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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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anzugehen. »Mein Kommen hat einen konkreten Anlass. Mein Cousin ist seit unserem gestrigen Besuch einigermaßen verwirrt.«
    »Das wundert mich nicht.« Mrs Talbot bekam plötzlich Grübchen, errötete, schüttelte den Kopf und senkte den Blick auf das Straßenpflaster. »Bitte richten Sie ihm aus, dass mir diese unangenehme Situation sehr leidtut. Ich versichere Ihnen, dass ich ebenso überrascht war wie er, als ich von Mrs John Talbots Erwartungen erfahren habe.«
    »Sie sahen in der Tat … überrumpelt aus.«
    »Vielleicht hätte ich das nicht sein sollen.« Sie reckte das Kinn und starrte stirnrunzelnd in die Ferne. »Meine Schwägerin würde es sehr begrüßen, ihr Haus wieder für sich zu haben, mit ihrem Mann und ihren Kindern. Da ist es vermutlich kein Wunder, dass ihr jede Chance, mich und meinen Sohn anderweitig untergebracht zu sehen, sehr gelegen kommt.«
    Das war doch so gut wie eine Bestätigung, dass sie sich keine derartigen Hoffnungen gemacht hatte, oder? Er konnte diese Witwe auf keinen Fall heiraten. Und doch – es mit Sicherheit zu wissen, zu ihm zurückgehen und sagen zu können,
du hast keinerlei Hoffnungen enttäuscht
, wäre ein Preis, für den es sich lohnte, etwas zu riskieren. Lydia verkrampfte die Hand, mit der sie sich den Umhang zuhielt. »Das wünschen Sie sich doch sicher auch. Es muss sehr schwer sein, bei Verwandten zu leben, die Ihnen das Gefühl geben, eine Last zu sein. Zu heiraten, und noch dazu jemanden mit Mr Blackshears Vorzügen, muss dagegen doch eine sehr attraktive Option sein.«
    »Nicht für mich.« Sie betrachtete wieder die Pflastersteine, bevor sie den Kopf hob und Lydia direkt in die Augen sah. »Ich will ehrlich zu Ihnen sein, Miss Slaughter. Ihr Cousin scheint ein hervorragender Mann zu sein. Mr Talbot hat immer nur Gutes über ihn geschrieben, und seine aufmerksame Freundlichkeit ehrt ihn sehr. Er verdient eine Frau, die ihn lieben wird, nicht eine, deren Herz mit einem anderen Mann begraben ist.« Ihre Augen glitzerten blau und klar wie ein See unter wolkenlosem Himmel. »Ich würde nie wieder heiraten, wenn ich es vermeiden könnte. Mr Blackshear werde ich ein solches Leid ganz gewiss nicht zufügen.«
    Da hatte sie ihren Preis, Balsam für seine Seele, den sie ihm mitbringen konnte. Besser noch, sie hatte auch einen Preis für Mrs Talbot. Mit der freien Hand ergriff sie sie beim Ellbogen und führte sie zum Straßenrand. »Mr Talbot muss gewusst haben, was Ihr Wunsch sein würde.« War das eine überzeugende Geschichte? Benebelt von der immer stärker werdenden Freude konnte sie nicht mehr ganz klar denken. »Sie werden Mr Blackshear gewiss verzeihen, dass er Ihnen noch nichts gesagt hat, doch er wollte warten, ob etwas daraus wird. Ihr Mann hat nämlich eine Investition getätigt, für die er meinem Cousin eine Vollmacht ausgestellt hat, und diese Investition hat sich jetzt ausgezahlt …« Sie tat das Richtige. Ohne Zweifel tat sie das Richtige. »… und ich habe das große Privileg, Mrs Talbot, Sie jetzt fragen zu dürfen, ob Sie wohl eine Stunde Zeit erübrigen könnten, um mich zur Bank zu begleiten.«
    In der Droschke weinte Mrs Talbot. Ihre anmutigen Züge verbargen nichts; Lydia sah genau, wann sie verstand, dass sie unabhängig sein würde. Ihre Augen weiteten sich und ihre Lippen öffneten sich kurz, bevor sie sie in einem erfolglosen Versuch, sich in der Gewalt zu behalten, zusammenpresste. Doch da zitterte ihr ganzer Kiefer bereits. Sie hob die Hände, nur um sie hilflos wieder fallen zu lassen, und wandte sich vom Fenster ab. Dann gab sie vollends auf und ließ die Tränen einfach fließen.
    Es war wundervoll, vielleicht eins der wundervollsten Dinge, die Lydia je gesehen hatte. Ihr dummes Herz floss über wie eine Teetasse, in die jemand unaufhörlich goss, und leistete der Tränenflut der Witwe Gesellschaft.
    »Ich empfehle Ihnen, zweihundert für die laufenden Ausgaben zurückzubehalten. Davon können Sie der Familie Ihres Mannes zahlen, was immer Sie für angemessen halten.« Ein hilfloses Lachen drang zwischen den hilflosen Tränen hervor und löste eine weitere Woge in Lydias Herz aus. »Damit blieben Ihnen zweitausendfünfhundert zum Anlegen, wovon Sie jährlich einhundertfünfundzwanzig Pfund Zinsen bekommen würden.«
    Mrs Talbot fand ein Taschentuch und drückte es sich auf die Augen. »Ich weiß gar nicht, was ich denken soll. Das ist Vorsehung, nicht wahr? Dass dieses Geld kommt, wo ich es gerade am nötigsten brauche?« Sie

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