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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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Ihre Freundin sich verletzt? Können wir vielleicht behilflich sein?«
    Als schämte sie sich nicht bereits genug für das, was sie dem Mädchen aufgebürdet hatte. »Nicht wirklich verletzt. Ich habe Miss Collier heute einen zu weiten Weg zugemutet, und ich fürchte, sie hat sich eine Blase gelaufen.«
    Die Schwester lehnte sich herüber. »Wo wollen Sie denn hin?«
    »Clarendon Square, in Somers Town.« Ein Funke Hoffnung glühte sinnlos in ihr auf. In der Kutsche war kein Platz für eine dritte Person.
    »Da kommen wir gerade her. Wir haben in Camden Town einen Besuch gemacht.« Sie sagte etwas zu ihrem Bruder, der ebenso leise antwortete. Dann übergab er ihr die Zügel und sprang vom Wagen herab.
    »Bitte erlauben Sie Mrs Mirkwood, Sie zu fahren.« Er klang befangen und förmlich, meilenweit entfernt von dem Mann, der mit der Hand die Tapete entlanggefahren war und sie des Betrugs bezichtigt hatte. »Ich gehe sowieso viel lieber zu Fuß. So hätten Sie beide Platz, wenn es Sie nicht stört, etwas zusammenzurücken.« Er wartete und schwieg, äußerlich ruhig bis auf die Finger, die nervös mit seiner Hutkrempe spielten.
    Sie spürte, wie Jane den Arm enger um sie legte. Schüchtern oder hoffnungsvoll? »Könnte ich kurz mit Miss Collier sprechen?«, fragte Lydia, und Mr Blackshear trat mit einer Verbeugung einige Schritte zurück.
    »Du solltest mitfahren.« Sie wandte sich ab, um ungestört sprechen zu können. »Zu dritt wird es sehr eng, und ich habe nichts dagegen, zu Fuß zu gehen. Aber du solltest fahren. Je schneller du nach Hause kommst, desto schneller kannst du dich in den Sessel setzen und ein warmes Fußbad nehmen.«
    »Das sind ehrenwerte Leute, nicht wahr?« Jane warf einen besorgten Blick auf die Kutsche. »Mit einer Fremden möchte ich nur fahren, wenn Sie ihnen vertrauen.«
    Dass das Mädchen
ihrem
Urteil über die Ehrenhaftigkeit so offensichtlich respektabler Leute vertraute, schnürte Lydia die Kehle zu. Sie hatte wirklich etwas Besseres verdient. »Ich vertraue ihnen voll und ganz. Sonst würde ich dich niemals mitfahren lassen.« Sie drückte ihrem Dienstmädchen kurz die Hand. »Versuch, diskret zu sein, wenn du mit ihr sprichst. Aber wenn sie herausfindet, dass ein Gentleman meine Rechnungen bezahlt, ist das auch kein Drama. Ich werde sie wohl kaum wiedersehen.«
    Jane nickte und Lydia wandte sich wieder um. »Ihr Angebot ist sehr freundlich. Wenn Sie mein Mädchen fahren würden, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Ich selbst gehe zu Fuß.«
    Mr Blackshear kam sofort herbei, und der Diener in der grünen Uniform sprang von seinem Trittbrett, um Jane auf den Sitz zu helfen, von wo aus sie ihre Umgebung mit einiger Zufriedenheit betrachtete. Bruder und Schwester verabredeten noch kurz ihr nächstes Treffen, und dann ergriff sie die Zügel und lenkte das Gespann reibungslos in den Verkehr. Der Diener sprang wieder auf und Jane winkte.
    »Das war sehr gut von Ihrer Schwester.« Sie standen nebeneinander und sahen der Kutsche nach. Jetzt würde sie sagen, was gesagt werden musste, und wenn es sie umbrachte. »Und noch besser von Ihnen, nach allem, was passiert ist.« Ohne den Blick von der Kutsche abzuwenden, sah sie, wie er sich umwandte und sie betrachtete. Sie atmete tief durch. »Ich danke Ihnen, dass Sie sich von unserem letzten unangenehmen Abschied nicht davon haben abhalten lassen, einer Dame in Not behilflich zu sein.«
    Er blickte von ihr zu seinem Hut, den er noch immer in den Händen hielt und nun mehrmals umdrehte. »Es freut mich, wenn ich von Nutzen sein kann«, sagte er nach einer Weile. Dann drehte er sich plötzlich zu ihr um, setzte den Hut wieder auf – eine Hand vorn, eine hinten, um ihn ganz leicht schräg zu stellen – und sagte: »Somers Town also. Sollen wir?«
    Überraschung durchzuckte sie, und dann Ärger darüber, dass sie dieses Missverständnis nicht vorhergesehen hatte. »Verzeihen Sie.« Sie trat einen Schritt zurück und bemühte sich um einen mehr als distanzierten Tonfall. »Ich gehe natürlich allein. Ich hätte mich klarer ausdrücken müssen.«
    »Kommen Sie, Miss Slaughter! Sie können doch unmöglich glauben, dass ich das erlauben werde.«
    Er hatte genau das Falsche gesagt. Und genau das, was Lydia brauchte. Die Rettungsleine, an die sie sich klammern und mit deren Hilfe sie sich aus dem Morast der ungebetenen Gefühle ziehen konnte, die sie schon den ganzen Tag plagten. Die Panik, als der Bankangestellte sie erkannt hatte. Die Frustration über ihr

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