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Das Versprechen

Das Versprechen

Titel: Das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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legten den Boden mit Heu aus, das sie auf dem Feld und aus der Futterkrippe zusammengesucht hatten. Zwar mussten Heuboden, Stallungen und Vorratskammern weiter ausgebaut und das Dach möglicherweise mit richtigen Holzschindeln gedeckt werden, aber die Tiere waren drinnen und hatten es warm. Mit einem erleichterten Lächeln verschloss Eugene sorgfältig die Scheunentore.
    Die Kinder wollten Louisa besuchen, und Cotton fuhr sie ins Tal. Obwohl der Winter schon fortgeschritten war, hatte es bis auf ein paar Zentimeter weißen Staub noch nicht richtig geschneit. Doch es war nur noch eine Frage der Zeit, bis es losging. Sie kamen an dem Städtchen der Kohlengesellschaft vorbei, wo Diamond den neuen Chrysler Crown Imperial des Direktors mit Pferdemist verschönert hatte. Der Ort war jetzt leer, die Häuser verlassen und der Laden aufgegeben. Die Förderbänder hingen durch, der Eingang zur Grube war vernagelt, und der geliebte, voll geschissene Chrysler des Grubendirektors war lange schon fort.
    »Was ist passiert?«, fragte Lou.
    »Geschlossen«, entgegnete Cotton verbittert. »Die vierte Grube in vier Monaten. Die Vorkommen gingen schon zur Neige, und dann fand man auch noch raus, dass der Koks, den man hier produziert hat, zu weich für die Stahlherstellung ist, und Amerikas Kriegsindustrie ging anderswo auf die Suche nach Rohmaterial. Hier gibt’s jetzt ’ne Menge Arbeitslose. Das letzte Holzunternehmen ist vor zwei Monaten nach Kentucky rübergezogen. Doppeltes Pech. Die Farmer in den Bergen hatten ein gutes Jahr, aber den Leuten in den Städten geht’s verdammt schlecht. Eine von beiden Gruppen ist immer dran, die in den Bergen oder die in den Städten. Reichtum scheint hier oben immer nur zu der einen Hälfte zu kommen.« Cotton schüttelte den Kopf. »Stimmt. Der großartige Bürgermeister von Dickens hat sein Amt hingeschmissen, seine Anteile noch vor dem Zusammenbruch zu überhöhten Preisen verkauft und sich nach Pennsylvania abgesetzt, um dort sein Glück zu versuchen. Ist mir schon oft aufgefallen, dass die Leute, die am meisten profitieren, beim ersten Anzeichen von Ärger verschwinden.«
    Als sie den Berg hinunterfuhren, bemerkte Lou, dass es immer weniger Kohlenlaster gab und viele Förderbänder am Berg nicht liefen. In Tremont sah sie, dass die Hälfte der Läden dichtgemacht hatte und nur wenige Leute auf den Straßen waren, und sie ahnte, dass der Grund dafür nicht das kalte Wetter war.
    Aber als sie nach Dickens kamen, war Lou geschockt. Auch hier waren viele Geschäfte vernagelt, sogar jenes, in dem Diamond einen Schirm geöffnet hatte. Das Unglück hatte sich breit gemacht, und selbst Lou fand es gar nicht mehr komisch. Männer in abgerissener Kleidung saßen auf den Gehwegen und Treppen und starrten ins Leere. Es gab nur wenige Autos, und die Ladenbesitzer standen in den leeren Eingängen ihrer Geschäfte, die Hände untätig in die Hüften gestemmt und mit nervösen Mienen. Nur wenige Leute waren unterwegs, und auf ihren Gesichtern lag eine ängstliche Blässe. Lou sah, wie ein überfüllter Bus langsam aus der Stadt rollte. Wie symbolisch kroch ein leerer Kohlenzug hinter den Häusern über die Schienen, die parallel zur Straße verliefen. Das »Kohle-ist-König«- Banner wehte nicht mehr stolz und machtvoll über der Straße, und Lou vermutete, dass auch »Miss Steinkohle 1940« längst geflüchtet war.
    Als sie weiterfuhren, konnte Lou mehrere Leute beobachten, die auf sie zeigten und miteinander tuschelten.
    »Die sehen nicht besonders glücklich aus«, meinte Oz nervös, als sie aus Cottons Oldsmobile stiegen und auf der gegenüber liegenden Straßenseite eine weitere Ansammlung von
    Männern sahen, von denen sie aufmerksam beobachtet wurden. In vorderster Reihe stand niemand anders als George Davis.
    »Komm, Oz«, sagte Cotton. »Wir sind hier, um Louisa zu besuchen, alles andere interessiert uns nicht.«
    Er führte sie ins Hospital, wo sie von Travis Barnes erfuhren, dass Louisas Zustand unverändert war. Ihre Augen waren weit geöffnet und glasig. Lou und Oz hielten ihre Hände, doch es war offensichtlich, dass Louisa sie nicht wahrnahm. Hätte sie nicht schwach geatmet, hätte Lou sie für tot gehalten. Voll ängstlicher Anspannung beobachtete sie, wie die Brust der alten Frau sich hob und senkte, und sie betete dafür, dass Louisa wieder gesund wurde, bis Cotton ihr zu verstehen gab, dass es an der Zeit sei, zu gehen, und Lou überrascht feststellte, dass bereits eine Stunde

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