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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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stieß mit Oz zusammen, der im Flur stand.
    »Oz«, sagte sie, »du wirst nicht glauben, was ich erlebt habe.«
    »Was hattest du in Moms Zimmer zu suchen?«
    Lou wich einen Schritt zurück. »Was? Ich ...«
    »Wenn du nicht willst, dass es Mom besser geht, dann lass sie in Ruhe, Lou. Lass sie in Ruhe!«
    »Aber Oz .«
    »Dad hat dich am meisten lieb gehabt, aber ich sorge für Mom. So wie sie immer für uns gesorgt hat. Ich weiß, dass es Mom eines Tages besser geht, auch wenn du es nicht glaubst.«
    »Aber du hast die Flasche mit dem heiligen Wasser nicht angenommen, die Diamond dir geben wollte.«
    »Weil Halsketten und heiliges Wasser unserer Mom nicht helfen können. Aber dass ich fest daran glaube, dass sie gesund wird, das wird helfen. Du aber glaubst nicht daran, deshalb lass sie in Ruhe.«
    Noch nie hatte er auf diese Weise mit ihr gesprochen. Er stand da und funkelte sie an, während seine dünnen Arme herabhingen wie Nadeln am Ende eines Fadens. Ihr kleiner Bruder war richtig wütend auf sie! Lou konnte es nicht glauben. »Oz!« Er machte kehrt und ging davon. »Oz«, rief sie erneut. »Bitte, sei nicht böse mit mir. Bitte!« Oz drehte sich nicht um. Er ging in sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Lou stolperte zur Rückseite des Hauses und hinaus auf die Veranda, wo sie sich auf die Treppe setzte. Die wunderschöne Nacht, der erhabene Anblick der schattenhaften Berge, die Laute der Tiere ringsum - all das machte nicht den geringsten Eindruck auf sie. Sie blickte auf ihre Hände, die von der Sonne gebräunt waren und deren Innenflächen an raue Baumrinde erinnerten. Ihre Fingernägel waren schartig und schmutzig, ihr Haar war verfilzt und mit Seife bleich gewaschen, ihr Körper war völlig erschöpft, und ihr Mut war der Verzweiflung gewichen, nachdem sie fast alles verloren hatte, woran ihr Herz hing. Und nun liebte auch ihr kostbarer Oz sie nicht mehr.
    In diesem Moment heulte die verhasste Bergwerkssirene im Tal. Es war, als schrien die Berge in Erwartung der kommenden Qualen auf. Der Laut schien Lous Seele zu zerschneiden. Dann ertönte das Donnern der Explosion und raubte ihr auch den letzten Mut. Lou blickte hinüber zum Friedhofshügel der Cardinals und wünschte sich plötzlich, ebenfalls dort zu liegen, wo nichts mehr ihr etwas anhaben konnte.
    Lou kauerte sich zusammen und weinte stumm in ihren Schoß. Sie hatte noch nicht lange so dagesessen, als sie hinter sich die Tür knarren hörte. Zuerst dachte sie, es wäre Eugene, der nach ihr schaute, doch die Schritte, die sich näherten, waren viel zu leicht. Arme umschlangen Lou und drückten sie fest.
    Lou spürte den warmen Atem ihres Bruders im Nacken. Sie blieb zusammengekauert sitzen, griff jedoch nach hinten und legte eine Hand auf Oz’ Rücken. Und in dieser Haltung verharrten Bruder und Schwester lange Zeit.

 
KAPITEL 35
    Sie fuhren den Karren hinunter zu McKenzie’s Laden, und Eugene, Lou und Oz gingen hinein. Rollie McKenzie stand hinter einer hüfthohen Theke aus verzogenem Ahorn. Er war ein kleiner, runder Mann mit glänzendem, haarlosem Kopf und einem langen, grauweißen Bart, der auf seine schlaffe Brust fiel. Trotz seiner ziemlich starken Brille musste er blinzeln, um etwas sehen zu können. Der Laden quoll über von Farmbedarf und Baumaterialien aller Art. Der Duft von ledernem Pferdegeschirr, Petroleum und brennendem Holz im Ofen in der Ecke erfüllte den großen Raum. An einer Wand standen gläserne Bonbonbehälter und eine Chero-Cola-Truhe. Ein paar andere Kunden waren anwesend, und alle stutzten und starrten Eugene und die Kinder an, als würden sie Gespenster sehen.
    McKenzie blinzelte und nickte Eugene zu, während er an seinem Bart zupfte wie ein Eichhörnchen an einer Nuss.
    »Hi, Mr McKenzie«, sagte Lou. Sie war nun schon mehrere Male hier gewesen und hielt den Ladeninhaber für einen zwar rauen, aber herzlichen Mann.
    Oz hatte sich die Baseballhandschuhe um den Hals gehängt und hantierte mit seinem Ball. Mittlerweile trug er die Handschuhe fast ständig bei sich; Lou verdächtigte ihn sogar, sie mit ins Bett zu nehmen.
    »Tut mir wirklich leid, das mit Louisa«, sagte McKenzie.
    »Sie wird schon wieder«, antwortete Lou überzeugt. Oz warf ihr einen überraschten Blick zu und hätte beinahe seinen Baseball fallen lassen.
    »Was kann ich denn für euch tun?«, fragte McKenzie.
    »Müssen ’ne neue Scheune bauen«, sagte Eugene. »Brauchen ein paar Dinge.«
    »Jemand hat unsere Scheune niedergebrannt«, sagte

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