Das Versprechen
Couch«, sagte Travis freundlich.
Sie schliefen alle im Sitzen, wobei sie sich gegenseitig stützten, sodass keiner umsinken konnte, als die Krankenschwester eine Hand auf Cottons Schulter legte.
»Louisa ist wach«, sagte sie leise.
Cotton und die Kinder drückten behutsam die Tür auf und traten ins Zimmer. Louisas Augen waren offen, doch sie rührte sich nicht. Travis beugte sich über sie.
»Louisa?«, sagte Cotton. Er erhielt keine Antwort, nicht einmal einen Anflug einer Reaktion. Cotton schaute Travis fragend an.
»Sie ist noch sehr schwach«, erklärte Travis. »Es wundert mich, dass sie schon bei Bewusstsein ist.«
Lou starrte Louisa nur an, wobei sie mehr Angst hatte als je zuvor im Leben. Sie konnte es einfach nicht glauben. Ihr Vater, ihre Mutter. Diamond. Und jetzt Louisa. Gelähmt. Amanda hatte schon länger keinen Muskel mehr bewegt, als Lou sich erinnern konnte. Sollte das nun auch Louisas Schicksal sein? Einer Frau, die die Natur liebte? Die mit ihrem Berg verwachsen war? Die ein gutes, anständiges Leben geführt hatte? Beinahe war es genug, dass Lou den Glauben an einen Gott verlor, der solch schreckliche Dinge zuließ. Der einem Menschen alle Hoffnung nahm. Der einem praktisch nichts mehr ließ.
Cotton, Oz, Lou und Eugene hatten im Farmhaus soeben mit ihrer Mahlzeit begonnen.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass sie den noch nicht geschnappt haben, der die Scheune angezündet hat«, sagte Lou wütend.
»Es gibt keinen Beweis, dass es Brandstiftung war, Lou«, erwiderte Cotton, während er sich Milch in ein Glas schenkte und dann die Brötchen weiterreichte.
»Ich weiß, wer es getan hat. George Davis. Wahrscheinlich hat diese Erdgasfirma ihm Geld dafür gegeben.«
»So was darfst du nicht laut aussprechen, Lou, das ist üble Nachrede.«
»Ich weiß es aber!«, fauchte das Mädchen.
Cotton nahm die Brille ab. »Lou, glaub mir ...«
Lou sprang von ihrem Platz auf, wobei ihr Messer und die Gabel klirrend zu Boden fielen, sodass alle vor Schreck zusammenzuckten. »Warum sollte ich irgendwas glauben von dem, was Sie sagen, Cotton? Sie haben versprochen, dass meine Mutter wieder zu sich kommt. Und jetzt ist auch Louisa nicht mehr bei uns. Wollen Sie schon wieder lügen und behaupten, dass es ihr bald besser geht? Haben Sie das vor?«
Lou rannte hinaus. Oz machte Anstalten, ihr zu folgen, doch Cotton hielt ihn zurück. »Lass gut sein, Oz«, sagte er. Cotton erhob sich und ging hinaus auf die Veranda. Er schaute zu den Sternen und überlegte, dass alles, wirklich alles, was ihm wichtig war, in sich zusammenfiel.
In diesem Moment preschte Lou auf der Stute am Haus vorbei. Cotton konnte ihr nur hinterherschauen, bis sie nicht mehr zu sehen war.
Lou trieb Sue über den mondbeschienenen Weg, dass Sträucher und Zweige sie peitschten. Schließlich gelangte sie zu Diamonds Haus, schwang sich von ihrem Reittier, rannte stolpernd zur Tür und stürmte hinein.
Mit tränenüb er strömtem Gesicht taumelte Lou durch den Raum. »Warum musstest du uns verlassen, Diamond? Jetzt haben Oz und ich keinen mehr. Keinen! Hörst du mich? Hörst du mich, Diamond Skinner?«
Ein Rascheln erklang auf der Veranda. Lou fuhr erschreckt herum. Jeb flitzte durch die offene Tür und sprang ihr in die Arme und leckte ihr das Gesicht, hechelnd nach dem schnellen Lauf. Lou drückte ihn an sich. Und dann klopften die Baumäste gegen die Fenster, und ein furchterregender Seufzer erklang im Kamin, und Lou hielt den Hund noch fester. Ein Fenster wurde aufgedrückt, schwang knarrend hin und her, und der Wind fegte durchs Zimmer. Und dann wurde es wieder ruhig, und auch Lou kam zur Ruhe.
Sie ging hinaus, schwang sich auf die Stute und ritt zurück. Sie hatte keine Ahnung, weshalb sie überhaupt hierher gekommen war. Jeb trabte mit hängender Zunge hinter ihr her. Sie gelangte zu einer Weggabelung und wandte, sich nach links in Richtung Farm. Jeb begann zu jaulen, noch ehe Lou die Laute hörte: Das kehlige Knurren und das Rascheln und Knacken im Unterholz erklangen ganz in ihrer Nähe. Lou trieb das Pferd zur Eile, doch ehe Sue in Galopp übergehen konnte, erschien der erste der wilden Hunde aus dem Wald und versperrte ihnen den Weg. Sue stieg auf die Hinterläufe, während die entsetzliche Bestie, mehr Wolf als Hund, die Zähne fletschte und das Fell sträubte. Dann tauchten weitere Hunde aus dem Wald auf, bis etwa ein halbes Dutzend um sie herumschlichen. Jeb hatte ebenfalls die Zähne gefletscht und war kampfbereit,
Weitere Kostenlose Bücher