sich verbergen will. Alkoholiker sind wahre Meister im Nichtwahrhabenwollen. Sie verstecken sich vor der Tatsache, dass sie Alkoholiker sind.«
    »Du hörst dich an«, sagte Maud, »als kämst du gerade von einem Treffen der Anonymen Alkoholiker. Hat’s was geholfen?«
    »Sehr witzig.« Er wandte sich erneut zu mir her, als wäre ich die Erwachsene und die Einzige, mit der man hier reden konnte. »Eigentlich ein komplizierter Zustand, dieses Nichtwahrhabenwollen. Aber vereinfachen wir es mal und sagen, jemand will etwas einfach nicht wissen oder zugeben oder über sich selbst erfahren.«
    »Zum Beispiel, wenn es da eine naheliegende Person gibt, die ich fragen kann, also jemand, bei dem es am wahrscheinlichsten ist, dass er es weiß, den ich aber nicht frage, sondern stattdessen ein Dutzend anderer Leute.«
    »Du meinst, du tust nur so, als wolltest du es wissen?«
    Ich runzelte die Stirn. »Hm, ja.«
    »Etwa um die Leute abzulenken?« Der Sheriff hatte seine Dienstmütze abgenommen und lockerte sich die Krawatte. »Genau das tun Alkoholiker ja oft.«
    »Es ist aber nicht so sehr, dass man andere ablenken will, weil die ja sowieso nicht kapieren, worum es geht. Nein, eher einen selbst, bloß einen selbst.«
    Maud blies wieder einen dünnen Rauchstrahl aus. »Ich habe eine ›Bibel‹ der Anonymen Alkoholiker unter der Theke, falls einer von euch mal reinschauen will.«
    Der Sheriff lächelte mich an. »Du hast das mit dem Nichtwahrhabenwollen perfekt kapiert. Also, was willst du nicht wahrhaben?«
    »Ich?«
    Er nickte. »Du.«
    Ich spielte mit meinem Strohhalm herum, knickte ihn ein paarmal. Der Sheriff saß reglos da und fixierte mich mit seinen kühlen blauen Augen. Er hatte definitiv keine umschweifige Art.
    Er sagte: »Ich war in Cold Flat Junction und habe mit Gloria Calhoun und ihrer Freundin Prunella Rice gesprochen. Du hattest recht mit dem Telefonanruf. Der war geplant, damit Gloria eine Ausrede hatte, aus dem Zimmer zu gehen. Ihrer Aussage nach – sie war übrigens nicht leicht dazu zu bewegen, es zuzugeben – zahlte Imogens Vater ihr hundert Dollar, damit sie für zwanzig Minuten rausging. Sie könne ja sagen, sie müsse telefonieren. Sie vereinbarte mit Prunella Rice, dass sie sie um Punkt halb zehn anrufen würde, während unten der Tanzball vonstattenging.
    Was der Grund dafür war, wussten sie beide nicht. Sie hielten es für ein Spiel, irgendeinen Scherz, den er den Eltern spielen wollte, oder eine Überraschung, die er für sie vorbereitet hatte. Doch nachdem die Polizei gerufen worden war, verbot Woodruff Gloria, auch nur ein Wort zu sagen, weil sie sonst ebenfalls Ärger mit der Polizei bekäme. Das klang wie eine Drohung.«
    Ich hob an: »Dann waren sie …«
    Der Sheriff streckte gebieterisch die Hand aus, um mich zum Schweigen zu bringen. »Wie du dir vorstellen kannst, staunte Gloria nicht schlecht, als sie wieder ins Zimmer kam, dort Morris Slade vorfand und sah, dass die kleine Fay verschwunden war. Gleich darauf befahl Mr Woodruff ihr, den Mund zu halten. Sie hatte furchtbare Angst – beide Mädchen hatten Angst. Lucien Woodruff war ein ehrfurchteinflößender Mann.«
    Ich

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