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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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sie sich einen Spaß daraus, ihn abermals zu prellen, obwohl er es besser wissen sollte?
    Sie hatte das Kinn vorgestreckt und sah ihn an, geduldig und teilnahmslos. Zum Henker mit seiner Begriffsstutzigkeit und ihrem Pokerface. Er wurde nicht im Geringsten schlau aus ihrer Miene. Wenn sie auf seinen Ruin aus war, so verrieten Augen und Mund nicht das leiseste Anzeichen davon, weder kribbelige Ungeduld noch kaltherzige Entschlossenheit.
    Er legte den Kopf schief und schielte unter das Ass. »Noch eine, verdeckt«, sagte er und zählte weitere fünfundzwanzig Pfund ab.
    Die Karte kam und er sah sie an. Kreuz-Zwei. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Zwei plus drei plus eins waren sechs. Das war schon mehr als der halbe Fünfkartentrick, und er hatte noch fünfzehn Augen Platz.
    Was zum Teufel führte sie im Schilde? Falls irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen war, so hatte er es nicht bemerkt. Doch wie wahrscheinlich war es, dass er drei so niedrige Karten nacheinander gezogen hatte, ohne dass sie nachgeholfen hatte? Er warf ihr einen Blick zu, doch ihre Miene verriet wie immer gar nichts.
    Ohne Frage musste er noch mindestens eine Karte kaufen. Eine Fünf oder etwas Niedrigeres würde ihm den Fünfkartentrick und den doppelten Gewinn garantieren. Er schob ihr das Geld hin.
    Und natürlich war die nächste Karte eine Sechs. Harte zwölf: eine Zehn oder eine Bilderkarte wäre jetzt fatal. Wenn alles dem Zufall überlassen war, war so eine Karte längst überfällig. Und wenn die verflixte Kreatur ihm gegenüber die Fäden zog, konnte sie ihn auf grausame Weise ins Unheil stürzen, nachdem sie ihn mit ihren Zweien und Dreien und Assen geködert hatte.
    Kaufen
, hatte sie gesagt. In diesem Raum war
nichts
dem Zufall überlassen.
    Will lehnte sich zurück und trommelte mit den Fingern gegen die Lippen, während er seinen Blick scheinbar abwesend auf ihr ruhen ließ. Wenn sie ihm doch nur ein Zeichen geben würde … aber dann würde er immer noch nicht wissen, ob er ihr vertrauen sollte. Vielleicht würde er sich auch einbilden, dass etwas in ihren leeren Augen aufglomm, irgendeine kryptische Botschaft, die nur für ihn bestimmt war, irgendeine chiffrierte Nachricht, die er so lange entschlüsseln würde, bis sie
Vertrau mir
bedeutete. Und dann? Sollte er?
    Es war auch gar nicht so wichtig. Er musste ohnehin eine Karte nehmen; die Frage war nur, ob er den Einsatz erhöhen sollte oder nicht. Fünfundsiebzig Pfund waren ihr sowieso schon sicher, falls sie ihn gerade prellte. Die fünfundzwanzig, die er sparen würde, wenn er jetzt einen Rückzieher machte, würden seinen verletzten Stolz nicht annähernd aufwiegen.
    Er lehnte sich wieder vor. »Wenn schon, denn schon«, sagte er und warf zwei Zehner und einen Fünfer in den Topf.
    Wie von einer Sprungfeder getrieben bewegte sich ihr Daumen und zog in einer einzigen, fließenden Bewegung eine Karte vom Stapel, die sie mit den Fingerspitzen auffing und ihm zuschob.
    Er deckte sie auf. Pik-Ass. Seine Lungen füllten sich mit wunderbarer, verrauchter Luft, und erst da wurde ihm klar, dass er nicht mehr richtig geatmet hatte, seit sie begonnen hatte auszuteilen.
    »Schön gemacht, Blackshear!« Eine unerwartete Freundlichkeit von seinem linken Nachbarn, einem Herrn, dessen Namen in Erfahrung zu bringen er sich nicht die Mühe gemacht hatte. Er grinste – es fiel ihm ganz und gar nicht schwer – und nickte dem Mann zu.
    Gütiger Gott. Zweihundert Pfund in einer einzigen Runde. Seine hundertachtzig zurück, und zwanzig obenauf. Das Doppelte von dem, was er in den letzten sechs Stunden mühsam zusammengeklaubt hatte, und mehr als dreimal so viel, wie er bisher im
Beecham’s
gewonnen hatte. Die Karten schnappten wundervoll, als er sie alle aufdeckte. Miss Slaughter sah nicht einmal hin; sie war bereits mit dem nächsten Spieler beschäftigt.
    Es wurde weitergespielt, doch das Spiel konnte ihn jetzt nicht mehr besonders interessieren. Auf der Höhe seines Erfolgs aufzuhören war Disziplin von der süßesten Sorte. Und er wollte doch wohl hoffen, dass er klüger war, als ihr Geschenk nicht zu schätzen zu wissen, oder das Schicksal herauszufordern – zur Hölle,
sie
herauszufordern –, indem er auch nur einen Teil seines Geldregens in einer weiteren Runde aufs Spiel setzte.
    Als der letzte Spieler gestorben war und die Bankerin die drei Spieler, die mehr als sie gewonnen hatten, ausgezahlt hatte, strich Will sein Geld ein und stand auf. Er zögerte kurz und kämpfte

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