Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
Vom Netzwerk:
Metier lernte man schnell, die Dinge zu erahnen, die ein Mann brauchte. Auch die, die nichts mit körperlichen Bedürfnissen zu tun hatten.
    Sie ging los. Er ließ sie vorbei und folgte ihr – vermutlich – in sechs Schritt Entfernung. Unter all den Schritten um sie herum konnte sie seine nicht heraushören.
    Es ging also gar nicht um sie. Er war einer dieser Männer, die sich immer um irgendjemanden oder irgendetwas kümmern mussten. Einer, der gegen jeden Drachen, den er finden konnte, ins Feld zog. Das hatte er bereits am ersten Abend gezeigt, als er sich in ein Gespräch eingemischt hatte, das ihn nichts anging, um eine Dame zu verteidigen, die er noch nicht einmal kannte.
    Keine Stunde später hatte er allerdings in der dunklen Bibliothek gestanden und sich gründlich angesehen, was ihn nichts anging. In dem Moment war er mehr Mann als nobler Ritter gewesen. Daran sollte sie gelegentlich denken.
    Und sie dachte daran, als sie endlich am Clarendon Square ankam. Ihr Genick verkrampfte sich. Falls er irgendwelche unbotmäßigen Absichten verfolgte – falls er sich einbildete, auf bestimmte Weise für seine Ritterlichkeit entlohnt zu werden –, dann war jetzt der Moment. Mit ein paar langen Schritten würde er sie einholen und seine edle Fürsorglichkeit Lügen strafen. Und sie würde seine Anmaßung mit der abgrundtiefen Verachtung beantworten, die eine solche Falschheit verdiente.
    Er kam nicht. Auf der Türschwelle drehte sie sich endlich um und erblickte ihn in einiger Entfernung, seine Aufmerksamkeit scheinbar auf das eindrucksvolle Polygon-Building in der Mitte des Platzes gerichtet.
    Sie entspannte sich und machte eine kleine, ihn fortscheuchende Geste.
Es ist gut jetzt. Sie können gehen.
Er antwortete mit einer Handbewegung und einem Fingerzeig.
Weiter. Öffnen Sie die Tür und gehen Sie hinein.
    Sie tat es. Auf dem Weg nach oben hielt sie im ersten Stock an und sah an der Straßenseite aus dem Fenster. In der Ferne machte sich eine kleine Gestalt in einem dunkelgrauen Rock auf den weiten Weg nach Hause. Wo auch immer das war. Nach Osten ging er, an der Südseite des Platzes entlang, bis er hinter dem Polygon-Building verschwunden war. In dem Augenblick fiel ihr etwas ein: Die hundertachtzig Pfund hatte er mit keinem Wort erwähnt.
    Lydia legte die Hand an die Glasscheibe, deren Einfassung ihn zuletzt umrahmt hatte. Dann raffte sie die Röcke und eilte nach oben zu Jane.
    »Mit ein wenig Mühe könntest du sie ihm ausspannen, schätze ich.« Lässig lehnte Lord Cathcart im Ballsaal des
Beecham’s
an der Wand, die Arme verschränkt und einen Fuß gegen die Täfelung gestützt. Er nickte in Richtung von Miss Slaughter, die sich schon durch das halbe Set getanzt hatte. Als wäre Wills Aufmerksamkeit nicht ohnehin gefesselt.
    »Du irrst dich. Sie hat etwas gegen mich.« Will verschränkte ebenfalls die Arme. »Außerdem kann ich sie mir nicht leisten. Und wenn ich Roanoke derart verärgern würde, wäre ich hier vermutlich nicht länger willkommen.« Er schüttelte den Kopf. »Das Risiko ist es nicht wert.« War es auch nicht.
    »Das
Beecham’s
ist nur ein Club von vielen. Du würdest schon was anderes finden.« Cathcart stellte den Fuß ab und stützte den anderen gegen die Wand. »Du könntest eins der Häuser ausprobieren, wo um höhere Einsätze gespielt wird. Vermutlich könnte ich dich ins
Watier’s
reinkriegen. Oder wir könnten die wirklich heruntergekommenen Etablissements besuchen, falls du auf Abenteuer aus bist.«
    Verlockend war es schon. Es war bereits der neunte März, sein dritter Abend im
Beecham’s
, und alles in allem hatte er von den dreitausend Pfund, die er Fuller bis Ende April bringen musste, erst sechzig eingespielt.
Ein
guter Abend in einer Spielhölle mit hohen Einsätzen, und er könnte die gesamte Summe gewinnen.
    Ein schlechter Abend, und er könnte nicht nur die sechzig, sondern auch die achthundert, die noch von seinem Patent übrig waren, verlieren.
    »Das mit den Clubs überlege ich mir. Das mit der Mätresse nicht.«
Lügner
. Erst am Morgen hatte er sich in allen Einzelheiten ausgemalt, wie es wäre. Nach einem Traum, in dem sie ihm – unermüdlich – dafür gedankt hatte, dass er so freundlich gewesen war, sie nach Hause zu begleiten.
    Weiter durfte es natürlich nicht gehen. Nach ihrem kurzen Gespräch in der Tottenham Court Road musste ihm das absolut klar sein. Sein Blick wanderte von Miss Slaughter zu Mr Roanoke, der gerade eine andere Tanzpartnerin hatte und

Weitere Kostenlose Bücher