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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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mich zu erinnern, Sie darin bereits gesehen zu haben.« Es war ein langweiliges rötliches Ding, weit davon entfernt, Kurven zu betonen.
    »Ich versichere Ihnen, Mr Blackshear, wenn Sie das Kleid sehen, werden Sie nicht zu fragen brauchen.« Sie bekräftigte ihre Versicherung mit einer energischen Kopfbewegung, die die Locken tanzen ließ, während sie den Handschuh abzog und sich in den Schoß fallen ließ.
    »So langsam zweifle ich an der Existenz dieses Kleids. Und bald werde ich womöglich auch Ihre Expertise in Vingt-et-un infrage stellen. Letzte Woche haben wir den ganzen Unterricht damit zugebracht, das Pik-Ass zu suchen, und heute bedrängen Sie mich mit Mathematikaufgaben. Ob wir wohl jemals dazu kommen werden, eine Runde zu spielen?«
    »Alles zu seiner Zeit.« Ihre Stimme konnte alles wie ein lüsternes Versprechen klingen lassen. Sie entledigte sich des zweiten Handschuhs und ergriff die Karten. »Ich teile jetzt ganz langsam aus. Sie zählen die Zehnerkarten und die anderen Karten.« Mit dem Daumen ließ sie die Herz-Sieben auf den Tisch schnappen, dann die Pik-Dame und die Kreuz-Drei. »Wie steht es?« Sie hatte den Kopf leicht geneigt und blickte ihn unter ihren Wimpern hervor mit gestrengen Brauen an.
    »Vierunddreißig zu fünfzehn.«
    »Verhältnis?«
    Er hatte befürchtet, dass sie das fragen würde. »Zwei, Rest vier. Zwei und ein Drittel, fast.«
    »Zwei und vier Fünfzehntel. Eher ein Viertel als ein Drittel.« Sie deckte einen Buben auf, dann eine Neun, ein Ass, eine Vier. Und warf ihm wieder diesen Blick zu, wortlos diesmal.
    »Einunddreißig – vierzehn. Ein Verhältnis von …« Himmel. Er
war
überfordert.
    »Ich kann sehen, wie Sie denken! Das will ich nicht sehen.«
    »Ha!
Das
sagen Sie bestimmt
nicht
oft zu König Kieferknochen.« Die Worte kamen einfach, ungebeten und halblaut. »Zwei und …« Rest drei, vierzehn durch drei … »Etwas mehr als ein Fünftel.«
    »Drei Vierzehntel. Sie brauchen nicht zu runden. Und bitte konzentrieren Sie sich auf die Karten. König Kieferknochen lassen Sie bitte meine Sorge sein.«
    Drei. Sieben. König. Acht. Achtundzwanzig zu dreizehn. An die Zählerei konnte man sich vermutlich gewöhnen. Vielleicht würde das Rechnen ihm mit der Zeit auch leichter fallen.
    Plötzlich schüttelte sie den Kopf, weil ihr eine gelockte Haarsträhne ins Gesicht gefallen war, und er blickte auf, just in dem Moment, als ihr Gesicht den Kerzen zugewandt war.
    Und da hätte sie genauso gut die Sichelzwölf oder die Dahliendame aufdecken können – er nahm nichts mehr von den Karten wahr. Jede Frau, die kein solches Profil hatte, war zu bemitleiden. All die Frauen mit Stupsnasen, Schmollmündern, temperamentlosen Brauen und zierlichem Kinn. Neben Lydia Slaughter musste ein hübsches Mädchen aussehen wie das Werk eines Bildhauers, der so lange hier und da noch ein Stückchen weggenommen hatte, bis die energische Schönheit des Marmors gänzlich unterdrückt und erstickt worden war.
    »Ich bin raus.« Sie brauchte gar nicht weiterzumachen. »Ich bin durcheinandergekommen.«
    Sie nickte mit zusammengepressten Lippen. Sie hatte nichts anderes erwartet. »Wir sind bei sechsundzwanzig zu zwölf. Das Mitzählen erfordert Übung. Fürs erste Mal haben Sie sich ganz annehmbar geschlagen.«
    »Ehrlich gesagt ist mir noch nicht klar, weshalb ich zwischen zehn und nicht zehn unterscheiden soll.«
    »Gehen Sie in Spielhöllen, Mr Blackshear?« Zehn, Ass, Dame. Sechsundzwanzig zu neun.
    »Bis jetzt nicht. Ich fürchte den Ruin.«
    »Das soll allerdings vorkommen.« Sechs, Bube, Ass, Sieben. »Es soll aber auch faszinierende Vingt-et-un-Variationen geben, in solchen Etablissements.«
    »So?« Vierundzwanzig zu sieben. Drei und … Mist.
    »Ich habe zum Beispiel gehört, dass der Bankier in manchen Spielhöllen erst bei siebzehn stehenbleiben darf, dann aber stehenbleiben
muss
. Können Sie sich vorstellen, wie diese Regel das Spiel verändert?«
    »Natürlich. Zum Beispiel würde man niemals bei fünfzehn oder sechzehn stehenbleiben, es sei denn, man hätte Grund zu der Vermutung, dass der Bankier sich überkaufen wird.« Ah! »Es sei denn, es gäbe ein sehr hohes Verhältnis von Zehnerkarten zu Nicht-Zehnerkarten im verbleibenden Stapel. Leider bin ich schon wieder durcheinandergekommen.«
    »Neunzehn zu sechs. Drei und ein Sechstel. Ganz und gar nicht viel versprechend.« Abrupt legte sie die Karten aus der Hand. »Man hat mir mitgeteilt, dass ich hier nicht mehr am Spieltisch der

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