Das Versprechen deiner Lippen
Caleb.
„Vierhundert“, korrigierte Mandy, und alle blickten erstaunt zu ihr hin. „Die Fläche wurde verdoppelt“, fügte sie hinzu, denn warum sollte der Käufer das nicht erfahren? Sie tauchte ihren Löffel wieder in ihr Eis.
„Danke“, sagte Caleb.
„Es bestehen auch verbriefte Rechte zur Wasserentnahme aus dem Fluss.“ Frank zog einen Stapel Unterlagen hervor.
Mandy schluckte einen Mundvoll Eis hinunter. „Vielleicht erzählst du ihm auch von der bevorstehenden Überprüfung der Wasserrechte.“
Sowohl Caleb als auch Frank machten große Augen. Nathan wandte sich ihr zu. „Was für eine Überprüfung?“
„Es steht eine Überprüfung an. Die Übertragung der Lizenzen erfolgt nach staatlichen Regelungen. Das erste Treffen der Anspruchsberechtigten findet dieses Wochenende statt. Hier, in Lyndon.“
„Nun“, warf Frank ein, „die bestehenden Wasserrechte werden dabei wohl kaum infrage gestellt …“
Nathan sah Frank stirnrunzelnd an. „Sie wussten von dieser Überprüfung?“
Mandy hielt mitten im Essen inne, als sie die Mienen der Männer bemerkte: Nathan sah wütend aus, Frank wie ein von Scheinwerfern geblendetes Reh, und Caleb warf ihr einen sichtlich enttäuschten Blick zu.
Nun gut, da war sie wohl in ein Fettnäpfchen getreten. Aber die beiden hatten doch nicht etwa vorgehabt, die anstehende Überprüfung geheim zu halten! Der Käufer hatte ein Recht darauf zu erfahren, worauf er sich einließ.
Nathan schob seinen Stuhl zurück und warf die Serviette auf den Tisch. „Danke für Ihre Zeit, meine Herren. Miss Jacobs.“
Frank sprang auf. „Es ist nicht so, wie Sie jetzt vielleicht denken. Wenn Sie möchten, schicke ich Ihnen per E-Mail einen Link zur Website der Wasserbehörde von Colorado.“
Doch Nathan stürmte schon zum Ausgang, und Frank hastete hinter ihm her.
Mandy nahm einen Löffel Schokosoße.
„Das hast du absichtlich gemacht“, beschuldigte sie Caleb und winkte einen Kellner herbei.
„Das stimmt nicht.“ Sie zeigte mit dem Löffel auf ihn. „Aber ich hoffe, du wirst dich jetzt nicht dafür rechtfertigen wollen, dass du Nathan Brooks im Dunkeln über die Überprüfung der Wasserrechte gelassen hast.“
„Bisher haben die Landeigentümer noch keine offizielle Benachrichtigung erhalten.“
„Dann wolltest du es also tatsächlich vor ihm geheim halten“, sagte Mandy anklagend. Sie konnte es kaum fassen. So etwas hätte sie von Caleb nie erwartet.
„Und du wolltest dich eigentlich bei diesem Essen nicht danebenbenehmen“, konterte er.
Der Kellner trat an ihren Tisch.
„Einen Scotch auf Eis, bitte. Einen doppelten“, bestellte Caleb.
„Ich kann einfach nicht glauben, dass du einem Käufer absichtlich so eine Information vorenthalten wolltest“, sagte Mandy kopfschüttelnd, als der Kellner gegangen war.
„Ich bin schließlich nicht sein Kindermädchen.“
„Aber du weißt, dass die Wasserrechte neu vergeben werden.“
„Ich weiß auch, dass das eine Routineüberprüfung ist. Und wir reden hier über Vorgespräche zur Abklärung, ob es überhaupt eine offizielle Überprüfung und Neuvergabe geben soll.“
„Du hast deine Hausaufgaben durchaus gemacht.“ Trotz ihrer Enttäuschung über seine Ansichten fand Mandy seine Kenntnis der Materie bewundernswert.
„Eigentlich hätte sich Nathan Brooks schon selbst darüber informieren sollen. Und das hätte er mit Sicherheit auch getan, nachdem er die Ranch besichtigt und sich vielleicht in das Anwesen verliebt hätte. Dann wäre er vermutlich viel eher bereit gewesen, Kompromisse einzugehen und rationalen Argumenten zu folgen.“
Mandy musste zugeben, so betrachtet hatte Caleb nicht hinterhältig gehandelt.
Der Kellner brachte Calebs Scotch Whisky. „Mandy, eine der wichtigsten Regeln im Marketing lautet: Deine Schwächen bringen dich nicht weiter.“
„Ich hab kein Diplom in Marketing“, entgegnete sie, löffelte weiter ihr Eis und fühlte einen Hauch von Triumph. Der Verkauf war gestorben. Sie hatte Zeit gewonnen, um Reed zu finden.
„Hast du ein Diplom in Manipulation?“
„Das gab es am Metro State College nicht als Wahlfach.“
„Schade. Du bist darin ein Naturtalent.“
„Glaubst du wirklich, ich habe das absichtlich gemacht?“ Sie hatte Nathan nicht abschrecken wollen. Andererseits war sie alles andere als begeistert von einem Verkauf.
„Ich finde, du warst sehr effektiv.“ Er nahm einen Schluck von seinem Scotch. „Willst du damit sagen, du hättest dir nie träumen lassen,
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