Das Versprechen
nichts passieren. Travis ist fast die ganze Zeit bei ihr, und den schüchtert man auch mit einer Schrotflinte nicht ein. Und wenn er nicht da ist - seine Krankenschwester ist genauso tüchtig. Außerdem habe ich dem Sheriff Bescheid gesagt, dass die Leute ein wenig ungemütlich werden. Macht euch um Louisa keine Sorgen. Zumal diese Typen einer Frau, die hilflos im Bett liegt, niemals etwas zuleide tun würden. Es sind miese Burschen, aber so was würden sie nicht tun.«
»Werden sie jetzt jedes Mal Steine nach uns werfen, wenn wir zu Louisa wollen?«, fragte Oz ängstlich.
Cotton legte dem Jungen den Arm um die Schultern. »Wenn sie es tun, gehen denen eher die Steine aus, bevor wir aufhören, Louisa zu besuchen.«
Am Farmhaus kam ihnen ein aufgeregter Eugene entgegen, der einen Zettel in der Hand hielt.
»Ein Mann aus der Stadt hat das gebracht, Mr. Cotton. Keine Ahnung, was es is’. Er sagte, ich soll’s Ihnen schnell geben.«
Cotton faltete den Zettel auseinander und las ihn. Es war eine Steuermahnung. Er hatte ganz vergessen, dass Louisa in den letzten drei Jahren keine Steuern bezahlt hatte, weil es keine Ernte und somit auch kein Geld gab. Der Bezirk hatte für sie gebürgt, wie für alle Farmer in ähnlicher Lage. Natürlich wurde von ihnen erwartet, dass sie die Steuern nachzahlten, doch man gewährte ihnen Zeit. Dieser Brief allerdings forderte die sofortige Zahlung der vollständigen Summe. Zweihundert Dollar Steuern. Und da Louisa so lange im Rückstand war, konnte man ihr jeglichen Rechtsanspruch streichen und das Land viel schneller veräußern als üblich. Cotton spürte, dass dieser Brief die Handschrift der Southern Valley trug.
»Irgendetwas nicht in Ordnung?«, fragte Lou.
Cotton schaute das Mädchen an und lächelte. »Ich kümmere mich schon darum, Lou. Ist nur Papierkram, mein Schatz.«
Cotton zahlte dem Gerichtsbeamten zweihundert Dollar aus und bekam eine gestempelte Quittung. Er stapfte zurück zu seiner Wohnung und packte den letzten Stapel Bücher ein. Als er ein paar Minuten später aufblickte, stand Lou in der Türöffnung.
»Wie kommst du denn hierher?«, fragte er.
»Buford Rose hat mich in seinem alten Packard mitgenommen. Das Ding hat nicht mal Türen, sodass man ’n tollen Ausblick hat, aber man kann auch jeden Augenblick rausfliegen. Außerdem ist es ziemlich kalt.« Sie schaute sich in dem leeren Raum um. »Wo sind Ihre ganzen Bücher, Cotton?«
Er grinste. »Die nahmen zu viel Platz weg.« Er tippte sich an die Stirn. »Eigentlich habe ich alles hier oben drin.«
Lou schüttelte den Kopf. »Ich bin beim Gericht vorbeigegangen. Ich dachte mir schon, dass es mit dem Brief mehr auf sich hatte, als Sie gesagt haben. Zweihundert Dollar für all Ihre Bücher - das hätten Sie nicht tun dürfen.«
Cotton schloss den Karton. »Ich habe immer noch welche. Und ich möchte, dass du sie bekommst.«
Lou trat in den Raum. »Warum?«
»Weil es die Werke deines Vaters sind. Ich kann mir niemand Besseren vorstellen, der sich ihrer annimmt.«
Lou schwieg, während Cotton den Karton zuklebte.
»Lass uns jetzt rübergehen und nach Louisa sehen«, sagte Cotton.
»Ich hab Angst, Cotton. Es haben noch mehr Geschäfte geschlossen. Und gerade ist wieder ein voll besetzter Bus abgefahren. Und dann diese Blicke, die mir die Leute auf der Straße zuwerfen ... die sind wirklich böse. Oz hat sich in der Schule mit einem Jungen geschlagen, weil der gesagt hat, wir würden das Leben der Menschen hier zerstören, wenn wir nicht verkaufen.«
»Geht es Oz gut?«
Lou lächelte schwach. »Er hat den Kampf gewonnen. Ich glaube, das hat ihn selbst mehr überrascht als irgendjemand sonst. Er hat ein blaues Auge, aber er ist mächtig stolz.«
»Das kommt alles in Ordnung, Lou. Die Dinge werden sich einrenken. Wir kriegen das schon hin.«
Sie kam noch einen Schritt näher, einen ernsten Ausdruck im Gesicht. »Die Dinge renken sich nicht ein. Nicht, seitdem wir hergekommen sind. Vielleicht sollten wir verkaufen und fortgehen. Vielleicht wäre das besser für uns alle. Die richtige Pflege für Mom und Louisa.« Sie hielt inne, konnte Cotton nicht mehr anschauen, als sie hinzufügte: »Irgendwo anders hin.«
»Willst du das wirklich?«
Lou blickte müde ins Leere. »Manchmal will ich nur noch auf den kleinen Hügel hinter unserem Haus steigen, mich auf den Boden legen und nie wieder aufstehen.«
Cotton dachte kurz darüber nach und sagte dann: »>Auf dem großen Schlachtfeld der Zeiten, / In des
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